Dr. iur. Wolfram Viefhues
1. Mitteilungspflichten nach geschlossenem Vergleich
Rz. 164
Die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Belange des anderen Teils erhöht sich bei geschlossenen Unterhaltsvergleichen. Der Unterhaltsberechtigte ist im Hinblick auf seine vertragliche Treuepflicht gehalten, jederzeit und unaufgefordert dem anderen Teil Umstände zu offenbaren, die ersichtlich dessen Verpflichtungen aus dem Vertrag berühren. Eine Pflicht zur ungefragten Information besteht z.B., wenn vereinbart worden ist, der Bedürftige dürfe ein bestimmtes Einkommen anrechnungsfrei hinzuverdienen und sein tatsächlicher Verdienst überschreitet diese Grenze deutlich. Aber auch der Unterhaltspflichtige kann verpflichtet sein, eine gravierende Verbesserung seiner Leistungsfähigkeit mitzuteilen.
2. Mitteilungspflichten nach gerichtlichem Titel
Rz. 165
Dagegen besteht bislang keine ausdrückliche gesetzliche Verpflichtung zu ungefragten Informationen außerhalb dieses Anwendungsbereiches.
3. Mitteilungspflichten ohne Titel
Rz. 166
Aus § 242 BGB nach Treu und Glauben kann sich in anderen Fallgestaltungen eine solche Pflicht zur ungefragten Information ergeben. So z.B. dann, wenn das Schweigen des Bedürftigen als in hohem Maße sittenwidrig anzusehen ist, weil der Pflichtige aufgrund des vorangegangenen Verhaltens des Bedürftigen oder nach der Lebenserfahrung keine Veranlassung hatte, seinerseits eine Auskunft zu fordern. Jedoch kann ein eigenes unredliches Verhalten des Unterhaltsberechtigten das Maß des vom Unterhaltspflichtigen redlicherweise zu fordernden Verhaltens herabsetzen.
4. Rechtsfolgen einer Verletzung der Mitteilungspflichten
Rz. 167
Verletzt der Unterhaltsgläubiger eine Pflicht, den Unterhaltsschuldner unaufgefordert über eine Verbesserung seiner Verhältnisse zu unterrichten, kann diese Obliegenheitsverletzung zu einer Verwirkung des Unterhaltsanspruches führen, und zwar auch dann, wenn die trotz ausdrücklicher Nachfrage verschwiegenen Einkünfte verhältnismäßig gering waren und nur über einen begrenzten Zeitraum erzielt wurden.
Rz. 168
Zudem kann dem Unterhaltsschuldner in diesen Fällen ein Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB in Höhe des Betrages des überzahlten Unterhalts zustehen. Erkennt ein Unterhaltsschuldner, dass durch verbesserte Einkommensverhältnisse ein rechtskräftiger Unterhaltstitel unrichtig geworden ist, so besteht ein solcher Schadensersatzanspruch, wenn der Unterhaltsschuldner die Verbesserung der Einkommensverhältnisse verschweigt und darin eine vorsätzliche, in besonderem Maße unredliche (sittenwidrige) Ausnützung dieser Situation zu bejahen ist.
Rz. 169
Verschweigt ein Ehegatte im laufenden Verfahren gestiegene Arbeitseinkünfte, liegt unrichtiger Sachvortrag vor und führt zu einem versuchten Prozessbetrug. In diesem Fall können Unterhaltsansprüche dieses Ehegatten gänzlich versagt werden.