Isabelle Losch, Gabriela Hack
a) Kontrolle
Rz. 183
Im Gegensatz zum Bevollmächtigten im Rahmen einer Vorsorgevollmacht ist der Betreuer an die Genehmigungsvorbehalte, welche nunmehr in den §§ 1848–1854 BGB zusammengefasst sind (§§ 1908i Abs. 1 S. 1 BGB a.F. i.V.m. 1819–1821 BGB a.F.) gebunden.
Rz. 184
Der Betreuer unterliegt der Kontrolle des Betreuungsgerichts nach § 1862 BGB (§ 1837 Abs. 2 und 3 BGB a.F. i.V.m. § 1908i Abs. 1 S. 1 BGB a.F.). Dabei ist es gleichgültig, welche Form der Betreuung und welcher Betreuertyp vorliegen. Das Betreuungsgericht überprüft die Maßnahmen des Betreuers im Hinblick auf Pflichtwidrigkeiten oder Missbrauch. Allerdings rechtfertigt nicht jeder Konflikt zwischen Betreuer und Betreuten ein gerichtliches Eingreifen im Rahmen der Aufsichtspflicht; überprüft wird die Rechtmäßigkeit, nicht aber die Zweckmäßigkeit der Entscheidung des Betreuers. Ob der Betreuer pflichtwidrig handelt, ist einzelfallbezogen zu prüfen. Im Rahmen der Prüfung müssen die tatsächlichen Umstände, die Wünsche des Betreuten, auch wenn dieser geschäftsunfähig ist, beachtet und beurteilt werden, ob der Betreuer ihnen zu folgen hat, und alternativ, sollten keine Wünsche geäußert worden sein, der mutmaßliche Willen des Betreuten zugrunde gelegt werden. Es handelt sich um eine Ermessensentscheidung des Betreuers. Ausgeschlossen ist, dass das Betreuungsgericht anstelle des Betreuten tätig wird (etwas anderes gilt nur bei den einstweiligen Maßnahmen gem. § 1867 BGB; § 1846 BGB a.F.).
Rz. 185
Als pflichtwidrige Handlungen des Betreuers kommen dabei in Betracht:
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Betreiben der Entlassung des gemeingefährlichen Betreuten, |
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unangemessene Umgangsregelung entgegen § 1834 Abs. 1 BGB |
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Verweigerung der Bereitstellung von finanziellen Mitteln zur Behebung einer erheblichen Krankheit, |
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verschwenderischer Unterhalt, |
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dauernde Verstöße gegen die Pflicht zur versperrten Geldanlage (§§ 1841, 1845 Abs. 1 BGB), |
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aussichtslose Prozessführung, |
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unsachliche Rechthaberei und Starrköpfigkeit. |
Rz. 186
Gegen Pflichtwidrigkeiten hat das Gericht durch geeignete Gebote und Verbote einzuschreiten und auch ein Zwangsgeld festzusetzen (§ 1862 Abs. 3 BGB). Letzteres ist allerdings nicht möglich gegenüber dem Jugendamt, einer weiteren Behörde sowie gem. § 1862 Abs. 3 S. 3 BGB gegenüber der Betreuungsbehörde, einem Betreuungsverein oder dem Behördenbetreuer (§ 1908g BGB a.F).
Rz. 187
Des Weiteren äußert sich die gerichtliche Aufsicht in der Pflicht des Betreuers zur Auskunft gegenüber dem Gericht nach § 1864 Abs. 1 BGB (§ 1839 BGB a.F.) und Rechnungslegung gemäß §§ 1865 und 1866 BGB (§§ 1840, 1841, 1843 BGB a.F.).
b) Genehmigungsvorbehalte
aa) Genehmigungsvorbehalt nach § 1829 BGB (§ 1904 BGB a.F.) bei ärztlichen Maßnahmen
Rz. 188
Nach § 1829 Abs. 1 BGB (§ 1904 Abs. 1 BGB a.F.) bedarf der in einer Betreuungsverfügung vorgeschlagene und vom Betreuungsgericht bestellte Betreuer zu allen ärztlichen Maßnahmen, bei denen die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute aufgrund der Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet, der Genehmigung des Betreuungsgerichts.
Rz. 189
Die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung des Betreuers in eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff bedarf gemäß § 1829 Abs. 2 BGB (§ 1904 Abs. 2 BGB a.F.) der Genehmigung des Betreuungsgerichts, wenn die Maßnahme medizinisch angezeigt ist und die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute aufgrund des Unterbleibens oder des Abbruchs der Maßnahme stirbt oder einen schweren oder länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet.
Rz. 190
Die Genehmigung nach § 1829 Abs. 1 und 2 BGB (§ 1904 Abs. 1 und 2 BGB a.F.) ist lediglich dann nicht erforderlich, wenn zwischen Betreuer und behandelndem Arzt Einvernehmen darüber besteht, dass die Erteilung, die Nichterteilung oder der Widerruf der Einwilligung dem in einer Patientenverfügung festgestellten Willen des Betreuten entspricht.
Zum Genehmigungsvorbehalt nach § 1829 BGB (§ 1904 BGB a.F.) siehe im Einzelnen Rdn 94 ff.
Rz. 191
Hinweis
Nach § 1827 Abs. 1 BGB (§ 1901a Abs. 1 BGB a.F.) hat der Betreuer zu prüfen, ob die Festlegung in einer Patientenverfügung auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffend ist. Ist dies der Fall, hat der Betreuer dem Willen des Betreuten Ausdruck und Geltung zu verschaffen. Daher ist mit Abfassung einer Betreuungsverfügung zugleich eine Patientenverfügung anzufertigen, um dem Betreuer die notwendigen Anknüpfungspunkte zu geben, um dem Willen des Betreuten Geltung zu verschaffen.
bb) Genehmigungsvorbehalt nach § 1831 BGB (§ 1906 BGB a.F.) bei freiheitsentziehender Unterbringung und bei freiheitsbeschränkenden Maßnahmen
Rz. 192
Bei einer Entscheidung über eine freiheitsentziehende Unterbringung (§ 1831 Abs. 1 BGB, § 1906 Abs. 1 BGB a.F.) bzw. über freiheitsbeschränkende Maßnahmen (§ 1831 Abs. 4 BGB; § 1906 Abs. 4 BGB a.F.) ist die Genehmigung des Betreuungsgerichts einzuholen, § 1831 Abs. 2 BGB (§ 1906 Abs. 2 BGB a.F.). Ohne diese Genehmigung sind die Maßnahmen nur zulässig, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist; in diesem Fall ist die Gen...