Dr. iur. Nikolas Hölscher
Rz. 88
Die Meinungen darüber, wie die Vertretungsmacht für Gesellschafter und Unternehmer im Außenverhältnis erteilt werden soll, gehen auseinander.
1. Unbeschränkte Vollmacht
Rz. 89
Teilweise wird vertreten, eine Vorsorgevollmacht von Unternehmern und Gesellschaftern sollte im Außenverhältnis keine Beschränkungen enthalten, um sicherzustellen, dass eine Betreuung bestmöglich vermieden wird. Dem ist grundsätzlich zuzustimmen.
Hinweis
Man muss sich an dieser Stelle jedoch darüber im Klaren sein, dass auch von einer unbeschränkten Vollmacht die Ausübung von Leitungsaufgaben aufgrund der Rechtsprechung des BGH nicht gedeckt sein kann (siehe Rdn 46 ff., 51 und 51 ff.).
Rz. 90
Wer die kautelarjuristische Auffassung vertritt, in die Vorsorgevollmacht sollten beispielhafte und nicht als abschließend gekennzeichnete Aufzählungen wichtiger Schwerpunkte aufgenommen werden, kann dies umsetzen. Auch wenn eine entsprechende Aufzählung dem Sinn und Zweck einer Generalvollmacht widerspricht, finden sich in der Praxis Fälle, in denen ein gesellschaftsrechtliches Handeln durch den Vorsorgebevollmächtigten mangels ausdrücklicher Nennung erst nach gerichtlicher Entscheidung durchgesetzt werden konnte.
Muster 2.9: Vorsorgevollmacht mit Beispielen gesellschaftsbezogener Belange
Muster 2.9: Vorsorgevollmacht mit Beispielen gesellschaftsbezogener Belange
Die Vollmacht umfasst die Vertretung in allen unternehmerischen und gesellschaftsbezogenen Belangen, insbesondere
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die Ausübung des Stimmrechts |
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die Mitwirkung an Änderungen des Gesellschaftsvertrags jeglicher Art einschließlich der Auflösung und Liquidation des Unternehmens |
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die Entgegennahme von Abfindungen und Liquidationserlösen |
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die Ausübung von Kontroll- und Einsichtsrechten |
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die Mitwirkung an Umwandlungen |
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die Verfügung über die Beteiligung (ganz oder teilweise) |
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die Vertretung in registerrechtlichen Angelegenheiten. |
2. Vollmacht mit Herausnahme von Organbefugnissen
Rz. 91
Reymann schlägt – aufgrund der restriktiven BGH-Rechtsprechung (siehe Rdn 46 ff., 51 und 51 ff.) – vor, bei Personen- und Kapitalgesellschaften von General- und Vorsorgevollmachten nur in inhaltlich reduzierter Weise Gebrauch zu machen, um einer drohenden Unwirksamkeit der Bevollmächtigung von vornherein entgegenzuwirken. Reymann rät, organschaftliche Befugnisse bereits aus dem Wortlaut der Vollmacht auszuklammern.
Rz. 92
Muster 2.10: Vorsorgevollmacht mit Rückausnahme originärer Kernbefugnisse von Leitungsorganen (1)
Muster 2.10: Vorsorgevollmacht mit Rückausnahme originärer Kernbefugnisse von Leitungsorganen (1)
Von der Vollmacht ausgenommen sind sämtliche Erklärungen und Rechtshandlungen, die kraft Gesetzes zu den originären Kernbefugnissen der Leitungsorgane zählen.
Rz. 93
Zecher hat in Anlehnung an Reymann für die GmbH folgende Formulierung vorgeschlagen, wobei nicht verkannt werden darf, dass im Falle der Geschäftsunfähigkeit bei der GmbH der Vollmachtgeber sein Geschäftsführeramt nach § 6 Abs. 2 GmbHG ohnehin verliert.
Rz. 94
Muster 2.11: Vorsorgevollmacht mit Rückausnahme originärer Kernbefugnisse von Leitungsorganen (2)
Muster 2.11: Vorsorgevollmacht mit Rückausnahme originärer Kernbefugnisse von Leitungsorganen (2)
Die Wahrnehmung von Rechten und Pflichten, die nach dem GmbH-Gesetz nur ein Geschäftsführer der Gesellschaft vornehmen darf, also insbesondere die Anmeldung, Versicherung oder sonstige Erklärungen straf- bzw. bußgeldbewehrter Tatsachen gegenüber dem Registergericht, Behörden oder sonstigen zuständigen Stellen, die Aufstellung und Vorlage des Jahresabschlusses, die Unterzeichnung und Einreichung der Gesellschafterliste zum Handelsregister sowie die Stellung des etwaig gebotenen Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, ist dem Bevollmächtigten in keinem Fall gestattet (keine sog. organverdrängende oder ersetzende Vollmacht).
Rz. 95
Nachdem eine zu weit gefasste Vollmacht nicht insgesamt unwirksam ist (siehe Rdn 54) muss im Einzelfall geprüft und besprochen werden, ob gegebenenfalls auch originäre Organbefugnisse durch den Vorsorgebevollmächtigten ausgeübt werden können sollen. Ist dies ausgeschlossen, kann darüber nachgedacht werden, eine einschränkende Formulierung in die Vollmachtsurkunde mit aufzunehmen.