Isabelle Losch, Gabriela Hack
a) Gesetzliche Formvorschriften
Rz. 38
Zunächst gilt auch hier, dass die Vorsorgevollmacht formlos erteilt werden kann. Das Gesetz verlangt keine spezifische Form für die Vollmacht. Grundsätzlich würde danach jede Vollmacht genügen, die erkennen lässt, dass die persönlichen Angelegenheiten des Vollmachtgebers durch den Bevollmächtigten besorgt werden sollen. Gemäß § 1896 Abs. 2 S. 2 BGB ist eine Betreuerbestellung dann subsidiär.
Formerfordernisse werden lediglich in § 1820 Abs. 2 BGB (§§ 1904 Abs. 5, 1906 Abs. 5 und 1906a Abs. 5 BGB a.F.) normiert, wonach ein Bevollmächtigter nur dann in medizinische Untersuchungen und Behandlungen bzw. in Unterbringungs- oder freiheitsentziehende Maßnahmen sowie in eine ärztliche Zwangsmaßnahme einwilligen darf, wenn die Vollmacht schriftlich erteilt ist und die jeweiligen Maßnahmen ausdrücklich umfasst.
b) Wirksamkeit
Rz. 39
Erforderlich für eine wirksame Vollmachtserteilung ist die Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers bei Erteilung der Vollmacht. Begründet wird dies damit, dass die Vollmacht auf zeitlich unüberschaubare Dauer wirkt und daher Einsichtsfähigkeit in die Zukunft voraussetzt, die dem Urteilsvermögen der rechtlichen Geschäftsfähigkeit gleichkommt.
Etwas anderes kann aber bei der Einwilligung in einzelne medizinische oder freiheitsbeschränkende Maßnahmen bzw. bei sonstigen nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten gelten. Hier kann u.U. eine natürliche Einsichtsfähigkeit ausreichen, um eine wirksame Vorsorgevollmacht, die sich auf die Einwilligung in Rechtsgutverletzungen und auf nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten beschränkt, erteilen zu können.
Soll die Bevollmächtigung der Vermeidung einer Betreuerbestellung dienen, darf sie im Bedarfsfall nicht wieder erloschen sein.
Ihre Wirksamkeit verliert die Vollmacht nicht dadurch, dass der Vollmachtgeber zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr geschäftsfähig ist.
c) Besonderheit: Vollmacht mit Entscheidungsbefugnissen für ärztliche Maßnahmen nach § 1829 BGB (§ 1904 BGB a.F.), Unterbringung nach § 1831 BGB (§ 1906 BGB a.F.) und ärztliche Zwangsmaßnahmen nach § 1832 BGB (§ 1906a BGB a.F.)
Rz. 40
Umfasst die Vollmacht auch die Entscheidungsbefugnis zur Einwilligung des Bevollmächtigten in Untersuchungen des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff mit der begründeten Gefahr, dass der Vollmachtgeber aufgrund der Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet, so bedarf die Bevollmächtigung nach § 1820 Abs. 2 BGB (§ 1904 Abs. 5 BGB a.F.) der schriftlichen Form (§ 126 BGB) und muss die jeweiligen Maßnahmen ausdrücklich umfassen. Gleiches gilt gem. § 1820 Abs. 2 BGB für eine freiheitsentziehende Unterbringung (§ 1906 Abs. 5 BGB a.F.) bzw. für freiheitsbeschränkende Maßnahmen sowie für ärztliche Zwangsmaßnahmen (§ 1906a Abs. 5 BGB a.F.) bzw. für die Verbringung des Betroffenen gegen seinen natürlichen Willen zu einem stationären Aufenthalt in ein Krankenhaus.
Per Legaldefinition des § 1832 Abs. 1 BGB (§ 1906a Abs. 1 S. 1 BGB a.F.) handelt es sich bei einer Untersuchung des Gesundheitszustands, einer Heilbehandlung oder einem ärztlichen Eingriff gegen den natürlichen Willen des Betreuten bzw. Vollmachtgebers um eine ärztliche Zwangsmaßnahme.
In allen vorbenannten Fällen muss aus der Vollmacht auch deutlich werden, dass die jeweilige Entscheidung mit der begründeten Gefahr des Todes oder eines schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schadens verbunden sein kann.
Eine Einwilligung in die vorbenannten Maßnahmen bedarf jeweils der Genehmigung des Betreuungsgerichts, §§ 1829 Abs. 1, 1831 Abs. 2, 1832 Abs. 2 BGB (§§ 1904 Abs. 1, 1906 Abs. 2, 1906a Abs. 2 BGB a.F.) (siehe Rdn 94 ff.).
Rz. 41
Bei der Feststellung, ob die Vollmacht auch die Übertragung der Entscheidungsbefugnisse über freiheitsbeschränkende Maßnahmen und Maßnahmen der Gesundheitssorge umfasst, ist nach Ansicht vieler Gerichte ein enger Maßstab zugrunde zu legen, der keinen Zweifel an der Reichweite der Vollmacht lässt. Hinreichend sicher, dass der Betroffene die Vollmacht gerade auch diesbezüglich erteilen wollte, ist es nur, wenn sich der Entschluss spezifisch aus der Vollmacht ergibt. Bei einem allgemeinen Vollmachtstext lässt sich dabei nicht ausschließen, dass der Betroffene an diese Tragweite und Folge der Vollmacht nicht gedacht und diese Entscheidung daher nicht bewusst so getroffen hat.
Rz. 42
Auch eine notariell beurkundete Vollmacht, die es dem Vertreter gestattet, den Vollmachtgeber "in allen persönlichen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten zu vertreten", ist in der Aussage zu pauschal und zeigt nicht, ob sich der Betroffene bei Abgabe der Erklärung bewusst war, welche weit reichenden Maßnahmen der Vertreter für ihn treffen kann. Aufgrund ihrer Unbestimmtheit ist die Vollmacht im Hinblick auf eine Einwilligung in eine Maßnahme nach §§ 1829, 1831 bzw. 1832 BGB (§§ 1...