Dr. iur. Olaf Schermann, Walter Krug
Rz. 62
Nach § 528 BGB kann der Schenker, soweit er nach der Vollziehung der Schenkung außerstande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten oder die ihm seinen Verwandten oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht zu erfüllen, von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenks nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Fraglich, ob dieser Herausgabeanspruch übertragbar und damit auch vererblich ist.
Rz. 63
Zwei Urteilen des BGH vom 25.4.2001 lag folgender Fall zugrunde: Ein Witwer hatte Anfang der 90er Jahre nach dem Tod seiner Frau seinen beiden Töchtern je 17.000 DM geschenkt. Ende 1992 wurde er pflegebedürftig und im Altenkrankenhaus der Klägerin gepflegt, ohne die Kosten dafür zahlen zu können. Der Sozialhilfeträger lehnte – unter anderem unter Hinweis auf die Schenkung an die Töchter – eine Übernahme der Pflegekosten ab. Nach dem Tod des Schenkers im April 1994 schlugen die Töchter das Erbe aus. Der für die unbekannten – anstelle der Töchter berufenen – Erben bestellte Nachlasspfleger trat den Anspruch des Schenkers nach § 528 BGB an die Klägerin ab. Die Klägerin hat (entsprechend ihren jeweiligen Wohnsitzen) die eine Tochter vor dem Landgericht Duisburg, die andere vor dem Landgericht Düsseldorf jeweils auf Zahlung von 17.000 DM in Anspruch genommen. Beide Landgerichte haben die Beklagten verurteilt. Der mit der Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Duisburg befasste 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat die Berufung zurückgewiesen. Dagegen hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die Berufung der anderen Tochter das Urteil des Landgerichts Düsseldorf abgeändert und die Klage abgewiesen.
Der BGH hat im erstgenannten Fall die Verurteilung der Beklagten zur Rückzahlung bestätigt und im zweiten Fall das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf aufgehoben und die Sache zu erneuter Verhandlung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Rz. 64
Er hat sich dabei im Wesentlichen auf die Erwägung gestützt, dass das Gesetz es grundsätzlich der Entscheidung des bedürftigen Schenkers überlässt, ob er den Rückforderungsanspruch geltend machen will oder nicht. Der Schenker kann sich mit einem geringeren Maß an Unterhalt begnügen, wenn er sich scheut, das einmal gemachte Geschenk zurückzufordern. Das Rückforderungsrecht ist insofern an die Person des Schenkers gebunden. Der Geltendmachung des Anspruchs durch den Schenker hat der BGH jedoch den Fall gleichgestellt, dass der Schenker durch die Inanspruchnahme unterhaltssichernder Leistungen Dritter zu erkennen gibt, dass er ohne die Rückforderung des Geschenks nicht in der Lage ist, seinen notwendigen Unterhalt zu bestreiten. Konnte der Schenker sich nicht mit dem begnügen, was ihm für seinen Unterhalt noch zur Verfügung stand, sondern war wegen seiner Pflegebedürftigkeit darauf angewiesen, Leistungen Dritter in Anspruch zu nehmen, zu deren Bezahlung er ohne Rückforderung des Geschenks nicht in der Lage war, geht deshalb der entstandene Rückforderungsanspruch auch mit dem Tod des Schenkers nicht unter. Er kann von dem Erben abgetreten werden, um den Zahlungsanspruch des Heim- oder Krankenhausträgers zu erfüllen, der durch die Pflege den Unterhaltsbedarf des bedürftigen Schenkers sichergestellt hat.
Rz. 65
Der Anspruch des Schenkers aus § 528 Abs. 1 S. 1 BGB und dessen Abtretbarkeit:
Nach bereits vollzogener Schenkung gewährt § 528 Abs. 1 S. 1 BGB dem Schenker einen Rückforderungsanspruch gegen den Beschenkten. Das Gesetz regelt damit einen Fall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Dem Schenker soll es ermöglicht werden, seinen eigenen notwendigen Unterhalt und seine gesetzlichen Unterhaltspflichten selbst zu bestreiten. Eine Inanspruchnahme der Allgemeinheit soll damit vermieden werden. Der Anspruch selbst ist nicht höchstpersönlicher Art, wohl aber seine Geltendmachung. Es liegt grundsätzlich in der freien Entscheidung des Schenkers, ob er in den Bestand der vollzogenen Schenkung eingreifen will oder aber es bei dem erfüllten Schenkungsversprechen zu belassen. Im vorliegenden Fall hat private Hilfe (des Altenheimträgers) den Unterhalt des Schenkers sichergestellt. Wenn der Schenker aber über seine finanziellen Verhältnisse hinaus Leistungen Dritter beansprucht, ist seine Entscheidung über die Rückforderung des Geschenks vorgezeichnet. Durch eine solche Inanspruchnahme der Leistungen Dritter zeigt der Schenker nach Meinung des BGH seinen Rückforderungswillen, andernfalls läge ein widersprüchliches Verhalten vor.
Die Vermögenserschöpfung muss innerhalb der zehnjährigen Frist des § 529 Abs. 1 BGB eingetreten sein.
Rz. 66
Die Einrede eigener Bedürftigkeit des Beschenkten gegen den Rückforderungsanspruch wegen Notbedarfs:
Zitat
"1. Für die Berechtigung der Einrede nach § 529 Abs. 2 BGB ist es grundsätzlich unerheblich, wann und wodurch die eigene Bedürftigkeit des Beschenkten bzw. seines Erben entstanden ist."
2. Die Berufung auf die eigene Be...