Dieter Trimborn van Landenberg
Rz. 11
Sofern für den Vollmachtgeber eine Betreuung mit dem Aufgabenkreis der Vermögenssorge angeordnet wurde, ist der Betreuer gem. § 1823 BGB zur gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretung berechtigt. Der Widerruf erteilter Vollmachten gehört in diesem Zusammenhang zu den ersten Amtshandlungen des Betreuers. Nur, wenn kein Dritter mehr über das Vermögen des Betreuten verfügen kann, ist die Sicherheit des Vermögens gewährleistet.
Rz. 12
Ist hingegen eine umfassende Vorsorgevollmacht erteilt, entfällt damit gem. § 1814 Abs. 3 Ziff. 1. BGB regelmäßig das Bedürfnis nach Einrichtung einer Betreuung. Bei offenkundigem oder vermutetem Missbrauch der Vorsorgevollmacht kann daher nicht einfach statt des Bevollmächtigten ein Betreuer eingesetzt werden. Gleichwohl müssen Angehörige und zukünftige Erben nicht tatenlos zusehen, wenn der Bevollmächtigte "aus der Reihe tanzt".
In diesem Fall hilft die Anregung einer sog. Kontrollbetreuung gem. § 1820 BGB. Die Kontrollbetreuung, die im Rahmen der Reform des Betreuungsrechts zum 1.1.2023 neu geregelt wurde, stellt ein Korrektiv für die Fälle dar, in denen der Vollmachtgeber die Vorsorgevollmacht nicht mehr selbst widerrufen kann und auch keinen Kontrollbevollmächtigten bestimmt hat.
Rz. 13
Das Gericht hat in jedem Fall eine sensible Güterabwägung vorzunehmen: Auf der einen Seite steht das Selbstbestimmungsrecht des Bürgers, seine Dinge vorrangig selbst zu regeln. Dazu gehört auch das Recht, bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit bzw. des Wuchers schlechte Geschäfte zu machen.
Es macht grundsätzlich keinen Unterschied, ob es sich um ein Haustürgeschäft oder ein einseitiges Rechtsgeschäft handelt, das in der Vollmachterteilung bzw. dem zugrunde liegenden Auftragsverhältnis zu sehen ist. Nicht jedes Fehlverhalten und schon gar nicht jede Besorgnis eines solchen rechtfertigt die Bestellung eines Kontrollbetreuers.
Andererseits hat der Staat die Aufgabe, hilflosen Menschen beizustehen, die von treulosen Bevollmächtigten diskret enteignet werden. Das Wohl des Vollmachtgebers steht immer im Zentrum der Betrachtung. In der Praxis ist hingegen häufig ein anderes Motiv tragend, wenn Angehörige nach Wegen suchen, ihr zukünftiges Erbe zu sichern.
Rz. 14
Der BGH hatte in jüngster Zeit mehrfach Gelegenheit, in diesem Spannungsfeld die Voraussetzungen für die Anordnung einer Kontrollbetreuung bei Vorliegen einer wirksamen Vorsorgevollmacht zu definieren:
Zitat
Eine Kontrollbetreuung darf jedoch wie jede andere Betreuung nur dann errichtet werden, wenn sie erforderlich ist. Das Bedürfnis nach einer Kontrollbetreuung kann nicht allein damit begründet werden, dass der Vollmachtgeber aufgrund seiner Erkrankung nicht mehr in der Lage ist, den Bevollmächtigten zu überwachen. Denn der Vollmachtgeber hat die Vorsorgevollmacht gerade für den Fall bestellt, dass er seine Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann, um eine gerichtliche Betreuung zu vermeiden.
Daher müssen weitere Umstände hinzutreten. (…) Notwendig ist mithin der konkrete, d.h. durch hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte untermauerte Verdacht, dass mit der Vollmacht dem Betreuungsbedarf nicht Genüge getan wird. Dies kann der Fall sein, wenn nach den üblichen Maßstäben aus der Sicht eines vernünftigen Vollmachtgebers unter Berücksichtigung des in den Bevollmächtigten gesetzten Vertrauens eine ständige Kontrolle schon deshalb geboten ist, weil die zu besorgenden Geschäfte von besonderer Schwierigkeit und/oder besonderem Umfang sind oder wenn gegen die Redlichkeit oder die Tauglichkeit des Bevollmächtigten Bedenken bestehen. Auf einen Missbrauch der Vollmacht oder einen entsprechenden Verdacht kommt es nicht an. Ausreichend sind konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Bevollmächtigte nicht mehr entsprechend der Vereinbarung und dem Interesse des Vollmachtgebers handelt.
Rz. 15
Nach diesen Maßstäben ist offenkundig, dass die Anregung einer Kontrollbetreuung einen erheblichen Sachvortrag erfordert und nicht jeder "Fehltritt" eines Vorsorgebevollmächtigten ein Grund zum Widerruf der Vollmacht durch den Kontrollbevollmächtigten gibt.
Der auf Verdacht bestellte Kontrollbetreuer trägt eine hohe Verantwortung, weil ein Widerruf der Vorsorgevollmacht irreversibel zu einer Betreuung führt, die der Vollmachtgeber gerade verhindern wollte.
Andererseits gibt es auch Fälle, in denen der Vorsorgebevollmächtigte so eindeutig fehlbesetzt ist, dass trotz Vorsorgevollmacht statt eines Kontrollbetreuers gleich eine Vollbetreuung eingerichtet werden kann. Der BGH hat in zwei jüngeren Entscheidungen zum Verhältnis zwischen Vorsorgevollmacht und Betreuung erneut Stellung genommen: Demnach hindert nach Auffassung des BGH eine Vorsorgevollmacht die Bestellung eines Betreuers nur, wenn gegen die Wirksamkeit der Vollmachtserteilung keine Bedenken bestehen.
Rz. 16
Außerdem, so der BGH, steht eine Vorsorgevollmacht der Anordnung einer Betreuung auch dann nicht entgegen, wenn der Bevollmächtigte als zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen nic...