Isabelle Losch, Gabriela Hack
Rz. 35
Der Widerruf einer Vollmacht oder eines Teils der Vollmacht, die den Bevollmächtigten zu Maßnahmen der Personensorge oder zu Maßnahmen in wesentlichen Bereichen der Vermögensvorsorge berechtigt, darf durch den Betreuer nur erfolgen, wenn das Festhalten an der Vollmacht eine künftige Verletzung der Person oder des Vermögens des Betreuten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit und in erheblicher Schwere zu befürchten ist und mildere Maßnahmen nicht zur Abwendung des Schadens des Betreuten geeignet sind. Dem § 1820 Abs. 5 S. 1 BGB sind die Voraussetzungen für den Widerruf zu entnehmen, welche aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung entwickelt worden sind.
Rz. 36
Der Gesetzgeber sieht den Widerruf der Vollmacht als ultima ratio an. Der Betreuer hat zu prüfen, ob mildere Maßnahmen möglich sind, beispielsweise dass dieser vom Vollmachtnehmer Auskunft und Rechnungslegung durch die Betreuer gem. § 666 BGB verlangt sowie die Ausübung bestehender Weisungsrechte.
Dieser Widerruf ist jedoch genehmigungsbedürftig gemäß § 1820 Abs. 5 BGB. Der Widerruf findet auf Vorsorgevollmachten und nicht auf andere Vollmachten, wie beispielsweise Post- und Kontovollmachten, Anwendung. Der Widerrufende ist dabei stets der Betreuer und nicht einer von mehreren Bevollmächtigten. Die Befugnis hierzu muss als eigenständiger Aufgabenkreis ausdrücklich zugewiesen sein, wobei dies bereits mit Anordnung des jeweiligen Aufgabenkreises mit enthalten sein soll, ohne dass dies explizit ausgesprochen werden müsste. Müller-Engels sieht hierin die Gefahr, dass vorschnell durch den Betreuer in das Vorsorgeverhältnis eingegriffen wird und es zu einer faktischen Entwertung der Vorsorgevollmachten kommen kann.
Rz. 37
Zuständig ist der Richter gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1 RPflG. Erst mit Genehmigung kann das Betreuungsgericht die Herausgabe an den Betreuer anordnen. Nach § 299 S. 1 FamFG ist der Betroffene zuvor anzuhören. Der Widerruf ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, so dass die Betreuungsgenehmigung zuvor eingeholt werden muss.
Nach einem wirksamen Widerruf der Vorsorgevollmacht durch den Betreuer kann der Bevollmächtigte noch im Namen des Betroffenen Rechtsmittel gegen die Betreuerbestellung einlegen.