Andre Naumann, Christian Brinkmann
Rz. 58
Die Vertragsfreiheit ermöglicht vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten. Manche Begrifflichkeit ist im Ergebnis für die materiell-rechtlichen Vereinbarungen ohne weitere Bedeutung. Im Rahmen von Werbeaktionen als Jubiläumsangebot, Goldpaket etc. angepriesene Unfallversicherungsverträge besagen rechtlich selbstverständlich nichts. Entscheidend ist die Kenntnis der hinter den Produkten stehenden konkreten Bedingungen.
I. Singleversicherung und Multiriskverträge
Rz. 59
Als Singleversicherung bezeichnet man einen nur für eine Versicherungsspate abgeschlossenen Vertrag. Dagegen werden bei Multiriskpolicen Verträge unterschiedlicher Versicherungsbereiche zusammengefasst, z.B. Haftpflicht-, Unfall- und Rechtsschutzversicherung. Der Bestandteil der jeweiligen Sparte ist für sich genommen selbstständig und entspricht der Singleversicherung. Die einfachere Verwaltung wird üblicherweise im Tarif berücksichtigt. Singleversicherungen können den Schutz für mehrere Personen umfassen und werden auch als Familienversicherung, Kinderversicherung oder Seniorenversicherung angeboten, häufig mit besonderen Bedingungen oder Leistungsverbesserungen für die entsprechende Zielgruppe.
II. Gruppenversicherung
1. Arten der Gruppenversicherung
Rz. 60
Gruppenunfallversicherungen werden oft wegen einiger typischer Besonderheiten mit speziellen Bedingungswerken angeboten. Zielgruppen sind Firmen, Verbände oder Vereinigungen. Es gibt die Gruppenunfallversicherung mit Namensnennung, bei der jede VP in den Vertragsunterlagen namentlich aufgeführt ist, sowie die Gruppenunfallversicherung ohne Namensnennung. Dort sind nur bestimmte Personengruppen benannt, wie z.B. Monteure der Firma des VN.
Die Anzahl der in einer Personengruppe Versicherten wird regelmäßig gemeldet und der Beitrag entsprechend angepasst. Diese Meldungen sind keine Vertragsänderungen, die eine Beratungspflicht begründen. Im Schadensfall muss die Zugehörigkeit der VP zur versicherten Personengruppe zum Zeitpunkt des Schadenstags belegt werden.
2. Direktanspruch
Rz. 61
Muster 3: Musterbedingung Direktanspruch in einer Gruppen-Unfallversicherung
Die VP kann Leistungen aus der Unfallversicherung ohne Zustimmung des VN unmittelbar beim VR geltend machen. Der VR leistet direkt an die VP. Der VN informiert jede VP über den im Rahmen des Vertrages bestehenden Versicherungsschutz und über diese Vereinbarung.
Häufig wird im Rahmen der Gruppenversicherung ein Direktanspruch der VP vereinbart. Dieser beinhaltet eine Genehmigung zur unmittelbaren Korrespondenz des VR mit der VP und ermöglicht eine leistungsbefreiende Zahlung direkt an die VP. Eine diesbezügliche Information an den VN ist nicht erforderlich.
Unterlässt der VN die Information an die VP, kann er sich im Falle von Fristversäumnissen und Anzeigepflichtverletzungen gegenüber der VP schadensersatzpflichtig machen.
III. Begünstigte im Schadensfall
1. Grundsätzliches
Rz. 62
Der VR erfüllt seine Leistungspflicht nur dann, wenn er an den richtigen Gläubiger zahlt.
In den Fällen der Eigenversicherung ist dies der VN, § 362 Abs. 1 BGB. Bei einer Gruppenunfallversicherung mit der Vereinbarung eines Direktanspruchs der VP (siehe Rn 61) ist an die konkret benannte VP zu zahlen, § 362 Abs. 2 BGB.
Bei der Fremdversicherung, also der Absicherung einer dritten Person durch den VN, sind verschiedene Konstellationen zu beachten.
2. Fremdversicherung für fremde Rechnung
Rz. 63
Sofern keine ausdrückliche Vereinbarung getroffen wurde, gilt nach § 179 Abs. 2 S. 2 VVG a.F., § 179 Abs. 1 S. 2 VVG n.F. der Vertrag im Zweifel als für Rechnung des Dritten abgeschlossen.
Richtiger Zahlungsempfänger ist aber der VN, auch wenn die Zahlung der VP zusteht. Der Ausgleich zwischen VN und VP erfolgt im Innenverhältnis. Der Anspruch besteht aufgrund des gesetzlichen Treuhandverhältnisses.
3. Fremdversicherung für eigene Rechnung
Rz. 64
Bei der Fremdversicherung für eigene Rechnung wird der VN zum materiell Berechtigten bei Unfällen der VP. Dies ist nur mit schriftlicher Einwilligung der VP, § 179 Abs. 3 S. 1 VVG a.F. § 179 Abs. 2 S. 1 VVG n.F. möglich. Bei Minderjährigen kann die Zustimmung eines Ergänzungspflegers erforderlich sein. Berechtigter Leistungsempfänger ist somit der VN.
4. Todesfallleistungen
Rz. 65
In der Praxis werden im Antragsformular die Begünstigten im Leistungsfall eingetragen. Dieses Bezugsrecht kann jederzeit geändert werden. Mit dem Bezugsrecht für die gesetzlichen Erben ist im Schadensfall die Erbfolge zu ermitteln. Für die Bezugsberechtigung zugunsten des VN ist die schriftliche Zustimmung der VP erforderlich, § 179 Abs. 3 S. 1 VVG a.F., § 179 Abs. 2 S. 1 VVG n.F.
IV. Unfallversicherung mit Beitragsrückgewähr (UBR)
Rz. 66
Die Unfallversicherung mit Beitragsrückgewähr (UBR), zum Teil auch als Prämienrückgewähr bezeichnet, ist eine erweiterte Unfallversicherung mit eigenem Bedingungswerk. Es sind auf Basis der AUB ein Rückzahlungsanspruch und eine Überschussbeteiligung zusätzlich vereinbart, ähnlich der Kapitallebensversicherung. Im Schadensfall ergeben sich keine Abweichungen zur AUB. Besonderheiten bestehen nur für den Rückzahlungsanspruch und die Überschussbeteiligung. Wie die Lebensversicher...