Isabelle Losch, Gabriela Hack
Rz. 60
Der Umfang der Vertretungsmacht richtet sich nach den Anordnungen des Vollmachtgebers. Die Vertretungsmacht kann nicht mehr Angelegenheiten als bei einer entsprechenden Betreuerbestellung umfassen. Höchstpersönliche Rechtsgeschäfte wie beispielsweise Eheschließung, Testamentserrichtung und Wahlrecht sind auf einen Vertreter nicht übertragbar. In der Grundstruktur sind die folgenden Vollmachtsregelungen zu unterscheiden:
a) General- und Spezialvollmacht
Rz. 61
Eine Vollmacht kann entweder für bestimmte Rechtsgeschäfte als Spezialvollmacht oder als alle Rechtsgeschäfte umfassende Generalvollmacht erteilt werden. Lediglich im Rahmen der rechtsgeschäftlichen Vollmachten erscheint eine Einzelvollmacht, beispielsweise eine Kontovollmacht, sinnvoll. Wird dagegen eine Vorsorge dahin gehend angestrebt, eine Betreuerbestellung zu vermeiden, erscheint allein eine Generalvollmacht hierzu geeignet. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass seitens des Betreuungsgerichts ein Betreuer bestellt wird, wenn Maßnahmen erforderlich werden, die von der Vollmacht nicht erfasst sind.
b) Doppelbevollmächtigung
Rz. 62
Im Fall der Verhinderung des Bevollmächtigten ist die Kontinuität der Versorgung des Betreuungsbedürftigen in Frage gestellt, möglicherweise wird sogar die Bestellung eines Betreuers erforderlich. Als mögliche Lösung bietet sich für diesen Fall an, im Außenverhältnis eine Doppelvollmacht (vgl. hierzu "Kontrollbevollmächtigung" Rdn 140) derart zu erteilen, dass beiden Vertretern dieselben Aufgaben übertragen werden. Dann können beide Bevollmächtigte jeweils unabhängig voneinander handeln. In der Vollmacht kann angeordnet werden, dass bei Meinungsverschiedenheiten die Entscheidung einem bestimmten Vertreter obliegt.
Rz. 63
Bei Erteilung einer Generalvollmacht zugunsten zweier Vertreter stellt sich die Frage, ob die Vertreter sich gegenseitig die Vollmacht entziehen können. Dies wurde vom OLG Karlsruhe verneint mit der Begründung, das Widerrufsrecht stehe – falls die Vollmacht nichts Abweichendes bestimme – ausschließlich dem Vollmachtgeber und im Fall des Eintritts der Geschäftsunfähigkeit seinem gesetzlichen Vertreter, also einem Betreuer, zu. Anderenfalls würde die der mehrfachen Bevollmächtigung immanente gegenseitige Kontrolle der Bevollmächtigten verloren gehen. Zudem würde ein Wettlauf der Bevollmächtigten entstehen, wenn derjenige, der die Vollmacht des anderen zuerst widerruft, als alleiniger Vertreter verbleiben könnte. Dies könne nicht im Sinne des Vollmachtgebers gewesen sein. Eine Befugnis zum Widerruf der Vollmacht durch einen der Bevollmächtigten lasse sich nicht einmal dann aus der Vollmacht ableiten, wenn in der Person des anderen Bevollmächtigten ein besonderer Widerrufsgrund, wie etwa eine Untreue zum Nachteil des Vollmachtgebers, vorliege.
Erhalten mehrere Personen gleichrangig die Vorsorgevollmacht, ist mangels abweichender Bestimmung keiner der beiden Bevollmächtigten berechtigt, die Vollmacht des anderen zu widerrufen.
Um diese Problematik zu vermeiden, sollte das Recht zum Widerruf der Vollmacht in der Vollmachtsurkunde bzw. im zugrunde liegenden Innenverhältnis geregelt und ggf. ausgeschlossen bzw. für bestimmte Fälle ermöglicht sein.
Rz. 64
Der Widerruf einer Vollmacht, die den Bevollmächtigten zu Maßnahmen der Personensorge oder zu Maßnahmen in den wesentlichen Bereichen der Vermögensvorsorge ermächtigen, ist durch den Betreuer möglich und gem. § 1820 Abs. 5 BGB genehmigungsbedürftig. Ein Widerruf soll nur möglich sein, wenn das Festhalten an der Vollmacht eine künftige Verletzung der Person oder des Vermögens des Betreuten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit und in erheblicher Schwere befürchten lässt und mildere Maßnahme zur Abwehr des Schadens nicht geeignet erscheinen. Dieser Widerruf steht dem Kontrollbetreuer gemäß § 1815 Abs. 3 BGB zu, da eine wirksam erteilte Vorsorgevollmacht gem. § 1814 Abs. 3 Nr. 1 BGB einer Bestellung eines Betreuers entgegensteht.
Der Gesetzgeber differiert somit von dem vom BGH aufgestellten Grundsatz, dass der Widerruf einer Vorsorgevollmacht eines eigenen Aufgabenkreises bedarf, und hat diesen nicht gesondert in § 1815 Abs. 2 BGB aufgenommen. Dies ist insoweit konsequent, da der Betreuer den Widerruf oder teilweisen Widerruf einer Vollmacht somit in seinem jeweiligen Aufgabenkreis erklären darf, die Vertretungsmacht sich somit auf sämtliche Tätigkeiten erstreckt.
Von dem gesetzlichen Widerrufsrecht nicht erfasst sind jedoch die neben der Vorsorgevollmacht möglicherweise erteilten Bank- und Postvollmachten.
Rz. 65
Die Doppelvollmacht mit wechselseitiger Kontrolle im Innenverhältnis ist, soweit zwei geeignete Vertreter vorhanden sind, grundsätzlich zu empfehlen. Dabei sind die Details der Vollmachtserteilung nach dem jeweiligen Einzelfall abzustimmen. Als Grundmodell empfiehlt sich eine umfassende Bevollmächtigung beider Vertreter im Außenverhältnis, um bei Verhinderung eines Vertreters eine hinreichende Betreuung auch ohne Unterbevollmächtigung sicherzustelle...