I. Allgemeines zum Nachlass
Rz. 2
Die konkrete Gestaltung der Verfügung von Todes wegen bedarf einer genauen Kenntnis des Vermögensbestandes des Erblassers, und zwar auch dann, wenn davon ausgegangen werden kann, dass sich die Zusammensetzung des Vermögens bis zum Eintritt des Erbfalls verändert. Auch wenn aufgrund der Gesamtrechtsnachfolge grundsätzlich eine Einzelzuweisung von Vermögensgegenständen nicht notwendig ist, ist es in der Praxis jedoch häufig der Wunsch des Erblassers, eine solche Einzelzuwendung zumindest für bestimmte Gegenstände vorzunehmen. Die Zusammensetzung des Vermögens bzw. des Nachlasses spielt daher für die konkrete Gestaltung der Verfügung von Todes wegen eine große Rolle.
Rz. 3
Es gibt Vermögensgegenstände, wie beispielsweise ein Unternehmen, die eine andere Gestaltung verlangen, als wenn sich im Nachlass lediglich Immobilien oder Geldvermögen befinden. Darüber hinaus gibt es Vermögensgegenstände, z.B. Hofesvermögen (vgl. § 23 Rdn 1 ff.) oder Auslandsimmobilien (vgl. § 26 Rdn 1 ff.), die einer so genannten Nachlassspaltung unterliegen und deshalb zu einer eigenen Erbfolge führen. Ebenso kann bei Anteilen an Personengesellschaften eine Sondererbfolge eintreten (vgl. § 22 Rdn 29 ff.). Zu guter Letzt sind auch die einkommen- und erbschaftsteuerlichen Auswirkungen je nach Vermögensgegenstand unterschiedlich, so dass eine genaue Kenntnis des zu erwartenden Nachlasses zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung notwendig ist.
Rz. 4
Dem Berater sei es empfohlen, ein Vermögensverzeichnis zu erstellen, in dem alle Vermögensgegenstände des Mandanten bzw. Erblassers aufgelistet sind. Sodann sind die verschiedenen Vermögensarten zu erfassen (Immobilie, Mobilien, Forderungen) und in einem weiteren Schritt deren Vererblichkeit festzustellen. Bei Eheleuten ist darüber hinaus die Eigentumsposition zu klären, z.B. wer im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist und/oder auf wessen Namen vorhandene Bankkonten laufen. Bestehen Unklarheiten über die Eigentumspositionen, so ist bei Grundvermögen unbedingt eine Grundbuchanfrage vorzunehmen. Bei Zweifeln über weitere Grundstücke sollten auch die benachbarten Grundbuchämter zur Sicherheit angeschrieben werden. Hinsichtlich gemeinschaftlicher Bankkonten ist vor der Gestaltung unbedingt das Gemeinschaftsverhältnis zu klären.
II. Die Vererblichkeit des Vermögens
Rz. 5
Bei der Ermittlung und Feststellung des Nachlasses ist zu prüfen, welche Vermögenspositionen vererblich und welche nicht vererblich sind. Es ist ferner zu prüfen, ob es hinsichtlich einzelner Gegenstände Einschränkungen bei der Vererbung gibt (z.B. für Apotheken aus § 13 ApoG).
1. Das Vorerbenvermögen
Rz. 6
Grundsätzlich kann der Erblasser über sein Vermögen frei verfügen. Es gibt aber auch Vermögensbesitz, über den der Erblasser nicht letztwillig verfügen kann. Handelt es sich bei bestimmten Gegenständen beispielsweise nur um selbst geerbtes Vorerbenvermögen, dann kann der Erblasser selbst hierüber nicht verfügen bzw. dieses nicht vererben. Das Vorerbenvermögen bildet beim Erblasser ein so genanntes Sondervermögen. Es vererbt sich, soweit der Nacherbfall mit dem Tod des Vorerben eintritt, an den Nacherben und ist an diesen herauszugeben. Im Nachlass des Erblassers befinden sich dann allenfalls Aufwendungs- und Erhaltungsersatzansprüche. Da dem Laien der Unterschied zwischen Voll- und Vorerbschaft in der Regel nicht geläufig ist, sollte der mit der Gestaltung beauftragte Berater eine exakte Überprüfung vornehmen. Zu beachten ist, dass neben Immobilienvermögen auch Wertpapiere und Geldvermögen zum Vorerbenvermögen gehören können und bei nicht befreiter Vorerbschaft entsprechend anzulegen sind (vgl. § 11 Rdn 59 ff.).
2. Rückübertragung bei Vorversterben; rechtsgeschäftliches Veräußerungsverbot
Rz. 7
Im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge bzw. der lebzeitigen Übertragung von Grundvermögen, z.B. auf eigene Abkömmlinge, werden häufig so genannte Rückübertragungsansprüche bzw. Rückfallklauseln beispielsweise für den Fall vereinbart, dass der Übernehmer vor dem Übergeber verstirbt, das die Ehe des Übernehmers geschieden wird, ein Insolvenzverfahren gegen den Übernehmer eingeleitet wird oder dieser selbst ein Privatinsolvenzverfahren einleitet, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Übernehmer eingeleitet werden oder bei Eintritt der Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung seitens des Übernehmers. Die Gründe, die seitens des Übergebers in vertraglicher Hinsicht für den Vorbehalt eines Rückübertragungsanspruchs bzw. einer Rückfallklausel sprechen, können hier nicht abschließend aufgezählt werden. Teilweise werden diese Rückübertragungsansprüche auch nur für den Fall des kinderlosen Vorversterbens vereinbart. Für die Gestaltung sind daher die Verträge des zu Lebzeiten durch vorweggenommene Erbfolge erlangten Vermögens dahingehend zu überprüfen, ob solche Rückübertragungsansprüche bestehen, um diese in die Vermögensflussanalyse mit einzukalkulieren. Auch ist hier gesondert zu überprüfen, ob die Rückfallklauseln wirks...