Dr. iur. Wolfram Viefhues
Rz. 74
Mit einem Stufenantrag kann gleichzeitig ein Auskunftsanspruch und der noch nicht bezifferte Zahlungsantrag rechtshängig gemacht werden (§ 113 FamFG i.V.m. § 254 ZPO). Der Auskunftsantrag nach § 1613 Abs. 1 BGB kann mit einem Abänderungsbegehren nach den §§ 238, 239 FamFG kombiniert werden (sog. Stufenabänderungsverfahren) mit dem Ziel der rückwirkenden Änderung auf den Zeitpunkt des Zugangs des Auskunftsverlangens.
Rz. 75
Praxistipp:
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Ein Stufenverfahren ist nicht erforderlich, um die rückwirkende Durchsetzung des Unterhaltsanspruchs zu ermöglichen, denn dies lässt sich bereits viel einfacher durch ein korrektes Auskunftsverlangen über. § 1613 BGB erzielen (dazu siehe § 22 Rdn 32). |
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Allerdings unterbricht der als Stufenantrag erhobene Auskunftsantrag die Verjährung, auch wenn zunächst nur der Auskunftsantrag gestellt wird. Wird das gerichtliche Verfahren vor Beginn der Verjährungsfrist erhoben, tritt die Unterbrechung sofort mit deren Beginn ein. Dies hat für Zugewinnverfahren praktische Bedeutung, nicht aber für den Unterhalt. |
Rz. 76
Bereits in der Auskunftsstufe und nicht erst in der Leistungsstufe muss geklärt werden, ob die Regelungen in einem Ehevertrag insbesondere auch im Hinblick auf § 138 BGB wirksam sind. Ist z.B. der Zugewinn mit dem Ehevertrag wirksam abschließend geregelt worden, so ist der Auskunftsantrag zum Zugewinn abzuweisen. Entsprechendes muss auch gelten, wenn es um die Frage der Sittenwidrigkeit eines Unterhaltsausschlusses geht.
Rz. 77
Umstritten ist, ob bei Feststellung der Sittenwidrigkeit nur der Auskunftsantrag oder bereits das Antrag als Ganzes zurückzuweisen ist.
Rz. 78
Praxistipp:
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Der Verfahrenswert des Stufenverfahrens richtet sich immer allein nach dem höchsten der Einzelwerte; das ist regelmäßig allein der Leistungsantrag. |
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Kommt es zur Durchführung der Leistungsstufe, fällt damit der Wert der Auskunftsstufe "unter den Tisch". Ein isoliertes Auskunftsverfahren ist daher aus Gebührensicht attraktiver. |
Rz. 79
Der Verfahrenswert eines Stufenantrages bemisst sich nach dem Wert des unbezifferten Leistungsanspruchs, für welchen die Vorstellungen des Antragstellers bei Einleitung des Verfahrens maßgeblich sind. Dies gilt auch dann, wenn die spätere Bezifferung des Leistungsanspruchs hinter diesem Wert zurückbleibt oder wenn eine spätere Bezifferung des Leistungsanspruchs unterbleibt und das Verfahren in der Auskunftsstufe "steckenbleibt". Anders kann es nur dann sein, wenn die Vorstellung des Antragstellers ausnahmsweise schon aus sich heraus erkennbar ohne Realitätsgehalt erscheint.
Rz. 80
BGH v. 22.3.2017 – XII ZB 56/16
Zitat
Wird ein Stufenantrag (§ 254 ZPO) gestellt, bei welchem sich der Gläubiger die Angabe der Leistungen, die er beansprucht, vorbehält, erfasst die Hemmung der Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB allerdings den geltend gemachten unbezifferten Anspruch auf Leistung in jeder Höhe (BGH, Urt. v. 24.5.2012 – IX ZR 168/11, FamRZ 2012, 1296 Rn 11; vgl. auch BGH v. 8.2.1995 – XII ZR 24/94, FamRZ 1995, 797, 798 zur Unterbrechung der Verjährung nach früherem Recht). Der Stufenantrag stellt eine besondere Form der objektiven Antragshäufung dar, bei welcher der Gläubiger vorläufig seiner verfahrensrechtlichen Pflicht zur Bezifferung seines Leistungsantrages enthoben ist, bis die Rechnung mitgeteilt, das Vermögensverzeichnis vorgelegt oder die eidesstattliche Versicherung abgegeben wurde. Durch die Zustellung des (dreistufigen) Stufenantrags wird sofort der in der dritten Stufe erhobene, noch nicht bezifferte Zahlungsanspruch rechtshängig (BGH v. 8.2.1995 – XII ZR 24/94, FamRZ 1995, 797; vgl. auch BGH v. 13.4.1988 – IVb ARZ 13/88, juris Rn 2).
Ob der Antragsteller bereits einen unbezifferten Leistungsantrag in der dritten Stufe eines Stufenantrags rechtshängig machen wollte, ist im Wege der Auslegung der Antragsschrift und der sonst vorliegenden Unterlagen zu entscheiden. Bei der Auslegung von Verfahrenserklärungen ist zudem der Grundsatz zu beachten, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht (BGH, Beschlüsse v. 14.11.2013 – IX ZR 215/12, NJW-RR 2014, 1020 Rn 6 und v. 29.3.2011 – VIII ZB 25/10, NJW 2011, 1455 Rn 9).
Voraussetzung ist, dass ein wirksamen Leistungsantrags in der letzten Stufe gestellt wird, der mit Ausnahme der Bezifferung in einer den Voraussetzungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügenden Form uneingeschränkt gestellt wird und nicht nur angekündigt wird. Dann wird dieser Stufenantrag durch Zustellung der Antragsschrift in allen drei Stufen rechtshängig. Nicht genügt dagegen die bloße Ankündigung des Antragstellers in seiner Antragsschrift, er behalte sich ausdrücklich vor, nach Vorlage der Auskunft "einen bezifferten Schadenersatzanspruch zu stellen", denn darin liegt gerade noch nicht die Stellung eines unbezifferten Antrages in der Leistungsstufe.
Rz. 81
Praxistipp:
Auch nach der vorherigen Erklärung der V...