I. Allgemeines
Rz. 34
Die gesetzliche Erbfolge beruht auf dem Grundsatz, dass sich das Vermögen des Erblassers in der Familie weitervererben soll. Neben den einzelnen Erbenordnungen wird dem Ehegatten des Erblassers eine Art Sondererbrecht eingeräumt (§ 1931 BGB). Er fällt als Erbe nicht unter die Erbenordnung. Nach dem Gesetz kommt es zur gesetzlichen Erbfolge, wenn der Erblasser keine Erben durch Verfügung von Todes wegen benennt. Es gilt also der Vorrang der gewillkürten vor der gesetzlichen Erbfolge. Wenn der Erblasser keine Verfügung von Todes wegen errichtet hat oder wenn das erstellte Testament aufgrund Formmangels oder wegen nicht vorhandener Testierfähigkeit unwirksam ist, gilt die gesetzliche Erbfolge. Gesetzliche und gewillkürte Erbfolge können aber auch gleichzeitig zur Anwendung kommen, wenn der Erblasser beispielsweise nur bezüglich eines Teils seines Nachlasses ein Testament errichtet hat. Für den Rest des Nachlasses gilt dann die gesetzliche Erbfolge.
Rz. 35
Gleiches trifft zu, wenn die Verfügung durch Anfechtung vernichtet wurde oder der Erbe die Erbschaft ausgeschlagen hat (§ 1953 BGB) und ein Ersatzerbe nicht ermittelt werden kann (§ 2069 BGB). Bei der Ermittlung des Erben sind die gesetzlichen Vermutungsregeln für die Ersatzerbenbestimmung (§ 2069 BGB), die Anwachsung (§ 2094 BGB) und die Vererblichkeit des Nacherbenrechts (§ 2108 Abs. 2 BGB) zu beachten.
Rz. 36
Bei dem gesetzlichen Erbrecht der Verwandtenerbfolge gilt im Rahmen der 1. bis 3. Ordnung das so genannte Parentelsystem. Danach wird der Nachlass grundsätzlich nach Stämmen und nicht nach der Anzahl der Personen geteilt. Ab der 4. Erbenordnung erben hingegen gemäß dem in § 1928 BGB enthaltenen Gradualsystem Verwandte im gleichen Verwandtschaftsgrad zu gleichen Teilen.
II. Das Erbrecht der Abkömmlinge
Rz. 37
Die gesetzlichen Erben erster Ordnung sind die Abkömmlinge des Erblassers, also seine Kinder, Enkel und Urenkel (§ 1924 Abs. 1 BGB). Dabei ist zu beachten, dass jedes Kind des Erblassers seine eigenen Abkömmlinge von der Erbfolge nach dem Erblasser ausschließt. Das heißt, der Enkel beerbt seinen Großvater nur dann, wenn das Kind des Großvaters, also der Elternteil des Enkels, weggefallen ist (§ 1924 Abs. 2 BGB). Solange Erben erster Ordnung vorhanden sind, werden alle anderen Verwandten von der Erbfolge ausgeschlossen (§ 1930 BGB). Dies bedeutet, dass jedes Kind des Erblassers seinen Stamm vertritt und insoweit seine eigenen Abkömmlinge von der Erbfolge ausschließt (Repräsentationsprinzip).
III. Das Erbrecht des nichtehelichen Kindes
1. Allgemeines
Rz. 38
Nichteheliche Kinder hatten schon bisher volles gesetzliches Erbrecht an ihrer Mutter; umgekehrt hatte auch die Mutter gesetzliches Erbrecht an ihrem nichtehelichen Kind. Dagegen wurden die Vorschriften über das gesetzliche Erbrecht nichtehelicher Kinder an ihrem Vater und des nichtehelichen Vaters am Kind in den letzten Jahrzehnten mehrfach geändert.
Rz. 39
Für nichteheliche Kinder gilt seit dem 1.4.1998: Sie haben volles Erbrecht am Vater und umgekehrt, sofern der Erbfall nach dem 31.3.1998 eingetreten ist (Gesetz zur erbrechtlichen Gleichstellung nichtehelicher Kinder vom 16.12.1997 – ErbGleichG, BGBl I 1997, 2968). Das bisherige Recht gilt weiter, wenn vor dem 1.4.1998
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der Erblasser gestorben ist oder |
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über den Erbausgleich eine wirksame Vereinbarung getroffen oder der Erbausgleich durch rechtskräftiges Urteil zuerkannt worden ist (Art. 227 Abs. 1 EGBGB). |
Rz. 40
Die Vereinbarung über den vorzeitigen Ausgleich bedurfte zur Formwirksamkeit der notariellen Beurkundung, § 1934d Abs. 4 S. 1 BGB a.F. Aus Gründen der Rechtssicherheit wurden solche Erbfälle, die vor dem Inkrafttreten des Erbrechtsgleichstellungsgesetzes eingetreten sind, von der Reform des Nichtehelichen-Erbrechts ausgenommen. Das bisher geltende Erbrecht nichtehelicher Kinder wurde grundlegend geändert, und zwar in der Weise, dass keine neuen erbrechtlichen Vorschriften geschaffen wurden; vielmehr wurde die Rechtsstellung nichtehelicher Kinder denen der ehelichen durch das Streichen bestehender Sondervorschriften angeglichen. Deshalb sind die §§ 1934a, 1934b, 2338a BGB a.F., die den Erbersatzanspruch geregelt haben, ersatzlos gestrichen worden.
Rz. 41
Die erbrechtlichen Verhältnisse zwischen dem nichtehelichen Kind und dem nichtehelichen Vater entsprechen seit dem 1.4.1998 denen des ehelichen Kindes und richten sich ebenso nach den §§ 1924 ff. BGB. Das Rechtsinstitut des vorzeitigen Erbausgleichs ist seit 1.4.1998 vollständig entfallen.
Rz. 42
Auch die Höfeordnung hat die Gleichstellung nichtehelicher und ehelicher Kinder mit vollzogen. §§ 5 und 10 HöfeO wurden entsprechend geändert. Will der Erblasser nicht, dass das nichteheliche Kind nach neuem Recht Hoferbe wird, so muss er entweder von der Möglichkeit Gebrauch machen, die Hofübergabe bereits zu Lebzeiten vorzunehmen oder eine entsprechende letztwillige Verfügung – wie dies bezüglich ehelicher Kinder auch möglich ist – errichten. Entscheidet er sich für keines von beidem, so enthält § 6 Abs. 1 HöfeO eine Regelung, die dem vermuteten Willen des Erblassers Rechnung trägt.