I. Joint Venture-Vertrag und Gesellschaftsvertrag
1. Charakterisierung des Joint Venture-Vertrages
Rz. 31
Der Joint Venture-Vertrag ist – wie auch seine Bezeichnung als Grundlagenvereinbarung nahelegt – die rechtliche Basis für das Joint Venture. In ihm werden Gegenstand, Ziel und Modalitäten der Zusammenarbeit geregelt. Beim Contractual Joint Venture bedarf es wesensgemäß keiner weiteren Vereinbarungen, hier trifft der Joint Venture-Vertrag eine abschließende Regelung. Beim Equity Joint Venture tritt der Gesellschaftsvertrag des Joint Ventures hinzu; Joint Venture-Vertrag und Gesellschaftsvertrag können aber auch in einem Dokument zusammenfallen. I.d.R. wird der Gesellschaftsvertrag aber durch den Joint Venture-Vertrag als eine Form der Gesellschaftervereinbarung ergänzt.
Häufig erfordert ein Equity Joint Venture den Abschluss weiterer Vereinbarungen. Der Joint Venture-Vertrag wirkt dann wie eine Rahmenvereinbarung, dem die weiteren Verträge als Anlagen beigefügt werden. Ob sie unmittelbar nach dem Abschluss des Joint Venture-Vertrages (bei Signing, s.o. Rdn 28) oder erst nach Eintritt von im Joint Venture-Vertrag definierten Bedingungen (bei Closing) unterzeichnet werden, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
Rz. 32
Der Joint Venture-Vertrag und der Gesellschaftsvertrag der Joint Venture-Gesellschaft sind sorgfältig aufeinander abzustimmen, Widersprüche sind zu vermeiden. Für den Fall unbeabsichtigter Abweichungen sollte vereinbart werden, welchem Dokument der Vorrang zukommt. Typischerweise ist dies der Joint Venture-Vertrag. Folgerichtig sind die Partner dann im Joint Venture-Vertrag zu verpflichten, den Gesellschaftsvertrag so anzupassen, dass etwaige Widersprüche beseitigt werden.
2. Form des Joint Venture-Vertrages
Rz. 33
Für den Joint Venture-Vertrag gelten keine allgemeinen Formvorschriften. Er kann demnach grds. formfrei – theoretisch sogar mündlich – geschlossen werden.
Allerdings können Formanforderungen aufgrund der für das Joint Venture gewählten Rechtsform zu beachten sein. Das ist namentlich bei der GmbH und der GmbH & Co. KG der Fall, den beiden für Equity Joint Ventures am häufigsten gewählten Gesellschaftsformen.
Rz. 34
Verpflichten sich die Partner im Joint Venture-Vertrag, eine GmbH zu errichten, unterliegt diese Verpflichtung denselben Formvorschriften wie der abzuschließende Gesellschaftsvertrag der GmbH mit der Folge, dass der Joint Venture-Vertrag entsprechend § 2 Abs. 1 GmbHG notariell zu beurkunden ist. Beurkundungsbedürftig ist der Vertrag auch dann, wenn die GmbH bereits existiert, sich ein Partner aber verpflichtet, Anteile an ihr abzutreten oder zu erwerben (§ 15 Abs. 4 GmbHG). Es genügt bereits eine bedingte Verpflichtung, wie sie bspw. bei Optionen oder Vorerwerbsrechten vorliegt (s.u. Rdn 65 ff.). In der Praxis ist ein Joint Venture-Vertrag fast immer beurkundungspflichtig, wenn die Joint Venture-Gesellschaft eine GmbH ist. Dies gilt auch für Änderungen des Vertrages, soweit sie nicht lediglich klarstellende Funktion haben.
Hinweis
Handelt es sich bei der Joint Venture-Gesellschaft um eine GmbH und enthält der Joint Venture-Vertrag Optionen oder sonstige (bedingte), noch nicht vollständig erfüllte Verpflichtungen zur Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen, gilt der Formzwang gem. § 15 Abs. 4 GmbHG grds. auch für Änderungen und Ergänzungen des Vertrages, falls sie nicht lediglich klarstellende Funktion haben. Wird die notarielle Form nicht beachtet, kann die Änderung unwirksam sein.
Rz. 35
Ähnlich liegt der Fall bei einer GmbH & Co. KG. Zwar stehen weder die Verpflichtung zur Gründung einer KG noch die Verpflichtung zur Übertragung von Komplementär- oder Kommanditanteilen unter Formzwang. Häufig enthält der Joint Venture-Vertrag aber die Verpflichtung zur Errichtung einer Komplementär-GmbH. Ferner wird typischerweise vereinbart, dass die Partner stets in gleicher Höhe an der KG und ihrer Komplementär-GmbH beteiligt sein müssen, sodass wiederum § 15 Abs. 4 GmbHG im Raum steht.
Hinweis
Der Gleichlauf der Beteiligungen soll einen "Organstreit" vermeiden, indem die KG und ihr geschäftsführender Gesellschafter stets von derselben Mehrheit beherrscht werden. Dasselbe Ergebnis lässt sich mit der sog. Einheitsgesellschaft erreichen, bei der die KG sämtliche Anteile an ihrer Komplementärin hält (s.a. Rdn 12). Verändert sich die Beteiligung der Kommanditisten, besteht dennoch kein Anpassungsbedarf bei der Komplementär-GmbH, sodass eine notarielle Beurkundung vermieden werden kann. In der P...