Isabelle Losch, Gabriela Hack
Rz. 274
Wird die entsprechende Bescheinigung über die Ehegattenvertretung erteilt, wird eine Vertretung durch den vertretenden Ehegatten ermöglicht, obwohl keine entsprechende Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung vorliegen, oder aber eine Betreuung eingerichtet worden ist.
1. Aufklärungspflicht des Arztes
Rz. 275
Die Aufklärungspflicht des Arztes gegenüber dem vertretenen Ehegatten gem. §§ 630d, 630e BGB besteht nunmehr auch gegenüber dem vertretenden Ehegatten. Sobald der vertretene Ehegatte seine Angelegenheiten wieder besorgen kann, müssen die Ärzte umgehend mit diesen sprechen.
Der vertretene Ehegatte kann gem. § 630e Abs. 3 BGB auf die Aufklärung durch einen Arzt verzichten. Dies ist seinem Vertreter nicht möglich.
2. Schweigepflichtentbindung des Arztes (§ 1358 Abs. 2 BGB)
Rz. 276
Solange die Voraussetzungen des § 1358 Abs. 1 BGB vorliegen, sind die Ärzte gem. § 1358 Abs. 2 BGB von ihrer Schweigepflicht gegenüber dem vertretenden Ehegatten in den Angelegenheiten, in denen dieser vertretende Ehegatte vertretungsbefugt ist, entbunden. Die Entbindung der Schweigepflicht erfasst auch die Einsicht in die Krankenunterlagen sowie die Bewilligung der Weitergabe an Dritte. Aufgrund dessen kann sich der vertretende Ehegatte mit externen Ärzten kurzschließen, sich entsprechend beraten lassen und die Weitergabe der Unterlagen bewilligen.
Problematisch ist, dass die Schweigepflichtentbindung lediglich gegenüber Ärzten möglich ist. Die Schweigepflichtentbindung bezieht sich nicht explizit auf Angehörige anderer Heilberufe, Gehilfen, Therapeuten oder Pflegekräfte.
3. Vertretungsbefugnis in Gesundheitsangelegenheiten (§ 1358 Abs. 1 Nr. 1 BGB)
Rz. 277
Der vertretende Ehegatte kann als Vertreter gem. § 1358 Abs. 1 Nr. 1 BGB in Gesundheitsuntersuchungen, Heilbehandlung oder ärztliche Eingriffe einwilligen bzw. die Maßnahmen untersagen und die ärztliche Aufklärung entgegennehmen.
Von dem Vertretungsrecht sollen nicht nur Entscheidungen betreffend die Erkrankung erfasst werden, aufgrund derer das Vertretungsrecht eingeräumt worden ist, sondern auch für solche Erkrankungen, deren Behandlung aus medizinischer Sicht notwendig und unaufschiebbar sind. Der Gesetzgeber schränke dies jedoch ein, dass lediglich erstmals diagnostizierte Erkrankung hiervon erfasst worden sind. Laut Kurze ist dies jedoch kritisch zu betrachten.
Eine Vertretung, welche nicht dem Willen des vertretenen Ehegatten entspricht, ist unzulässig, die Bestellung eines Betreuers unumgänglich. In eilbedürftigen Fällen sollte der Arzt nicht entgegen den von ihm vermuteten mutmaßlichen Willen des vertretenen Ehegatten handeln.
4. Vertragsschlüsse (§ 1358 Abs. 1 Nr. 2 BGB)
Rz. 278
Der vertretende Ehegatte kann Behandlungsverträge (§ 630a BGB), Krankenhausverträge oder Verträge über eilige Maßnahmen der Rehabilitation und der Pflege abschließen und durchsetzen gem. § 1358 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Es wird jedoch bei den Maßnahmen der Rehabilitation und Pflege die Eilbedürftigkeit gefordert, so dass hierrunter tatsächlich nur die ersten Rehabilitationsmaßnahmen fallen. Für weitere in der Zukunft umfassende Rehabilitationsmaßnahme wäre die Anordnung einer Betreuung durch das Betreuungsgericht erforderlich.
Zu den von dem vertretenden Ehegatten abzuschließenden Verträgen soll nicht der Abschluss einen Heimvertrages zählen. Hintergrund ist, dass das Ehegattenvertretungsrecht keine Befugnis betreffend der Aufenthaltsbestimmung und Wohnungsangelegenheiten gibt.
5. Freiheitsentziehende Maßnahmen (§ 1358 Abs. 1 Nr. 3 BGB)
Rz. 279
Der vertretende Ehegatte darf Maßnahmen, welche die Freiheit des vertretenen Ehegatten durch mechanische Vorrichtungen, Medikamente oder auf andere Weise einschränken...