Dr. iur. Olaf Schermann, Walter Krug
Rz. 376
Die Minderjährigenhaftung regelt das Gesetz mit zwei Möglichkeiten für den volljährig gewordenen Minderjährigen:
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Möglichkeit der Haftungsbeschränkung (vgl. Rdn 377) |
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Möglichkeit der Sonderkündigung (vgl. Rdn 380). |
a) Haftungsbeschränkung – § 1629a Abs. 1 BGB
Rz. 377
Nach § 1629a Abs. 1 BGB hat das volljährig gewordene Kind die Möglichkeit, die Haftung für Verbindlichkeiten, die seine Eltern (oder sonstige vertretungsberechtigte Personen, wie bspw. Mitgesellschafter, Prokuristen und Testamentsvollstrecker) ihm gegenüber bei Ausübung der Vertretungsmacht begründet haben, und für Verbindlichkeiten, die durch einen in der Zeit der Minderjährigkeit eingetretenen Erwerb von Todes wegen begründet wurden, auf den Bestand desjenigen Vermögens zu beschränken, das im Zeitpunkt des Eintritts der Volljährigkeit vorhanden ist.
Die Haftungsbeschränkung erfolgt in entsprechender Anwendung der §§ 1990, 1991 BGB (wohl als Rechtsfolgenverweisung) auf das bei Eintritt der Volljährigkeit vorhandene Vermögen, § 1629a Abs. 1 BGB.
§ 1629a BGB erfasst grundsätzlich alle Verbindlichkeiten des Minderjährigen.
Rz. 378
Bei einer Mitgliedschaft des Minderjährigen in einer Gesellschaft unterscheidet § 1629a Abs. 1 S. 1 BGB nicht danach, ob der Minderjährige die Mitgliedschaft in der Gesellschaft von Todes wegen erworben hat, die Eltern den Gesellschaftsvertrag selbst im Namen des Kindes abgeschlossen haben oder das Kind selbst mit Zustimmung der Eltern den Beitritt zu einer Gesellschaft erklärt hat.
Die Haftungsbeschränkung gilt auch dann, wenn die Eltern bereits Gesellschafter sind und zum Abschluss des Gesellschaftsvertrags im Hinblick auf § 181 BGB ein Ergänzungspfleger bestellt werden musste (§§ 1909, 1793 Abs. 2 BGB).
Rz. 379
Die Haftungsbeschränkungsmöglichkeit wirkt bei Gesellschaftsverhältnissen in zweifacher Richtung:
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Im Innenverhältnis der Gesellschafter wirkt sie sich auf alle Ansprüche aus, die der Gesellschaft bzw. den Gesellschaftern in ihrer gesamthänderischen Bindung gegen den minderjährigen Gesellschafter zustehen. In der Personengesellschaft betrifft dies vor allem die Ansprüche auf Beitragsleistung. |
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Im Außenverhältnis besteht unter bestimmten Voraussetzungen eine Haftungsbeschränkung gegenüber Gläubigern auf das bei Eintritt der Volljährigkeit vorhandene Vermögen des Minderjährigen. |
b) Das Sonderkündigungsrecht des volljährig Gewordenen – die Idee des "Neustarts bei null"
Rz. 380
Ist der Minderjährige Mitglied einer Erbengemeinschaft, Inhaber eines Handelsgeschäfts oder unbeschränkt haftender Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft, OHG oder KG, so wird die Anordnung der Haftungsbeschränkung nach § 1629a Abs. 1 BGB um das in § 723 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 BGB ausdrücklich niedergelegte Recht ergänzt, die Position im Geschäftsleben mit Eintritt der Volljährigkeit endgültig aufzugeben, um auf diese Weise eine vollständige Haftungsentledigung zu erreichen. In § 723 BGB ist die Vollendung des 18. Lebensjahres als wichtiger Grund zur Kündigung der BGB-Gesellschaft festgelegt worden, wobei diese Kündigung innerhalb von drei Monaten erklärt werden muss, § 723 Abs. 1 S. 4 BGB. Über die Verweisungsnormen §§ 105 Abs. 2, 161 Abs. 2 HGB gilt dies auch für OHG und KG. Zumindest ist ein wichtiger Grund i.S.v. § 133 HGB anzunehmen.