Rz. 105
Der angemessene Bedarf bestimmt sich danach, was die F heute hätte, wenn sie nicht geheiratet hätte.
D.h.: F soll nur noch so viel Unterhalt erhalten, dass der Unterhalt zusammen mit etwaigem Eigeneinkommen nur noch den angemessenen Bedarf – nicht mehr den eheangemessenen Bedarf – deckt.
Stünde F noch im Erwerbsleben, wäre schlicht zu fragen, was F heute bei hinweggedachter Ehe (und Kindererziehung) verdienen würde (hypothetisches Erwerbseinkommen).
F ist jedoch bereits im Rentenalter.
Die Ermittlung des hypothetischen Renteneinkommens ist schwieriger.
Zum angemessenen Bedarf beim Altersunterhalt gilt grds:
Wie stünde die Unterhaltsberechtigte ohne Ehe und Kindererziehung?
BGH, Urt. v. 4.8.2010 – XII ZR 7/09
Auch im Rahmen des Altersunterhalts bestimmt sich der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578b BGB regelmäßig die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte.
Dabei ist auf die konkrete Lebenssituation des Unterhaltsberechtigten abzustellen. Aus dem Begriff der Angemessenheit folgt aber zugleich, dass der nach § 1578b BGB herabgesetzte Unterhaltsbedarf jedenfalls das Existenzminimum des Unterhaltsberechtigten erreichen muss (im Anschluss an Urt. v. 17.2.2010 – XII ZR 140/08, FamRZ 2010, 629).
aa) Versorgungsnachteile in der Ehezeit
Rz. 106
Hinweis
Beim Altersunterhalt kommt es zu Besonderheiten. Denn für die Ehezeit erfolgt der Ausgleich grundsätzlich durch den Versorgungsausgleich.
Es darf also nicht schlicht danach gefragt werden, welche Rente die Unterhaltsberechtigte heute hätte, wenn sie nicht geheiratet hätte. Eine Ausnahme gilt dann, wenn der Versorgungsausgleich einen Nachteil nicht erfasst.
BGH, Beschl. v. 14.5.2014 – XII ZB 301/12 Rn 31
Ebenfalls zutreffend ist die Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts, dass – von hier nicht gegebenen Ausnahmefällen (vgl. etwa Senatsurteile vom 26.6.2013 – XII ZR 133/11, FamRZ 2013, 1366 Rn 78 ff.; vom 2.3.2011 – XII ZR 44/09, FamRZ 2011, 713 Rn 20 und vom 4.8.2010 – XII ZR 7/09, FamRZ 2010, 1633 Rn 25) abgesehen – ehebedingte Nachteile im Sinne von § 1578b Abs. 1 Satz 2 BGB regelmäßig nicht mit den durch die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe verursachten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden können, wenn (wie hier) für diese Zeit ein vollständiger Versorgungsausgleich stattgefunden hat. Durch diesen werden die Interessen des Unterhaltsberechtigten ausreichend gewahrt. Nachteile in der Versorgungsbilanz sind dann in gleichem Umfang von beiden Ehegatten zu tragen und somit vollständig ausgeglichen (st. Rspr. des Senats, vgl. etwa Beschlüsse vom 26.2.2014 – XII ZB 235/12, FamRZ 2014, 823 Rn 17 und vom 19.6.2013 – XII ZB 309/11, FamRZ 2013, 1291 Rn 22).
bb) Versorgungsnachteile nach der Ehezeit
Rz. 107
Hinweis
Achtung: In der Zeit nach der Ehe können sich ehebedingte Nachteile in der Altersversorgung ergeben.
BGH, Beschl. v. 7.11.2012 – XII ZB 229/11 Rn 51
Dem Unterhaltsberechtigten können Nachteile dadurch entstehen, dass er nach Zustellung des Scheidungsantrags und damit in einer nicht mehr vom Versorgungsausgleich umfassten Zeit ehebedingt ein geringeres Erwerbseinkommen erzielt und demgemäß auch geringere Rentenanwartschaften erwirbt. Sofern dem Unterhaltsberechtigten lediglich die ehebedingte Einkommensdifferenz als Unterhalt zugesprochen wird, setzt sich der ehebedingte Nachteil mit Renteneintritt in Form der geringeren Rentenanwartschaften fort. Durch die Bewilligung von Altersvorsorgeunterhalt i.S.v. § 1578 Abs. 3 BGB bezogen auf die ehebedingte Einkommensdifferenz kann dieser Nachteil ausgeglichen werden (vgl. auch Urt. v. 7.3.2012 – XII ZR 145/09, FamRZ 2012, 951 Rn 29 ff.).
BGH, Urt. v. 29.6.2011 – XII ZR 157/09
Hat der Unterhaltsberechtigte das Rentenalter erreicht, kommt es darauf an, ob die erzielten Alterseinkünfte aus seiner früheren, nachehelich ausgeübten oder ihm zumutbaren Erwerbstätigkeit hinter demjenigen zurückbleiben, was er ohne die ehebedingte Einschränkung seiner Berufstätigkeit an Alterseinkommen hätte erwerben können.
In Betracht kommen daher nur die nach der Ehezeit entstandenen ehebedingten Versorgungsnachteile.
Ein ehebedingter Nachteil ist nicht darin zu erblicken, dass die Ehefrau während der Ehezeit nicht erwerbstätig war, was zu einer geringeren Altersrente führen kann. Denn insoweit greift der zwischen den Parteien durchgeführte Versorgungsausgleich.
Hinweis
Grundsatz ist also: Relevant sind nur nachehelich, aber doch ehebedingt eingetretene Versorgungsnachteile.
Im Fallbeispiel hatte die F nach der Ehe geringere Einkünfte als sie sie ohne Ehe gehabt hätte, was für diese nacheheliche Zeit gemäß Fallangabe zu einem Versorgungsnachteil von 200 EUR führte.
Der angemessene Bedarf der F beträgt also 1.200 EUR (1.000 EUR tatsächliche Rente + 200 EUR zusätzliche Rente, die sie in der Zeit nach der Ehe aufgebaut hätte, wenn sie nicht ehebedingt weniger verdient hätte).
Zur Deckung des angemessenen Bedarfs der F ist also – F hat...