Rz. 57

Im Zusammenhang mit der Fortgeltung alten Rechts für die vor dem 1.7.1949 geborenen nichtehelichen Kinder enthält das Nichtehelichengesetz in seinem § 10a, eingefügt durch das Kindschaftsreformgesetz vom 16.12.1997, eine wichtige Änderung. § 10 Abs. 2 S. 1 NEhelG ordnet an, dass die vor dem 1.7.1949 geborenen nichtehelichen Kinder und deren Abkömmlinge im Verhältnis zu ihrem Vater und dessen Verwandten weiterhin erbrechtlich nach dem bis dahin geltenden Recht zu behandeln seien. Diese Vorschrift gilt für Erbfälle vor dem 29.5.2009 unverändert fort. Sie wird durch § 10a Abs. 1 NEhelG insofern ergänzt, als § 10 Abs. 2 NEhelG keine Anwendung findet, wenn der Vater und das Kind dies vereinbaren.

Die Vereinbarung gilt jedoch nur für Erbfälle ab dem 1.7.1998. Wurde das nichteheliche Kind am 1.7.1949 oder später geboren und hat sich der Erbfall zwischen dem 1.7.1970 (Inkrafttreten des NEhelG, 19.8.1969) und dem 31.3.1998 ereignet, richtet sich das Erbrecht des nichtehelichen Kindes nach seinem Vater weiterhin nach dem NEhelG. Für die Vereinbarung ist die notarielle Beurkundung vorgeschrieben; Vater und Kind können nur persönlich handeln, § 10a Abs. 2 NEhelG. Ist der Vater oder das Kind verheiratet, so bedarf die Vereinbarung der Einwilligung des Ehepartners in notarieller Form, § 10a Abs. 3 NEhelG. § 10a NEhelG wurde durch das zweite Gesetz zur erbrechtlichen Gleichstellung nichtehelicher Kinder für Erbfälle ab dem 29.5.2009 aufgehoben. Für Erbfälle davor gelten die alten Regelungen fort.

 

Rz. 58

Mit der so genannten "Gleichstellungsvereinbarung" hat der Gesetzgeber rechtsdogmatisches Neuland betreten. Die Vereinbarung ist ein Vertrag über ein künftiges Erbrecht und steht damit rechtsdogmatisch in der gleichen Reihe wie Erbvertrag, Erbverzichtsvertrag und Pflichtteilsverzichtsvertrag.[49] Das Besondere an diesem Gleichstellungsvertrag ist seine pflichtteilsbegründende Wirkung und damit einhergehende Auswirkungen auf das Pflichtteilsrecht anderer Abkömmlinge.

 

Rz. 59

Zimmermann[50] empfiehlt für die notarielle Praxis, den Gleichstellungsvertrag tunlichst bei gleichzeitiger persönlicher Anwesenheit von Erblasser, nichtehelichem Kind und den Ehegatten des Erblassers und des nichtehelichen Kindes zusammen mit allen erforderlichen Erklärungen in einer einheitlichen Urkunde zu beurkunden. Da im Gesetz nichts darüber geregelt ist, ob die Anfechtungsvorschriften der §§ 119 ff. BGB oder auch die Vorschriften des gegenseitigen Vertrags (§§ 320 ff. BGB) angewandt werden können, empfiehlt Zimmermann eine eingehende Regelung, insbesondere zur Unwiderruflichkeit der Vereinbarung.

 

Rz. 60

Der Gleichstellungsvertrag ist ein Ersatz dafür, dass die Vorschriften über die Ehelichkeitserklärung nichtehelicher Kinder per 1.7.1998 aufgehoben wurden. Bis zum 30.6.1998 konnte der nichteheliche Vater durch Ehelicherklärung seinem nichtehelichen Kind ein gesetzliches Erbrecht und damit ein Pflichtteilsrecht verschaffen.

[49] Zimmermann, DNotZ 1998, 404, 432.
[50] DNotZ 1998, 433.

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