A. Einleitung

 

Rz. 1

Eine schlechte testamentarische Regelung birgt eine große Gefahr für das Familienvermögen, da sich z.B. bei widersprüchlichen oder nicht eindeutigen Formulierungen ein wertvernichtender Streit unter den Familienmitgliedern über die Auslegung des Testamentes entzünden kann. Gute testamentarische Regelungen hingegen sind das Herzstück jeder nachhaltigen Vermögensnachfolgegestaltung. Nachfolgend werden einige relevante Problembereiche bei testamentarischen Regelungen aufgezeigt und geeignete Gestaltungsmöglichkeiten dargestellt.

 

Rz. 2

Wenn ein langfristiger Erhalt des Vermögens in der Familie gesichert werden soll, sollte sich der Erblasser nicht einfach "blind" auf die Bindungswirkung eines Testamentes oder Erbvertrages verlassen. Bei dem sog. Berliner Testament steht nämlich lediglich der Schutz durch die §§ 2287, 2288 BGB zur Verfügung. Dieser ist in der Praxis jedoch sehr gering. Eine Umgehung der Bindungswirkung durch lebzeitige Verfügungen ist hier meist ohne große Anstrengungen möglich, denn es genügt nach der aktuellen Rechtsprechung, wenn sich der Beschenkte gegen eine auf § 2287 BGB gestützte Klage mehr oder weniger unsubstantiiert auf eine Pflegeerwartung des Erblassers beruft, da dies dann vom Kläger (Erben) widerlegt werden muss. Das ist in den meisten Fällen nicht möglich. Wenn der Erblasser zwingend sicherstellen möchte, dass sein Vermögen in der Familie erhalten bleibt, muss er daher andere Gestaltungen wählen.

 

Rz. 3

Eine solche sichere Alternative ist z.B. die sog. Trennungslösung durch Anordnung von Vor- und Nacherbschaft. Nachteil der Vor- und Nacherbschaft ist jedoch die starke Einschränkung des Vorerben und die teilweise sehr konfliktanfällige Umsetzung in der Praxis. Der Laie versteht oft die Trennung der Vermögensmassen der Vorerbschaft und des Eigenvermögens nicht und ist auch nicht in der Lage, diese vom Gesetz vorgesehene Trennung der Vermögensmassen in der Praxis durchzuhalten.

 

Rz. 4

Ein guter Kompromiss ist oft die wechselseitige Erbeinsetzung der Ehegatten, verbunden mit einer Vermächtniseinsetzung der Kinder beim Tod es Erstversterbenden. So werden die Kinder bereits beim Tod des Erstversterbenden im gewünschten Umfang am Familienvermögen beteiligt. Teilweise bietet es sich auch an, dass direkt die Kinder als Erben eingesetzt werden und der Ehegatte über auf die jeweilige Situation abgestimmte Vermächtnisse begünstigt wird. Durch Anordnung von Testamentsvollstreckung kann diese Gestaltung abgesichert werden. Oft wird die testamentarische Gestaltung auch von der Gründung eines Familienpools (siehe hierzu § 8) flankiert.

B. Gemeinschaftliches Testament (sog. Ehegattentestament)

 

Rz. 5

Ehegatten haben meist den Wunsch, dass der länger lebende Ehegatte für die Zeit nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten bis zu seinem eigenen Tod gut abgesichert und versorgt ist. Sind Kinder vorhanden, sollen diese aber schlussendlich in den Genuss des Familienvermögens oder zumindest doch dessen wesentlicher Bestandteile kommen. Dieser Erwerb soll meist von dem Erstbedachten nach dem Tod des Erblassers nicht mehr beeinträchtigt werden können. Je höher das Vermögen der jeweiligen Ehegatten ist, umso größer wird der Wunsch des Erstversterbenden nach einer Absicherung der Position der zweitbedachten Kinder vor anderweitigen Verfügungen des länger lebenden Ehegatten sein.

I. "Berliner Testament" (sog. Einheitslösung)

1. Wechselseitige Alleinerbeneinsetzung mit Schlusserbenbestimmung

 

Rz. 6

Beim sog. Berliner Testament[1] setzen die Ehegatten sich wechselseitig zu Alleinerben und die gemeinsamen Kinder zu Schlusserben ein. Man spricht hier von der Einheitslösung, da sich der Nachlass des Erstversterbenden mit dem Vermögen des überlebenden Ehegatten zu einem einheitlichen Vermögen vermischt.

 

Rz. 7

Muster 2.1: Erbeinsetzung bei Berliner Testament

 

Muster 2.1: Erbeinsetzung bei "Berliner Testament"

§ _________________________

Erbeinsetzung

(1) Die Ehegatten setzen sich gegenseitig zu alleinigen Erben ein.

(2) Der länger lebende von beiden Ehegatten und ein jeder für den Fall, dass sie gleichzeitig oder kurz hintereinander aus gleichem Anlass versterben, setzt zu seinen alleinigen und unbeschränkten Erben und Ersatzerben die gemeinsamen Kinder _________________________ und _________________________ sowie evtl. weitere zukünftige gemeinsame Abkömmlinge zu gleichen Teilen ein. Sollte eines der gemeinsamen Kinder vor dem Erbfall versterben oder aus einem sonstigen Grunde nicht Erbe werden, treten dessen Abkömmlinge entsprechend den Regeln über die gesetzliche Erbfolge an dessen Stelle. Sind solche nicht vorhanden, so soll der Erbteil des Weggefallenen den anderen Abkömmlingen im Verhältnis ihrer Erbteile nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge anwachsen.

(3) Sollten im Zeitpunkt des Todes des länger lebenden Ehegatten keine Abkömmlinge vorhanden sein, so sollen _________________________, geb. am _________________________, _________________________, geb. am _________________________ und _________________________, geb. am _________________________ zu gleichen Teilen Schlusserben werden.[2] Weiter ersatzweise sollen jeweils die Abkömmlinge der vorgenannten Schlusserben nach den Regel...

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