Isabelle Losch, Gabriela Hack
1. Persönliche Voraussetzung
Rz. 254
Gemäß Art. 15 EGBGB gilt § 1358 BGB für alle im Inland lebenden Ehegatten sowie über § 21 LPartG auch für auf alle eingetragenen Lebenspartnerschaften. Auf Lebensgefährten, Eltern und Abkömmlinge kann diese Vorschrift nicht analog angewandt werden. Es endet mit dem Getrenntleben gem. § 1567 BGB der Ehegatten bzw. eingetragenen Lebenspartner.
§ 1358 BGB ist zwingend für Heilbehandlung, die im Inland durchgeführt werden, anwendbar gem. Art. 15 EGBGB bzw. Art. 17b Abs. 2 EGBGB, selbst wenn die anderen koalitionsrechtlichen Vorschriften für den Güterstand ein anderes Recht anwenden würden.
Die Übernahme des Ehegattenvertretungsrechts ist für den vertretenden Ehegatten jedoch nicht verpflichtend.
2. Sachliche Voraussetzung (§ 1358 Abs. 1 BGB)
Rz. 255
Voraussetzung ist, dass der zu vertretende Ehegatte kann gem. § 1358 Abs. 1 BGB seine Angelegenheit betreffend die Gesundheitsfürsorge aufgrund von Krankheit oder Bewusstlosigkeit nicht besorgen kann. Gem. § 630d Abs. 1 S. 4 BGB wäre dies der Fall, wenn die Einwilligung für eine unaufschiebbare medizinische Maßnahme nicht rechtzeitig eingeholt werden kann, diese jedoch ohne Einwilligung des Patienten durchgeführt werden kann, wenn diese dem mutmaßlichen Willen des Patienten entspricht.
Rz. 256
Eine genaue Definition für die Begriffe Krankheit und Bewusstlosigkeit ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Betreffend den Begriff der Krankheit soll sich an § 1814 Abs. 1 BGB orientiert werden. Spickhoff schlägt vor, den Begriff der Krankheit nach dem im Krankenversicherungsrecht bspw. in § 27 SGB V verwandten Begriff zu definieren. Danach ist eine Krankheit gegeben, wenn bei dem Patienten ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand vorliegt, dessen Eintritt entweder allein die Notwendigkeit von Heilbehandlung oder zugleich oder ausschließlich die Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Der Begriff der Bewusstlosigkeit soll anhand des § 827 BGB definiert werden, mithin das Fehlen des Bewusstseins oder eine hochgradige Bewusstseinstrübung, in dessen Folge der Patient den Inhalt und das Wesen seiner Handlungen ganz oder in bestimmter Richtung nicht mehr erkennen kann. Hierunter würden sodann auch eine intellektuelle Behinderung wie Demenz zu subsumieren sein.
Rz. 257
Eine Einwilligungsunfähigkeit oder Geschäftsunfähigkeit wird nicht gefordert, der zu vertretene Ehegatte muss jedoch aufgrund seines Zustandes den Willen rechtlich nicht vollziehen können. Ansonsten hat der Arzt mit dem zu vertretenen Ehegatten zu kommunizieren.
Das Vertretungsbedürfnis kann auch durch die Behandlung hervorgerufen worden sein.
Sollte der Zustand des zu vertretenen Ehegatten stattdessen auf einer minderschweren Krankheit beruhen, so kann der zu vertretene Ehegatte u.U. noch einwilligungsfähig sein. Kramer führt hierzu jedoch an, dass aus seiner Sicht eine Vertretung durch den weiteren Ehegatten möglich sein sollte, damit es zu keiner ansonsten nötigen Betreuungsanordnung komme.
3. Ausschluss der Vertretungsmacht (§ 1358 Abs. 3 BGB)
Rz. 258
Die Vertretung entfällt automatisch bei Erreichen der zeitlichen oder sachlichen Grenze oder wenn sich manifestiert, dass die Vertretung nie hätte angeordnet werden dürfen.
In § 1358 Abs. 3 BGB sind die Konstellationen enumeriert, in denen das Ehegattenvertretungsrecht ausgeschlossen wird, namentlich die Trennung der Ehegatten, ein ausdrücklich geäußerter entgegenstehender Wille des Ehegatten, eine Vertretung durch einen Bevollmächtigten oder anderen Betreuer (vgl. § 1358 Abs. 5 BGB), der Wegfall der Unfähigkeit des Ehegatten oder aber der Zeitablauf.
a) Trennung (§ 1358 Abs. 3 Nr. 1 BGB)
Rz. 259
Getrennte Ehegatten dürfen einander nicht vertreten. Eine Trennung liegt nicht vor, wenn die Ehegatten nicht in derselben Wohnung oder Pflegeinrichtung leben, es muss daneben auch ein Trennungswille bestehen. Zumindest ein Ehegatte muss die eheliche Lebensgemeinschaft sowie deren Fortführung ablehnen, und zwar durch entsprechende Äußerung oder ein sonstiges von dem anderen Ehegatten erkennbares Verhalten, das den Nichtfortführungswillen unmissverständlich zum Ausdruck bringt.
b) Widerspruch des Ehegatten (§ 1358 Abs. 3 Nr. 2 lit. a BGB)
Rz. 260
Der Ehegatte kann zuvor gem. § 1358 Abs. 3 Nr. 2 lit. a BGB seinen entgegenstehenden Willen gegen die Ehegattenvertretung ausdrücklich kundgetan haben. Der Widerspruch kann in das Zentrale Vorsorgeregister gemäß § 78a...