aa) Versorgungsnachteile aus der Ehezeit
Rz. 71
Dass F während der Ehe unter Umständen weniger verdient hat und deshalb geringere Rentenanwartschaften aufgebaut hat, begründet keinen ehebedingten Nachteil i.S.v. § 1578b BGB. Denn diese Einbußen werden grds. (nur) durch den Versorgungsausgleich kompensiert.
BGH, Beschl. v. 4.7.2018 – XII ZB 122/17 Rn 8
Der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge ist vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden. Ehebedingte Nachteile im Sinne des § 1578b Abs. 1 Satz 2 BGB können also nicht mit den durch die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe verursachten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden, wenn für diese Zeit ein Versorgungsausgleich stattgefunden hat. Nachteile in der Versorgungsbilanz sind dann in gleichem Umfang von beiden Ehegatten zu tragen und somit vollständig ausgeglichen (Senatsurteil vom 7.3.2012 – XII ZR 179/09, FamRZ 2012, 772 Rn 24 m.w.N.).
BGH, Beschl. v. 26.2.2014 – XII ZB 235/12 Rn 17
Ein fortwirkender ehebedingter Nachteil kann zwar auch darin liegen, dass ein Unterhaltsberechtigter aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe keine ausreichende Altersvorsorge treffen konnte und seine Rentenanwartschaften infolgedessen geringer sind, als sie es gewesen wären, wenn er seine frühere Erwerbstätigkeit bis zum Eintritt des Versorgungsfalls fortgesetzt hätte.
Der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge ist allerdings vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten – von hier nicht vorliegenden Ausnahmefällen abgesehen – ausreichend gewahrt werden.
Eine Ausnahme besteht dann, wenn der Versorgungsausgleich den Nachteil nicht kompensiert:
BGH, Beschl. v. 16.10.2019 – XII ZB 341/17 Rn 42
Das Oberlandesgericht ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde zutreffend davon ausgegangen, dass der Antragsgegnerin durch die Pflege und Erziehung der gemeinsamen Töchter und die Gestaltung der Haushaltsführung während der Ehe ein Nachteil erwachsen ist.
Denn die Antragsgegnerin wäre ohne die Ehe länger einer Erwerbstätigkeit nachgegangen und hätte damit auch früher die Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente nach § 43 Abs. 2 SGB VI erfüllt.
Dass nicht genau festgestellt werden kann, wie lange sie ihren Beruf als Verkäuferin krankheitsbedingt noch hätte ausüben können, lässt diesen Nachteil – der über die durch den Versorgungsausgleich ausgeglichenen Rentenanwartschaften hinausgeht – entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht vollständig entfallen (vgl. dazu Senatsurteil vom 17.2.2010 – XII ZR 140/08, FamRZ 2010, 629 Rn 24 m.w.N.). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Mutmaßungen der Rechtsbeschwerde, in welchem Umfang die Antragsgegnerin bis zur Erkrankung nach ihrem Versicherungsverlauf noch Entgeltpunkte in der gesetzlichen Rentenversicherung hätte erwerben können.
bb) Versorgungsnachteile nach der Ehezeit
Rz. 72
Der Elementarunterhalt enthält keine Altersvorsorge. Ein ehebedingter Nachteil, der nicht durch den Versorgungsausgleich eliminiert wird, kann darin bestehen, dass F nach Zustellung des Scheidungsantrags – und damit außerhalb der Zeit, die vom Versorgungsausgleich erfasst ist – weniger verdient und damit geringere Rentenanwartschaften aufbaut.
BGH, Beschl. v. 25.9.2019 – XII ZB 25/19 Rn 58
Soweit die Rechtsbeschwerde geltend macht, das Oberlandesgericht habe die Kompensation durch den Versorgungsausgleich nicht in die Abwägung einbezogen, zeigt das keinen Rechtsfehler auf. Denn der Versorgungsausgleich ist nicht geeignet, den aus dem ehebedingt verminderten Erwerbseinkommen folgenden Nachteil der Antragsgegnerin (Anm.: von der Zustellung des Scheidungsantrags an) bis zu ihrem Eintritt in den Ruhestand auszugleichen.
BGH, Beschl. v. 26.2.2014 – XII ZB 235/12 Rn 18
Der ehebedingte Nachteil geringerer Versorgungsanwartschaften setzt sich zwar fort, wenn ein Ehegatte auch nach der Ehezeit noch aufgrund der gewählten Rollenverteilung, insbesondere wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder, gehindert ist, ausreichende Rentenanwartschaften durch eigene Erwerbstätigkeit aufzubauen.
Im Fallbeispiel heißt dies:
Hätte F nicht geheiratet, würde sie heute aus einem Bruttoeinkommen, das einem Nettoeinkommen von 1.400 EUR entspricht, Rentenanwartschaften aufbauen (2018: 18,6 %).
Tatsächlich hat F aber nur ein geringeres Bruttoeinkommen, nämlich das, das zu ihrem Nettoeinkommen von 1.100 EUR führt.
Dies stellt auf den ersten Blick einen ehebedingten Nachteil dar, der einer Herabsetzung entgegenstehen könnte.
Ein solcher Nachteil besteht aber nicht, wenn dieser Versorgungsnachteil durch einen Altersvorsorgeunterhalt beseitigt werden kann.
BGH, Beschl. v. 22.9.2021 – XII ZB 544/20 Rn 23
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist der Altersvorsorgeunterhalt gemäß § 1578 Abs. 3 BGB ein zweckgebundener, in der Entscheidung besonders auszuweisender Bestandteil des nachehelichen Unterhalts, den der Berechtigte für eine entsprechende Versicherung zu verwenden hat. Im Fall einer zweckwidrig...