Dr. iur. Nikolas Hölscher
Rz. 76
Neben der gesellschaftsvertraglichen Zustimmung zur Vertretung durch Vorsorgebevollmächtigte wird diskutiert, ob weitere gesellschaftsvertragliche Regelungen im Zusammenhang mit Vorsorgevollmachten zweckmäßig sind.
1. Verpflichtungsklausel im Gesellschaftsvertrag
Rz. 77
Ähnlich einer Güterstandsklausel kann eine Verpflichtung zur Erteilung von Vorsorgevollmachten in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen werden, wobei zwischen folgenden Konstellationen zu unterscheiden ist.
a) Vorsorgevollmacht für Gesellschafterrechte
Rz. 78
Ist den Gesellschaftern daran gelegen, alle Mitgesellschafter zur Erteilung einer Vorsorgevollmacht zur Ausübung von Gesellschafterrechten zu verpflichten, kann dies – sowohl bei Personen- als auch bei Kapitalgesellschaften – durch eine entsprechende Regelung im Gesellschaftsvertrag umgesetzt werden.
Muster 2.4: Gesellschaftsvertragliche Verpflichtung zur Erteilung einer Vorsorgevollmacht
Muster 2.4: Gesellschaftsvertragliche Verpflichtung zur Erteilung einer Vorsorgevollmacht
Jeder Gesellschafter ist gegenüber seinen Mitgesellschaftern verpflichtet, eine zumindest notariell beglaubigte Vollmacht für den Fall seiner Geschäfts- und/oder Handlungsunfähigkeit zu erteilen, welche den Bevollmächtigten zur Wahrnehmung seiner Gesellschafterrechte und -aufgaben berechtigt und nicht unter einer im Außenverhältnis zu überprüfenden Bedingung steht.
b) Vorsorgevollmacht für Gesellschafterrechte und Organbefugnisse
Rz. 79
Sollen auch Organbefugnisse bei Personengesellschaften von der Verpflichtung umfasst sein, könnte dies ebenfalls ausdrücklich geregelt werden. Die Aufnahme einer entsprechenden Klausel bietet sich jedoch meines Erachtens allenfalls an, wenn man die Auffassung teilt, dass Leitungsaufgaben durch einen Vorsorgebevollmächtigten ausgeübt werden können, was wie gesehen umstritten ist (siehe Rdn 46 ff.).
Muster 2.5: Gesellschaftsvertragliche Verpflichtung zur Erteilung einer Vorsorgevollmacht mit Leitungsaufgaben
Muster 2.5: Gesellschaftsvertragliche Verpflichtung zur Erteilung einer Vorsorgevollmacht mit Leitungsaufgaben
Jeder Gesellschafter ist gegenüber seinen Mitgesellschaftern verpflichtet, durch zumindest notariell beglaubigte Vollmacht einen Bevollmächtigten zur Vorsorge für den Fall seiner Geschäfts- und/oder Handlungsunfähigkeit zu bestellen, welcher zur Wahrnehmung seiner Gesellschafterrechte und -aufgaben sowie der Abgabe von Erklärungen im Namen der Gesellschaft berechtigt und nicht unter einer im Außenverhältnis zu überprüfenden Bedingung steht.
Rz. 80
Gesellschaftern, welchen an der Sicherung der Handlungsfähigkeit im Falle einer Geschäftsunfähigkeit besonders gelegen ist, sollten sich allerdings besser fragen, ob sie nicht gesellschaftsrechtlich mehrere alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer einsetzen und/oder zusätzlich Prokuristen und Handlungsbevollmächtigte bestellen. Dafür spricht die aufgrund der BGH-Rechtsprechung unsichere Rechtslage (siehe Rdn 46 ff., 51 und 51 ff.).
2. "Auffanglösung" – Wechselseitige Bevollmächtigung der Gesellschafter
Rz. 81
Für den Fall, dass keine (wirksame) Vorsorgevollmacht vorliegt – z.B. mangels Zustimmung oder Nichterteilung – ist daran zu denken, dass sich die Gesellschafter wechselseitig bevollmächtigen können.
Muster 2.6: Gesellschaftsvertragliche Bevollmächtigung der Mitgesellschafter
Muster 2.6: Gesellschaftsvertragliche Bevollmächtigung der Mitgesellschafter
Sollten die Voraussetzungen für die Erteilung einer Vorsorgevollmacht nach diesem Gesellschaftsvertrag nicht vorliegen, wird zur Vermeidung einer sonst erforderlichen Betreuung bereits jetzt eine auf die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte und vor allem der Mitgliedschaftspflichten aus diesem Gesellschaftsvertrag beschränkte Vorsorgevollmacht an die anderen Gesellschafter erteilt, die zu diesem Zweck von § 181 BGB befreit sind, wobei mindestens zwei Mitgesellschafter zusammen vertreten.
Rz. 82
Soll der Gesellschaftsvertrag Dritten nicht vorgelegt werden, kann eine solche "Auffangvollmacht" auch in einer gesonderten Urkunde erteilt werden.
3. Kontrolle und Sanktion bei Verstoß
Rz. 83
Damit die Gesellschafter zur Erteilung der gewünschten Vorsorgevollmacht angehalten werden, sollte ein Verstoß gegen eine gesellschaftsvertraglich vereinbarte Verpflichtung sanktionierbar und kontrollierbar sein. Im Personengesellschaftsrecht ist an den Ausschluss des gegen die Klausel verstoßenden Gesellschafters zu denken.
Muster 2.7: Gesellschaftsvertragliche Ausschluss- und Zwangsabtretungsklausel bei fehlender Vorsorgevollmacht
Muster 2.7: Gesellschaftsvertragliche Ausschluss- und Zwangsabtretungsklausel bei fehlender Vorsorgevollmacht
Die Gesellschafterversammlung kann von jedem Gesellschafter den Nachweis des Abschlusses bzw. Bestehens einer zumindest notariell beglaubigten Vorsorgevollmacht verlangen (vgl. § _________________________), wobei der jeweils betroffene Gesellschafter kein Stimmrecht hat. Als Nachweis gilt insbesondere die Vorlage der Originalurkunde, einer Ausfertigung oder beglaubigten Ablichtung verbunden mit der schriftlichen Erklärung, dass die vorgel...