Dr. iur. Olaf Schermann, Walter Krug
a) Die Dreimonatseinrede
Rz. 245
Auch nach Annahme der Erbschaft steht dem Erben die Einrede zu, die Erfüllung einer Nachlassverbindlichkeit innerhalb der ersten drei Monate nach Erbschaftsannahme zu verweigern (§ 2014 BGB). Das Gesetz gewährt dem Erben eine Schonfrist, damit er sich einen Überblick über den Nachlass verschaffen kann. Die Frist beginnt mit der Annahme der Erbschaft, also spätestens nach Ablauf der Ausschlagungsfrist.
Ergänzt wird § 2014 BGB durch § 305 Abs. 1 ZPO: Im Prozess führt die Geltendmachung der Einrede zur Aufnahme des Vorbehalts der beschränkten Erbenhaftung in das Urteil.
Für die Zwangsvollstreckung gilt § 782 ZPO: Aufgrund des Vorbehalts ist eine etwaige Zwangsvollstreckung auf reine Sicherungsmaßnahmen (Pfändung ohne Verwertung, wie beim Arrest nach §§ 930–932 ZPO) zu beschränken. Durchgesetzt wird der Vorbehalt mit der Vollstreckungsgegenklage, § 767 ZPO.
b) Die Aufgebotseinrede
Rz. 246
Das Gesetz gewährt dem Erben nach der Erbschaftsannahme eine weitere Schonungseinrede (§ 2015 BGB): Während des laufenden Aufgebotsverfahrens der Nachlassgläubiger kann der Erbe ebenfalls die Erfüllung einer Nachlassverbindlichkeit einredeweise verweigern. Auch hier soll dem Erben Gelegenheit gegeben werden, sich Klarheit über die Nachlassverbindlichkeiten und den Nachlassumfang zu verschaffen. Allerdings muss das Aufgebotsverfahren innerhalb eines Jahres seit Erbschaftsannahme beantragt worden sein.
Vom Gläubigeraufgebot werden zwar weder die Pflichtteilsgläubiger noch die Vermächtnisnehmer betroffen (§ 1972 BGB), aber es geht in erster Linie darum, dass insolvenzrechtlich bevorrechtigte Forderungen bekannt werden, ehe die nachrangigen Pflichtteils- und Vermächtnisforderungen erfüllt werden (§ 1973 Abs. 1 S. 2 BGB). Damit ist es nicht nur im Interesse der Erben, sondern auch der (bevorrechtigten) Gläubiger, dass erst nach Abschluss des Gläubigeraufgebots entschieden werden kann, ob eine Nachlassforderung zu erfüllen ist oder nicht.
Folge der Erhebung der Einrede im Prozess ist ein Vorbehaltsurteil gem. § 305 ZPO. Der Vorbehalt gewährt in gleicher Weise wie bei § 2014 BGB lediglich die Sicherung der Klageforderung, nicht aber deren Erfüllung (§§ 782, 930 ZPO, also Pfändung, aber nicht Überweisung).
c) Vorbehalt gem. § 780 ZPO
Rz. 247
Wenn der Erbe seine Möglichkeit der Beschränkung der Haftung auf den Nachlass wahrnehmen will, muss er ebenfalls die Aufnahme eines Vorbehalts in das Urteil nach § 780 ZPO beantragen.