Dr. iur. Nikolas Hölscher
Rz. 31
Fraglich ist, ob eine erteilte Zustimmung zur Vertretung durch Vorsorgebevollmächtigte (siehe Rdn 25) widerrufen werden kann.
a) Zulässigkeit des Widerrufs
Rz. 32
Ob und unter welchen Voraussetzungen Mitgesellschafter eine einmal erteilte Zustimmung (ganz oder teilweise für konkrete Bevollmächtigte) widerrufen können, ist umstritten. Folgende Auffassungen werden vertreten:
aa) Unwiderruflichkeit der Zustimmung
Rz. 33
Jocher hält den Widerruf der Zustimmung zur Vollmachtserteilung seitens der Mitgesellschafter für unzulässig. Er argumentiert, eine Widerrufsmöglichkeit brächte ein erhebliches Maß an Rechtsunsicherheit mit sich. Denn bei einer Widerrufsmöglichkeit sei fraglich, ob der gesellschaftsrechtliche Widerruf den Rechtsschein der bis zur Rückgabe der Vollmachtsurkunde oder deren Kraftloserklärung fortbestehenden Vollmacht überlagere. Durch die Anerkennung einer Widerrufsmöglichkeit werde zudem eine Vermischung getrennt zu beurteilender Regelungskreise vorgenommen. Was mit Letzterem genau gemeint sein soll, erläutert Jocher in seinem Beitrag nicht.
bb) Freie Widerruflichkeit der Zustimmung für Organbefugnisse bis zum Vorsorgefall
Rz. 34
Schäfer vertritt die Auffassung, dass die erteilte Zustimmung grundsätzlich nur aus wichtigem Grund widerrufen werden kann. Für die Ausübung von Geschäftsführungsaufgaben will Schäfer von diesem Grundsatz jedoch eine gewichtige Ausnahme zulassen: Für diese soll die Zustimmung zur Vertretung bis zum Eintritt des Vorsorgefalls ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes jederzeit widerruflich sein. Schäfer begründet dies damit, dass es wegen des Grundsatzes der Selbstorganschaft problematisch erscheine, wenn die Überlassung des Geschäftsführungsrechts durch den Vorsorgebevollmächtigten nur aus wichtigem Grund widerrufen werden könne. Demgegenüber stehe aber die Erwägung, dass nach Eintritt der Geschäftsunfähigkeit der Widerruf der Zustimmung letztlich zum Scheitern der Vorsorgevollmacht führen kann, weil der Gesellschafter selbst nicht mehr in der Lage ist, eine neue Vorsorgevollmacht zu erteilen. Daher sei die Zustimmung – mit Rücksicht auf vorrangige Interessen der Mitgesellschafter und den Grundsatz der Selbstorganschaft – ohne wichtigen Grund nur bis zum Eintritt des Vorsorgefalls widerrufbar, soweit der Gesellschaftsvertrag ein solches Widerrufsrecht nicht ausschließe.
cc) Widerruflichkeit nur aus wichtigem Grund
Rz. 35
Zuletzt wird vertreten, dass unabhängig davon, ob bereits der Vorsorgefall durch Geschäftsunfähigkeit eingetreten ist oder nicht, ein Widerruf der Zustimmung nur aus wichtigem Grund in Betracht kommt. Dies gebiete der Vertrauensschutz für den vollmachtgebenden Gesellschafter.
Rz. 36
Ein Vergleich zur Betreuung rechtfertige dieses Ergebnis ebenfalls. Bei der Betreuung hätten die Mitgesellschafter nicht die Möglichkeit den bestellten Betreuer zu entlassen. Aufgrund funktionaler Äquivalenz beider Rechtsinstitute müsse ein Widerruf der Zustimmung ohne wichtigen Grund daher ausscheiden.
Rz. 37
Weiter wird mit einem Vergleich zum Verbot von Hinauskündigungsklauseln nach freiem Ermessen argumentiert: Wäre der Bevollmächtigte einem jederzeitigen Widerruf der Zustimmung ausgesetzt, könnte er von der ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Gesellschafterrechte des Vollmachtgebers abgehalten sein. Zudem spreche die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht gegen die Annahme einer Widerrufsmöglichkeit ohne wichtigen Grund.
dd) Stellungnahme
Rz. 38
Im Ergebnis überzeugt es, die Widerruflichkeit der erteilten Zustimmung zur gesellschaftsrechtlichen Vertretung durch einen Vorsorgebevollmächtigten vom Vorliegen eines wichtigen Grundes abhängig zu machen. Und zwar unabhängig davon, ob der Vorsorgefall bereits eingetreten ist oder nicht.
Rz. 39
Die Auffassung von Jocher, eine einmal erteilte Zustimmung zur gesellschaftsrechtlichen Vertretung sei grundsätzlich unwiderruflich, überzeugt nicht. Im Ausgangspunkt ist zu beachten, dass eine vorherige Zustimmung nach § 183 BGB bis zur Vornahme des Rechtsgeschäfts nach den gesetzlichen Bestimmungen widerruflich ist. Auch wenn durch die Erteilung einer Zustimmung ein Vertrauenstatbe...