Rz. 22

 

BGH, Beschl. v. 19.6.2013 – XII ZB 309/11 Rn 26 = BeckRS 2013, 11682

Im Ausgangspunkt zutreffend ist allerdings die Ansicht des Beschwerdegerichts, dass es unter den obwaltenden Umständen die lange Ehedauer von rund zwanzig Jahren nicht allein rechtfertigt, aus Billigkeitsgründen von einer Begrenzung des Unterhalts abzusehen.

Die bloße Ehedauer ist kaum geeignet, nacheheliche Solidarität einzufordern.

 

BGH, Urt. v. 20.3.2013 – XII ZR 72/11 Rn 35 = BeckRS 2013, 06777

Weiterhin rechtfertigt eine lange Ehedauer für sich genommen insbesondere dann keinen fortdauernden Unterhalt nach den – die eigene Lebensstellung übersteigenden – ehelichen Lebensverhältnissen, wenn beide Ehegatten während der Ehe vollschichtig berufstätig waren und die Einkommensdifferenz lediglich auf ein unterschiedliches Qualifikationsniveau zurückzuführen ist, das bereits zu Beginn der Ehe vorlag (vgl. Senatsurteil vom 6.10.2010 – XII ZR 202/08, FamRZ 2010, 1971 Rn 21).

Eine 33-jährige Hausfrauenehe hat zwar erhebliches Gewicht bei der Billigkeitsabwägung; aber eine solche Ehedauer steht einer Herabsetzung oder Befristung nicht zwingend entgegen.

 

BGH, Beschl. v. 20.3.2013 – XII ZB 72/11 Rn 37 = BeckRS 2013, 06777

Im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 1578b BGB wird der Ehedauer (Anm.: 33 Jahre) im vorliegenden Fall ein erhebliches Gewicht beizumessen sein, weil sich die Beklagte während der mehr als dreiunddreißig Jahre währenden Ehezeit nach Lage der Dinge allein um die Führung des Haushalts und um die Betreuung der beiden Kinder gekümmert haben dürfte.

Andererseits folgt selbst aus dem Umstand, dass eine Hausfrauenehe von (sehr) langer Dauer geführt worden ist, noch nicht zwangsläufig, dass die mit einer Herabsetzung oder Befristung verbundene Absenkung des Lebensniveaus des Unterhaltsberechtigten stets unterbleiben müsste.

Vielmehr sind im Rahmen der Billigkeitsabwägung auch alle weiteren Umstände des konkreten Einzelfalles zu berücksichtigen. Insbesondere hat der Tatrichter zu ermitteln, wie dringend der Unterhaltsberechtigte neben seinen eigenen Einkünften auf die Zahlung von Unterhalt angewiesen ist und in welchem Maße der Unterhaltspflichtige – auch unter Berücksichtigung weiterer, gegebenenfalls nachrangiger Unterhaltspflichten – durch diese Unterhaltszahlungen belastet wird (Senatsurteil vom 2.3.2011 – XII ZR 44/09, FamRZ 2011, 713 Rn 24); dabei wird insbesondere die Belastung des Unterhaltsschuldners durch die Unterhaltspflicht gegenüber einem neuen Ehegatten mit zunehmender Dauer der Zweitehe an Gewicht gewinnen.

Nach § 1578b Abs. 1 Satz 2 BGB ist seit 1.3.2013 das Tatbestandsmerkmal der Ehedauer als weiterer konkret benannter Billigkeitsmaßstab neben das Bestehen ehebedingter Nachteile getreten, doch hat sich dadurch § 1578b Abs. 1 Satz 2 BGB inhaltlich nicht geändert.

 

BGH, Beschl. v. 20.3.2013 – XII ZB 72/11 Rn 35 = BeckRS 2013, 06777

Aus der Begründung des Gesetzes ergibt sich demgegenüber nicht, dass dem Begriff der "Dauer der Ehe" durch die Aufnahme als selbstständiges Billigkeitskriterium in § 1578b Abs. 1 Satz 2 BGB ein anderer Inhalt hätte verliehen werden sollen und der Gesetzgeber den Begriff der Ehedauer abweichend von der – in der Gesetzesbegründung ausdrücklich in Bezug genommenen – Senatsrechtsprechung zur Berücksichtigung der Ehedauer im Rahmen der nachehelichen Solidarität interpretieren wollte (ebenso Borth, FamRZ 2013, 165, 167).

Es bleibt daher dabei, dass die Ehedauer ihren wesentlichen Stellenwert bei der Bestimmung des Maßes der gebotenen nachehelichen Solidarität aus der Wechselwirkung mit der in der Ehe einvernehmlich praktizierten Rollenverteilung und der darauf beruhenden Verflechtung der wirtschaftlichen Verhältnisse gewinnt (vgl. auch Born, NJW 2013, 561, 562).

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