Dr. iur. Wolfram Viefhues
Rz. 108
Das Gericht kann nach pflichtgemäßem Ermessen Auskunft über die Einkünfte, das Vermögen und die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse verlangen, "soweit dies für die Bemessung des Unterhalts von Bedeutung ist". Der äußeren Rahmen für den zulässigen Umfang der gerichtlichen Auskunftsauflage ist damit mindestens so weit zu ziehen wie bei der aus § 1605 BGB geschuldeten Auskunft, die zu erteilen ist, "soweit dies zur Feststellung eines Unterhaltsanspruchs oder einer Unterhaltsverpflichtung erforderlich ist."
Rz. 109
Von Bedeutung ist die Auskunft auch bei Zweifeln über die Wirksamkeit eines Unterhaltsverzichtes und bei möglicher Verwirkung gem. §§ 1579, 1611 BGB. Dies ist jedoch nicht der Fall, soweit Tatsachen zwischen den Beteiligten unstreitig oder zugestanden sind oder für die Entscheidung unerheblich.
Rz. 110
Die Vorschrift knüpft jedoch nicht an eine bestehende materiellrechtliche Auskunftspflicht an, sondern geht sogar inhaltlich darüber hinaus. Insbesondere müssen nach dem Gesetzeswortlaut in Absatz 1 die Voraussetzungen des § 1605 BGB – insbesondere der Frist des § 1605 Abs. 2 BGB – nicht vorliegen, um dem Gericht eine solche rein verfahrensrechtliche Maßnahme zu erlauben.
Rz. 111
Selbstständige müssen ihre Einnahmen und Ausgaben so darstellen, dass die allein steuerrechtlich beachtlichen Absetzungen und Aufwendungen von solchen abgegrenzt werden können, die auch unterhaltsrechtlich relevant sind.
Rz. 112
Auskunft zu erteilen ist bei einer entsprechenden Auflage aber auch über alle Positionen, die die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners beeinträchtigen (siehe Rdn 21). Denn das Gericht kann den Anspruch nur feststellen und ggf. konkret berechnen, wenn vollständige Informationen auch über unterhaltsrechtlich relevante Abzugspositionen gegeben worden sind. Zweck der Vorschrift ist, eine umfassende und sachlich korrekte Klärung der Unterhaltsansprüche zu ermöglichen.
Angegeben werden müssen daher auch Abzüge und Belastungen (Schulden, siehe Rdn 20).
Rz. 113
Der zur Auskunft verpflichtete hat daher auch vorhandene anderweitige vor- und gleichrangige Unterhaltsberechtigte anzugeben, die für die Berechnung des im konkreten verfahren streitigen Unterhaltes von Bedeutung sein können.
Rz. 114
Zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen, über die Auskunft verlangt werden kann, gehören auch persönliche Umstände, die auch Einfluss auf die Bedürftigkeit oder Leistungsfähigkeit haben, z.B. Eheschließung, Ehescheidung oder Geburt eines Kindes und damit letztlich auch die Einkünfte eines derzeitigen Ehegatten oder Partners, durch die die Lebenshaltungskosten des gemeinsamen Zusammenlebens verringert werden können.
Rz. 115
Der BGH hat dem Unterhaltspflichtigen unter bestimmten Umständen auch eine aus § 1605 BGB abgeleitete Auskunftspflicht hinsichtlich der Einkommensverhältnisse seines jetzigen Ehegatten auferlegt (siehe Rdn 28).
Rz. 116
Der verfahrensrechtlich Beteiligte muss daher aufgrund einer entsprechenden Auflage nach § 235 FamFG auch Angaben zu Dritten machen, wenn er aufgrund von Unterhaltsansprüchen dieser Personen eine Einschränkung seiner finanziellen Leistungsfähigkeit geltend machen will (siehe Rdn 28).
Rz. 117
Der Auskunftsanspruch korrespondiert in zeitlicher Hinsicht mit dem Zeitraum, der für die Unterhaltsberechnung zugrunde gelegt wird (vgl. Rdn 46). Auch hier muss die Auflage klare Vorgaben machen, für welchen Zeitraum die Auskunft verlangt wird. Bei anhängig Beschäftigten wird üblicherweise ein Zeitraum von 12 Monaten, bei Selbstständigen von 3 Jahren bis hin zu 5 Jahren zugrunde gelegt.