Dr. iur. Olaf Schermann, Walter Krug
a) Gesamtschuld
aa) Grundsatz: Unbeschränkte Haftung
Rz. 327
Die Erben haften für Nachlassverbindlichkeiten kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung als Gesamtschuldner, § 2058 BGB, ohne dass das Gesetz an dieser Stelle eine Haftungsbeschränkung vorsähe. Allerdings gilt auch hier: Die Miterben haften vorläufig unbeschränkt, aber beschränkbar. Soweit Nachlasserbenschulden aus Verwaltungshandeln nach dem Erbfall begründet wurden, haften sie endgültig mit dem Nachlass und mit dem jeweiligen Eigenvermögen als Gesamtschuldner, mit Letzterem nach § 427 BGB.
bb) Die zwei Erscheinungsformen des Nachlasses
Rz. 328
Allerdings differenziert das Gesetz in Bezug auf den Nachlass nach zwei verschiedenen Erscheinungsformen des Nachlasses:
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Der Nachlass als Sach- und Rechtsgesamtheit als eine Form des Nachlasses. |
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Der Nachlass als Erbteile in den jeweiligen Eigenvermögen der Miterben. |
Der Erbteil ist ein besonderes, vom Nachlass selbst zu unterscheidendes Recht. Der Miterbe kann es nach § 2033 Abs. 1 BGB veräußern. Mit dem Erbfall hat sich die Erscheinungsform des Vermögens des Erblassers gewissermaßen verdoppelt: Es erscheint einmal als der gesamthänderisch gebundene Nachlass, bestehend aus den einzelnen zum Nachlass gehörenden Sachen und Rechten, und zum anderen bei jedem einzelnen Miterben als der Anteil an diesem noch ungeteilten Nachlass. Die zweite Erscheinungsform, der Erbteil, gehört zum Eigenvermögen des Miterben.
§ 2059 Abs. 1 S. 1 BGB lässt die Haftung eines Gegenstandes des Eigenvermögens des Erben bestehen: die Haftung des Erbteils.
cc) Gesamtschuldnerausgleich
Rz. 329
Der als Gesamtschuldner in Anspruch genommene Miterbe kann Ausgleich von den übrigen Miterben verlangen im Verhältnis der Erbquoten (§ 426 BGB) und unter Berücksichtigung der Ausgleichungsverhältnisse der §§ 2050 ff. BGB wegen lebzeitiger Vorempfänge.
b) Gesamthandsschuld
Rz. 330
Obwohl das Gesetz expressis nicht von Gesamthandsschuld spricht, wird neben der gesamtschuldnerischen Haftung der Miterben von der weitaus h.M. eine Haftung als Gesamthandsschuldner angenommen, gestützt auf § 2059 Abs. 2 BGB, der auf die Haftung mit dem Nachlass – einer Gesamthand – hinweist. Letztlich kann diese Ansicht aber auch auf das Zwangsvollstreckungsrecht gestützt werden, denn nach § 747 ZPO ist eine Zwangsvollstreckung in den Nachlass nur zulässig, wenn ein Titel gegen sämtlich Erben vorliegt.