I. Zuständigkeit
1. Sachliche und funktionelle Zuständigkeit
Rz. 2
Gemäß § 344 FamFG sind die Amtsgerichte für die besondere amtliche Verwahrung der Testamente zuständig. Funktionell obliegt dieses Geschäft dem Rechtspfleger, § 3 Nr. 2 lit. c RPflG. Nach § 36b RPflG sind die Landesregierungen ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Geschäfte bei der Annahme von Testamenten und Erbverträgen zur amtlichen Verwahrung vom Rechtspfleger ganz oder teilweise auf die Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu übertragen.
Rz. 3
Was die Zuständigkeit für die Weiterverwahrung bei gemeinschaftlichen Testamenten anbelangt, so herrschte früher Streit. Das BayObLG hielt an seiner Auffassung fest, dass für die besondere amtliche Weiterverwahrung eines gemeinschaftlichen Testaments die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts begründet ist, welches das gemeinschaftliche Testament vor der ersten Eröffnung in amtlicher Verwahrung hatte.
Hingegen hielten das OLG Frankfurt und OLG Hamm für die besondere amtliche Weiterverwahrung eines gemeinschaftlichen Testaments die örtliche Zuständigkeit desjenigen Amtsgerichts begründet, das nach dem Tod des Erstversterbenden die Geschäfte des Nachlassgerichts wahrzunehmen hat. Dieser Meinung hatte sich auch das OLG Zweibrücken angeschlossen. § 344 Abs. 2 FamFG bestimmt nunmehr, dass die Weiterverwahrung bei dem Gericht, das für den Nachlass des Erstverstorbenen zuständig ist, erfolgt. Allerdings kann die Verwahrung auch bei einem anderen Gericht verlangt werden. Insoweit handelt es sich um ein "einmaliges Wahlrecht".
2. Örtliche Zuständigkeit
a) Differenzierung
Rz. 4
Hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit ist zu differenzieren:
Notarielles Testament:
Wurde das Testament vor einem Notar errichtet, ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Notar seinen Amtssitz hat, § 344 Abs. 1 Nr. 1 FamFG.
Nottestament:
Bei Nottestamenten nach § 2249 BGB (vor dem Bürgermeister) ist das Amtsgericht zuständig, zu dessen Bezirk die Gemeinde gehört, § 344 Abs. 1 Nr. 2 FamFG.
Eigenhändiges Testament:
Ein privatschriftliches Testament nach § 2247 BGB kann bei jedem Amtsgericht verwahrt werden, § 344 Abs. 1 Nr. 3 FamFG.
b) Muster: Einreichung eines Testaments zur amtlichen Verwahrung
Rz. 5
Muster 2.1: Einreichung eines Testaments zur amtlichen Verwahrung
Muster 2.1: Einreichung eines Testaments zur amtlichen Verwahrung
An das
Amtsgericht
– Nachlassgericht –
_________________________
Einreichung zur amtlichen Verwahrung
In der Anlage übersende ich die letztwillige Verfügung des _________________________, wohnhaft _________________________, vom _________________________ mit der Bitte, sie in amtliche Verwahrung zu nehmen. Weiters wird gebeten, den Hinterlegungsschein dem Verfügenden zuzuleiten.
Der Wert des Nachlasses wird mit _________________________ EUR angegeben.
(Rechtsanwalt)
Rz. 6
Will der Erblasser bei einem notariellen Testament die Verwahrung bei einem anderen Gericht als dem Amtsgericht, in dessen Bezirk der Notar seinen Amtssitz hat, § 344 Abs. 1 S. 1 FamFG, so ist bei der Einreichung zur amtlichen Verwahrung darauf hinzuweisen, dass sich der Erblasser auf § 344 Abs. 1 S. 2 FamFG beruft.
Praxistipp
Die letztwillige Verfügung wird am besten entweder persönlich oder durch einen zuverlässigen Boten oder durch einen Bevollmächtigten dem Nachlassgericht übermittelt.
II. Verfahren
1. Annahme
Rz. 7
Gemäß § 346 FamFG i.V.m. § 3 Nr. 2 lit. c RPflG ist die Annahme vom Rechtspfleger anzuordnen und von ihm und dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle gemeinsam zu bewirken. Nach § 36b RPflG sind die Landesregierungen ermächtigt, die Geschäfte bei der Annahme von Testamenten und Erbverträgen zur amtlichen Verwahrung ganz oder teilweise dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu übertragen.
2. Benachrichtigung des Standesamts
Rz. 8
Diese Benachrichtigungspflicht ist in § 347 FamFG gesetzlich geregelt.
Das Standesamt des Geburtsortes des Erblassers erhält bei dessen Ableben vom Standesamt des Sterbeortes eine entsprechende Mitteilung.
3. Hinterlegungsschein
Rz. 9
Dem Erblasser bzw. beim Erbvertrag jedem Vertragschließenden soll nach § 346 Abs. 3 FamFG ein Hinterlegungsschein erteilt werden. Bei einem gemeinschaftlichen Testament erhält jeder Erblasser einen eigenen Hinterlegungsschein, beim Erbvertrag jeder Vertragschließende, § 346 Abs. 3 Hs. 2 FamFG.
4. Verwahrungsbuch
Rz. 10
Über die in besondere amtliche Verwahrung genommenen letztwilligen Verfügungen ist ein besonderes Verwahrungsbuch zu führen, § 27 Abs. 4 und 5 AktO.
§ 346 FamFG Verfahren bei besonderer amtlicher Verwahrung
(1) Die Annahme einer Verfügung von Todes wegen in besondere amtliche Verwahrung sowie deren Herausgabe ist von dem Richter anzuordnen und von ihm und dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle gemeinschaftlich zu bewirken.
(2) Die Verwahrung erfolgt unter gemeinschaftlichem Verschluss des Richters und des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle.
(3) Dem Erblasser soll über die in Verwahrung genommene Verfügung von Todes wegen ein Hinterlegungsschein erteilt werden; bei einem gemeinschaftlichen Testament erhält jeder E...