Rz. 60
Nach Vertragsbeendigung kann eine Wettbewerbsbeschränkung des Handelsvertreters gelten, die entweder auf gesetzlicher Grundlage – z.B. dem UWG – oder auf einer die Wettbewerbsbeschränkung regelnden Abrede der Parteien beruht.
Rz. 61
Voraussetzung für die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes nach § 90a HGB ist, dass diese schriftlich erfolgt und der Unternehmer zur Zahlung einer angemessenen Wettbewerbsentschädigung verpflichtet wird. Die Karenzentschädigung des § 90a HGB ist nicht Schadensersatz, sondern Entgelt für die Abrede der Wettbewerbsenthaltung zur Sicherung des Lebensunterhaltes des Handelsvertreters. Der Anspruch des Handelsvertreters besteht unabhängig davon, ob er Wettbewerb machen will oder kann. Die Karenzentschädigung muss angemessen sein. Über den Angemessenheitsbegriff ist es also möglich, die Höhe der Wettbewerbsentschädigung dem jeweils vorliegenden Umstand des Einzelfalles anzupassen. Dafür sind u.a. Umfang der Wettbewerbsbeschränkung sowie die effektive kostenmäßige Auswirkung der Wettbewerbsbeschränkung für den Handelsvertreter von Bedeutung. Ist die Wettbewerbsentschädigung unangemessen niedrig, so kann der Unternehmer auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung in Anspruch genommen werden, ohne dass die Wettbewerbsabrede unverbindlich wird. Eine nachträgliche Korrektur der vereinbarten Karenzentschädigung kommt auch dann in Betracht, wenn die Höhe der Wettbewerbsentschädigung im Zeitpunkt des Zustandekommens der Wettbewerbsabrede angemessen war, sich aber bis zum Inkrafttreten der zugrunde gelegten Verhältnisse nachhaltig geändert hat. Im Gegensatz zu der Regelung des § 74 Abs. 2 HGB führt die Unangemessenheit beim Handelsvertreter nicht zur Unverbindlichkeit der Wettbewerbsabrede. In der Praxis ist eine ratierliche Zahlungsweise üblich und zulässig, wobei die Frage der Zahlungsweise im Rahmen der Angemessenheit zu berücksichtigen ist, wenn z.B. der Handelsvertreter auf die Zahlung in einer Summe angewiesen ist.
Kündigt ein Vertragspartner den Handelsvertretervertrag aus wichtigem Grund wegen schuldhaften Verhaltens des anderen Teils, wird er gleichwohl nicht ohne Weiteres von der Wettbewerbsabrede frei. Er muss sich vielmehr nach § 90a Abs. 3 HGB durch besondere Erklärung von der Wettbewerbsabrede lossagen. Diese Erklärung muss schriftlich und binnen einer Monatsfrist nach der Kündigung dem Erklärungsempfänger zugehen. Der Unternehmer kann ebenso unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 90a Abs. 2 HGB auf die Wettbewerbsabrede verzichten.
In einer Wettbewerbsabrede kann zwar zum Vorteil, aber nicht zum Nachteil des Handelsvertreters von den Vorschriften des § 90a Abs. 1–3 HGB abgewichen werden. Das gilt auch, wenn der Handelsvertreter des Schutzes im konkreten Fall nicht bedarf. Abweichungen zum Nachteil des Handelsvertreters können auch darin liegen, dass ein unerlaubter wirtschaftlicher Druck auf den Handelsvertreter ausgeübt wird, etwa durch eine Vereinbarung, wonach der Handelsvertreter bei Konkurrenztätigkeit eine Inkassopauschale zurückzuzahlen hat, ohne dass der Unternehmer Entschädigung zahlt.