Dr. iur. Olaf Schermann, Walter Krug
I. Grundsätzliches
Rz. 386
Sobald die Teilung des Nachlasses ausgeführt ist, sind Eigenvermögen des jeweiligen Miterben einerseits und Nachlass andererseits keine getrennten Vermögensmassen mehr, vielmehr haben sich das Eigenvermögen und die Vermögensgegenstände, die der Erbe bei der Nachlassteilung erhalten hat, miteinander vermischt. Damit ist die Rechtsposition des Nachlassgläubigers wieder unsicherer geworden. Nach der Nachlassteilung ist die haftungsrechtliche Situation wieder vergleichbar mit der des Alleinerben, wobei nun allerdings mehrere Eigenvermögen der Miterben dem Nachlassgläubiger zur Verfügung stehen.
Rz. 387
Nach der Teilung gibt es weder eine gesamthänderische Haftung mit dem Nachlass nach § 2059 Abs. 2 BGB noch eine beschränkte Haftung des Miterben mit seinem Erbteil nach § 2059 Abs. 1 S. 1 BGB.
Weil der Nachlass nicht mehr als Gesamthandsvermögen existiert, ist auch die Möglichkeit einer Gesamthandsklage in den ungeteilten Nachlass entfallen (§ 2059 Abs. 2 BGB, und damit auch in jeden Erbteil des einzelnen, § 747 ZPO). Da die sich aus § 2059 BGB ergebenden Haftungsbeschränkungen damit nicht mehr bestehen, bleibt es beim Grundsatz der gesamtschuldnerischen Haftung des § 2058 BGB.
II. Gesamtschuldnerische Haftung
Rz. 388
Die gesamtschuldnerische Haftung der Miterben für eine nicht schon vorher getilgte Nachlassverbindlichkeit bleibt gem. § 2058 BGB auch nach der Erbteilung bestehen. Unter den Miterben besteht, wenn ein Miterbe eine Nachlassverbindlichkeit erfüllt hat, ein Ausgleichsanspruch gem. § 426 Abs. 1 BGB.
Jeder Miterbe haftet für die Nachlassverbindlichkeiten gesamtschuldnerisch mit seinem Eigenvermögen. Nach den allgemeinen Grundsätzen der gesamtschuldnerischen Haftung kann jeder Miterbe für die Nachlassverbindlichkeiten in voller Höhe in Anspruch genommen werden (§ 421 BGB).
Rz. 389
Die strenge Sanktion gesamtschuldnerischer Haftung ist vor dem Hintergrund der §§ 2046, 2042 Abs. 2, 755, 756 BGB zu sehen. Nach diesen Vorschriften soll weder der Nachlass noch ein Nachlassgegenstand unter den Erben aufgeteilt werden, solange nicht die Nachlassverbindlichkeiten erfüllt sind.
Wurde diese Pflicht verletzt, so haben alle Miterben die Folgen zu tragen, denn nur mit ihrer Zustimmung konnte bei der Erbteilung über die einzelnen Nachlassgegenstände verfügt werden, § 2040 Abs. 1 BGB. Und jetzt steht den Miterben begrifflich auch nicht mehr die Einrede des ungeteilten Nachlasses zu.
III. Ausnahmen von der gesamtschuldnerischen Haftung
Rz. 390
Aber für solche Nachlassverbindlichkeiten, die im Zeitpunkt der Teilung unbekannt waren, kann diese strenge Sanktion nicht gelten: Für die Forderungen derjenigen Gläubiger, die nach Durchführung des Aufgebotsverfahrens entweder ausgeschlossen sind oder die sich nicht gemeldet haben, haftet der Miterbe gem. § 2060 Nr. 1, 2 BGB nicht gesamtschuldnerisch, sondern nur mit einer Quote, die seinem Erbteil entspricht.
Hinweis
Im Hinblick auf die Haftungserleichterung nach durchgeführtem Gläubigeraufgebot erscheint es empfehlenswert, häufiger als bisher in der Praxis üblich, vom Aufgebotsverfahren Gebrauch zu machen.
Darüber hinaus stellt § 2061 BGB den Miterben noch ein privates Aufgebot zur Verfügung; Nachlassgläubiger, die sich hierbei nicht melden, können ebenfalls nur eine anteilige Erfüllung aus dem Eigenvermögen eines Miterben verlangen, es sei denn, der Miterbe hätte die Forderung gekannt.
Rz. 391
Anteilig haften die Miterben gem. § 2060 Nr. 3 BGB schließlich noch bei Beendigung des Nachlassinsolvenzverfahrens durch Verteilung der Masse. Dies gilt auch, wenn das Nachlassinsolvenzverfahren nach der Teilung eröffnet worden ist: Die durch die Teilung bewirkte gesamtschuldnerische Haftung des § 2058 BGB wird durch die nachträgliche Eröffnung des Insolvenzverfahrens wieder aufgehoben.
IV. Haftungsbeschränkungsmöglichkeiten
1. Grundsatz
Rz. 392
Auch für den Miterben gilt nach der Nachlassteilung der Grundsatz, dass er unbeschränkt haftet, aber beschränkbar. Für die Haftungsbeschränkungsmaßnahmen gelten die allgemeinen Regeln; allerdings scheidet Nachlassverwaltung als Haftungsbeschränkungsmaßnahme nach der Teilung aus (§ 2062 Hs. 2 BGB).
2. Nachlassinsolvenzverfahren
Rz. 393
Nachlassinsolvenz ist nach der Teilung noch möglich (§ 316 Abs. 2 InsO). Im Prozess muss sich der Erbe die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung im Urteil gemäß § 780 ZPO vorbehalten lassen, wenn er die Haftungsbeschränkung noch geltend machen will.
Wichtiger Hinweis: Eine Nachlassverwaltung kann nach der ausdrücklichen Vorschrift des § 2062 Hs. 2 BGB nach Durchführung der Erbteilung nicht mehr beantragt werden. Dies bedeutet für den zulänglichen Nachlass:
Wurde der Nachlass ohne vorherige Tilgung aller Nachlassverbindlichkeiten unter Verletzung der Vorschrift des § 2046 BGB geteilt, so haften die Erben danach unbeschränkbar und gesamtschuldnerisch nach § 2058 BGB. So betreibt das BGB Gläubigerschutz.
3. Unzulänglichkeitseinreden
Rz. 394
Erhebt der Miterbe die Dürftigkeitseinrede bzw. die Überschwerungseinrede (§§ 1990, 1992 BGB), so hat dies zur Folge, dass der Miterbe die Zwangsvollstreckung in d...