Dr. iur. Olaf Schermann, Walter Krug
Rz. 351
Da der Nachlassgläubiger letztlich eine Vollstreckung in das Gesamthandsvermögen "Nachlass" beabsichtigt, ist die Klage gegen alle Gesamthänder, also alle Miterben, zu richten (Gesamthandsklage, § 747 ZPO). Haben einzelne Miterben ihre Zustimmung dazu erteilt, dass die Forderung des Nachlassgläubigers aus dem Nachlass erfüllt wird, so würde einer Klage auch gegen diese Miterben das Rechtsschutzbedürfnis fehlen; es brauchen also nur die "unwilligen" Miterben verklagt zu werden.
Rz. 352
Wird die Übereignung eines Nachlassgegenstands (bspw. eines Grundstücks) geschuldet, so führt nur die Gesamthandsklage zum Ziel, weil nur alle Erben als gemeinsam Verfügungsberechtigte nach § 2040 BGB den Anspruch auch erfüllen können. Sind einzelne Miterben bereit, die entsprechenden Rechtshandlungen (bspw. Auflassungserklärung) vorzunehmen, so brauchen sie nicht verklagt zu werden, weil auch insoweit das Rechtsschutzbedürfnis fehlen würde.
Rz. 353
Formulierungsbeispiel: Klageantrag betreffend Auflassung
Die Beklagten werden zur Auflassung, gerichtet auf die Übertragung des Eigentums an dem Grundstück (...) auf den Kläger, verurteilt und weiter, die Umschreibung des Eigentums an dem bezeichneten Grundstück auf ihn im Grundbuch zu bewilligen.
Rz. 354
Für die einzelnen Klaganträge ist zu differenzieren nach der Art der geschuldeten Leistung:
▪ |
Bei Geldschulden, die sich gegen den Nachlass richten, ist eine Verurteilung zur Duldung der Zwangsvollstreckung in den Nachlass herbeizuführen, weil Haftungsobjekt lediglich der Nachlass ist und nicht auch das Eigenvermögen des jeweiligen Miterben. Würde nämlich nur auf Zahlung tituliert, so könnte der Gerichtsvollzieher bzw. der Vollstreckungsrechtspfleger nicht differenzieren, ob die Zahlung aus dem Nachlass oder dem Eigenvermögen des Erben zu erbringen wäre. Demnach wäre folgender Antrag zu stellen: Formulierungsbeispiel: Klageantrag auf Duldung der ZwangsvollstreckungDie Beklagten werden verurteilt, wegen der Klagforderung die Zwangsvollstreckung in den Nachlass des am (...) verstorbenen (...) zu dulden. |
▪ |
Dingliche Ansprüche auf Herausgabe können nur alle Erben gemeinschaftlich erfüllen, deshalb muss in diesem Fall eine Gesamthandsklage (§ 2059 Abs. 2 BGB) erhoben werden. Formulierungsbeispiel: Klageantrag auf HerausgabeDie Beklagten werden verurteilt, den Gegenstand (...) an den Kläger herauszugeben. |
▪ |
Bei geschuldeten Willenserklärungen (bspw. Einigung zur Bestellung eines dinglichen Rechts bzw. zur Auflassung) sind sämtliche Erben als Gesamthänder zu verklagen (Gesamthandsklage), weil nur sie gemeinschaftlich über den betreffenden Nachlassgegenstand nach § 2040 Abs. 1 BGB verfügen können. Formulierungsbeispiel: Klageantrag auf ÜbereignungDie Beklagten werden verurteilt, an den Kläger den Gegenstand (...) zu übereignen und zu übergeben. |
Rz. 355
Wie bereits oben ausgeführt, braucht die Klage gegenüber solchen Miterben, die ihre Zustimmung zur Erfüllung der entsprechenden Verbindlichkeit aus dem Nachlass bereits erteilt haben, nicht erhoben zu werden, weil insofern das Rechtsschutzbedürfnis fehlt.
Rz. 356
In der Praxis ist häufig nicht ganz eindeutig, ob einzelne Miterben letztlich bei den Erfüllungshandlungen mitwirken werden oder nicht. Deshalb empfiehlt es sich, vor Klageerhebung von allen Miterben die entsprechenden Handlungen bzw. Willenserklärungen in der entsprechenden Form (bspw. bei der Auflassung nach § 925 BGB) anzufordern und dann all diejenigen Miterben zu verklagen, die dieser Aufforderung nicht nachgekommen sind. Geht man so vor, vermeidet man weitgehend die Problematik der Kostentragungspflicht bei sofortigem Anerkenntnis nach § 93 ZPO.