Dr. iur. Wolfram Viefhues
1. Allgemeine Wahrheitspflicht aus § 138 ZPO
Rz. 159
Im Rahmen laufender Unterhaltsverfahren gilt für alle Beteiligten die prozessuale Wahrheitspflicht (§ 138 Abs. 1 ZPO). Ein Beteiligter, der einen Unterhaltsanspruch geltend macht, hat die zur Begründung des Anspruchs dienenden tatsächlichen Umstände wahrheitsgemäß anzugeben und darf nichts verschweigen, was die Unterhaltsbedürftigkeit in Frage stellen könnte.
Rz. 160
Ändern sich während des gerichtlichen Verfahrens die maßgeblichen Verhältnisse, müssen Umstände, die sich auf den geltend gemachten Anspruch auswirken können, auch ungefragt anzuzeigen.
Rz. 161
Jedoch trifft den Unterhaltspflichtigen auch unter dem Gesichtspunkt der prozessualen Wahrheitspflicht nur eine Offenbarungspflicht hinsichtlich der Umstände, die die Unterhaltsberechnung aktuell beeinflussen können. Dies ist bei bloßen unbestimmten Erwerbsaussichten nicht der Fall.
Rz. 162
In der Praxis relevant sind die folgenden Fälle:
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die Aufnahme oder Ausweitung einer Erwerbstätigkeit, |
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Verbesserung der Einkommenssituation, |
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der Wegfall unterhaltsbegründender Umstände, wie z.B. die Beendigung des Studiums bei einem unterhaltsberechtigten volljährigen Kind oder die Aufnahme einer Lehre, und |
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die Heirat. |
2. Gerichtliche Auflage nach § 235 FamFG
Rz. 163
Eine Pflicht zur unaufgeforderten Information kann sich im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens aus einer gerichtlichen Auflage zur Auskunft gem. § 235 FamFG ergeben. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht Antragsteller und Antragsgegner aufgeben, Auskunft über ihre Einkünfte, ihr Vermögen und ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu erteilen sowie über die Einkünfte bestimmte Belege vorzulegen, soweit dies für die Bemessung des Unterhalts von Bedeutung ist. Daran an schließt sich die Möglichkeit, gem. § 236 FamFG Auskünfte von Dritten einzuholen (siehe Rdn 139).
§ 235 Abs. 3 FamFG statuiert in diesen Fällen die Pflicht zur Mitteilung von Veränderungen. § 235 Abs. 3 FamFG kodifiziert für gerichtliche Verfahren, in denen eine solche Auskunftsanforderung des Gerichts ergangen ist, die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Pflicht zur ungefragten Information, wenn sich Umstände, die der begehrten Auskunft zugrunde liegen, wesentlich verändert haben.
Diese Pflicht gilt, solange das Verfahren anhängig ist, also ggf. auch noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz. Sie richtet sich an den Adressaten einer Auflage nach § 235 Abs. 1 FamFG und bezieht sich auf solche Umstände, die Gegenstand der Anordnung nach § 235 Abs. 1 FamFG sind. Auf diese Mitteilungspflicht hat das Familiengericht nach § 235 Abs. 1 Satz 3 FamFG hinzuweisen. Daneben gilt weiterhin die allgemeine Pflicht aus § 138 ZPO.