A. Vorbemerkung

 

Rz. 1

Bevor die in der Praxis streitigen Fragen angesprochen werden, die sich vom Zeitpunkt der Trennung an stellen, soll kurz auf die rechtliche Situation während der intakten Ehe eingegangen werden.

B. Unterhaltssituation während der intakten Ehe

I. Familienunterhalt der Ehegatten

 

Rz. 2

Der mit seiner Familie in häuslicher Gemeinschaft lebende Ehegatte schuldet den übrigen Familienmitgliedern Familienunterhalt (§§ 1360, 1360 a BGB). Praktische Bedeutung hat der Anspruch auf Familienunterhalt nicht in der Form eines Zahlungsanspruches gegen den anderen Ehegatten. Relevant wird dieser Anspruch aber als "Rechenposition" im Rahmen sog. unterhaltsrechtlicher Dreiecksverhältnisse (dazu später). Daher ist es erforderlich, kurz den Inhalt dieses Anspruchs auf Familienunterhalt darzustellen.

 

Rz. 3

Zu dem angemessenen Familienunterhalt gehören unter anderem Kosten für Wohnung, Nahrung, Kleidung, medizinische Versorgung, kulturelle Bedürfnisse, Kranken- und Altersvorsorge, Urlaub usw., die in der Regel in Form des Naturalunterhalts gewährt werden.[1] Soweit der andere, über Einkommen verfügende Ehegatte die Kosten für das gemeinsame Leben direkt trägt (Miete, Strom, Wasser, Telefon, Auto, Versicherungen, Lebensmittel usw.), erlaubt der Anspruch auf Familienunterhalt dem anderen Ehegatten, an den so finanzierten Vorteilen teilzuhaben. Konkret nutzt er die Wohnung, die Heizung, den Strom, das Telefon, das Auto usw. unentgeltlich.

 

Rz. 4

Der Anspruch auf Familienunterhalt ist folglich nicht auf Geldzahlung gerichtet, sondern nur auf Teilhabe am Familieneinkommen (konkret durch Mitnutzung der Wohnung und der angeschafften Gegenstände[2]). Lediglich in dem Ausnahmefall, dass einer der Ehegatten im Pflegeheim lebt, kann sich der Anspruch auf Familienunterhalt auf Geldzahlung richten.[3]

 

Rz. 5

Der erwerbstätige Ehegatte muss zudem dem den Haushalt führenden Ehegatten nach § 1360a Abs. 2 Satz 2 BGB ausreichende Barmittel als Wirtschaftsgeld zur Verfügung stellen. Der haushaltsführende Ehegatte verwaltet dieses Geld treuhänderisch und muss diese Mittel bestimmungsgemäß zu verwenden. Damit ist aber auch das Wirtschaftsgeld dem Zugriff Dritter entzogen. Folglich ist der Anspruch auf Familienunterhalt auch unpfändbar.[4]

OLG Hamm v. 11.11.2020 – 5 UF 65/20[5]

Zitat

1. Die Zahlung von Wirtschaftsgeld kann nach der Trennung nicht mehr für davor liegende Zeiträume verlangt werden. Das Wirtschaftsgeld wird nur treuhänderisch zur zweckgebundenen Verwendung für die Familie überlassen. Da es nach der Trennung nicht mehr für den Bedarf der Familie treuhänderisch verwendet werden kann, erlischt der Anspruch nach der Trennung der Ehegatten.[6]

2. Ein familienrechtlicher Ausgleichsanspruch kommt in Betracht, wenn ein Ehegatte unfreiwillig höhere Zahlungen für den Familienunterhalt geleistet hat, als seiner anteilmäßigen Haftung entspricht.

3. Bei § 1360b BGB, der auch für den familienrechtlichen Ausgleichsanspruch anzuwenden ist, handelt es sich um eine widerlegbare Vermutung.

 

Rz. 6

Der Familienunterhalt richtet sich nach den die ehelichen Lebensverhältnisse bestimmenden Einkommens- und Vermögensverhältnissen und dem jeweiligen Lebenszuschnitt der Ehegatten.

 

Rz. 7

Ein Zahlungsanspruch besteht jedoch als Anspruch auf Taschengeld, der im Regelfall mit einer Quote von 5 % des bereinigten Familieneinkommens bemessen wird.[7]

 

Rz. 8

Dieser Anspruch ist zwar Teil des Familienunterhaltes (wird also nicht zusätzlich geschuldet), richtet sich aber auf Zahlung eines Geldbetrages und orientiert sich an der Höhe des Familienunterhaltes.[8] Nur dieser Teil des Familienunterhaltes kann auch zur Deckung von Unterhaltsansprüchen einzusetzen sein.

[1] BGH FuR 2013, 204 = NJW 2013,686 = FamRZ 2013, 363.
[2] BGH FuR 2003, 275 = FamRZ 2003, 860, 865.
[3] BGH NJW 2020, 2122 = FamRZ 2016, 1142.
[4] Grandel/Breuers in jurisPK BGB, 2020, § 1360 Rn 19 m.w.N.
[5] OLG Hamm FuR 2021, 309.
[6] OLG Karlsruhe v. 12.12.2012 – 18 UF 140/11, FamRZ 2014, 132.

II. Unterhalt der Kinder

 

Rz. 9

Der Unterhaltsbedarf richtet sich beim Verwandtenunterhalt gemäß § 1610 Abs. 1 BGB nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt). Bei minderjährigen Kindern, die noch im Haushalt (mindestens) eines Elternteils leben, handelt es sich dabei um eine abgeleitete Lebensstellung. Sie leitet sich grundsätzlich von beiden Elternteilen ab, so dass bei der Bedarfsbemessung auf die zusammengerechneten Einkünfte beider Eltern abzustellen ist.[9]

 

Rz. 10

Folglich partizipieren die Kinder also während der intakten Ehe am Familienunterhalt durch Teilhabe an den von beiden Eltern finanzierten Lebensverhältnissen. Der Bedarf des Kindes wird dadurch vollständig gedeckt; es besteht kein Barunterhaltsanspruch.

III. Elternunterhalt

 

Rz. 11

Die Inanspruchnahme eines Ehegatten auf Elternunterhalt kann unabhängig von der ehelichen Situatio...

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