I. Einführung
Rz. 1
Der Begriff "Joint Venture" bedeutet "gemeinsames Projekt" oder "gemeinsame Unternehmung". Er ist aus dem Englischen in die deutsche Rechtssprache übernommen worden, aber nicht klar definiert. Orientiert man sich an der englischen Bedeutung, beschreibt Joint Venture Formen der projektbezogenen Unternehmenskooperation von mindestens zwei Unternehmen (im Folgenden als Joint Venture-Partner bezeichnet) auf der Grundlage von vertraglichen Absprachen. Das Joint Venture ist gesetzlich nicht geregelt; es finden sich lediglich vereinzelte Bestimmungen, die an ein "Gemeinschaftsunternehmen" anknüpfen (z.B. Art. 3 Abs. 4 FKVO, s.u. Rdn 81 f.).
Rz. 2
Grundlage des Joint Ventures ist der Joint Venture-Vertrag, der teilweise auch als Grundlagen-, Grundsatz- oder Kooperationsvereinbarung bezeichnet wird. In der Praxis begegnet man Joint Ventures in unterschiedlichen Formen und Gestaltungen. Ebenso unterschiedlich fallen die Motive für seine Gründung aus. In manchen Fällen finden sich die Joint Venture-Partner aufgrund ihrer komplementären Fähigkeiten oder Erfahrungen zusammen, bei anderen Joint Ventures steht die Bündelung von Kapital, Produktionsstätten oder anderen Ressourcen im Vordergrund.
Rz. 3
Ein Joint Venture ist unabhängig von seiner konkreten Ausgestaltung meist nur eine "Ehe auf Zeit". Die bei seiner Gründung austarierte Balance von Rechten und Pflichten der Joint Venture-Partner erweist sich in der Praxis vielfach als zu fragil, um die Partner dauerhaft aneinander zu binden. So werden viele Joint Ventures innerhalb von wenigen Jahren wieder beendet. Für den Anwalt bedeutet dies, bereits am Anfang das Ende zu bedenken (hierzu ausführlich unter Rdn 59 ff.).
II. Strukturierungsalternativen
Rz. 4
Ein Joint Venture kann auf zweierlei Weise strukturiert werden. Führen die Joint Venture-Partner das Joint Venture in Form einer selbstständigen (Außen-)Gesellschaft, spricht man verbreitet von einem Equity Joint Venture; die Trägerin des Equity Joint Venture nennt man Gemeinschaftsunternehmen oder auch Joint Venture-Gesellschaft. Arbeiten die Joint Venture-Partner auf schuldrechtlicher Basis ohne selbstständige Trägergesellschaft zusammen, spricht man von einem Contractual Joint Venture. Allerdings können auch beim Contractual Joint Venture gesellschaftsrechtliche Elemente hinzutreten, da die Partner in Verfolgung ihres gemeinsamen Zwecks häufig eine BGB-Innengesellschaft bilden, die weder am Rechtsverkehr teilnimmt noch Gesellschaftsvermögen bildet.
Hinweis
Ein Contractual Joint Venture wird insb. dann gewählt, wenn die Partner nur in begrenztem Umfang oder für begrenzte Zeit zusammenarbeiten wollen; als Beispiel mögen Bauunternehmen dienen, die sich für ein konkretes Bauvorhaben zu einer sog. Arbeitsgemeinschaft zusammenschließen. Die Stärken des Contractual Joint Ventures liegen v.a. in dem weiten Gestaltungsspielraum sowie seiner unkomplizierten Aufnahme und Beendigung (die mangels Gesellschaftsvermögen keine Liquidation erfordert). Da keine Joint Venture-Gesellschaft existiert, die in das Handelsregister eingetragen werden muss, ist das Contractual Joint Venture besonders für eine vertrauliche Zusammenarbeit geeignet (es bleibt aber zu prüfen, ob z.B. kartellrechtliche Vorschriften eine Offenlegung erfordern, s.u. Rdn 79 ff.). Demgegenüber bietet sich ein Equity Joint Venture an, wenn die Zusammenarbeit auf eine gewisse Dauer angelegt ist. Neben einem eigenständigen Marktauftritt des Joint Ventures erlaubt es insb., die Haftung auf das Vermögen der Joint Venture-Gesellschaft zu beschränken.
Rz. 5
Während sich die Vertragsstruktur des Contractual Joint Ventures im Joint Venture-Vertrag erschöpft, treten beim Equity Joint Venture in aller Regel weitere Vereinbarungen hinzu (s.u. Rdn 56 ff.). Dadurch gewinnt die Gestaltungsaufgabe beim Equity Joint Venture zusätzliche Komplexität. Das Equity Joint Venture wird in der Praxis häufiger als das Contractual Joint Venture vereinbart. Entsprechend liegt der Schwerpunkt der folgenden Darstellung auf dem Equity Joint Venture.
III. Sonderformen
Rz. 6
Die Zusammenarbeit in einer strategischen Allianz wird teilweise mit einem Joint Venture gleichgesetzt. Der Begriff ist aber nicht klar konturiert und kann auch lediglich eine lose oder punktuelle Form der Zusammenarbeit beschreiben.
Banken und Versicherungen bilden häufig Konsortien, um die Risiken aus Finanzierungs- oder Versicherungsverträgen auf mehrere Unternehmen zu verteilen. Auch bei Forschungs- und Entwicklungsvorhaben trifft man auf Konsortien, in denen einzelne Forschungsaufgaben auf die beteiligten Unternehmen verteilt werden. Für beide Konstellationen ist typisch, dass die beteiligten Unternehmen ih...