Dr. iur. Stephanie Herzog
I. Vorsorgevollmacht trotz Testamentsvollstrecker?
Rz. 39
Anders ist dies bei gleichzeitiger Erteilung einer Vorsorgevollmacht und Anordnung von Testamentsvollstreckung. Hier kann es zu einem Nebeneinander und damit gegebenenfalls auch zu einem echten Konkurrenzverhältnis kommen; denn auch wenn der Erblasser Testamentsvollstreckung angeordnet hat, bleibt die Vollmacht postmortal nach allgemeinen Grundsätzen zunächst wirksam. Auch die Annahme des Testamentsvollstreckeramtes ändert daran nichts. Insbesondere erlischt die Vollmacht bei angeordneter Testamentsvollstreckung nicht, wenn der Erbe durch die Anordnung einer Testamentsvollstreckung beschwert ist, da die Vollmacht in solchen Situationen weiterhin rechtliche Vorteile vermittelt.
Hinweis
Etwas anderes kann sich im Einzelfall durch die Anordnungen in der Auslegung der testamentarischen Verfügung ergeben: Hat der Erblasser – und sei es konkludent – bestimmt, dass die Vollmacht durch den Amtsantritt des Testamentsvollstreckers auflösend bedingt ist, so erlischt die Vollmacht in diesem Zeitpunkt und die beiden Gestaltungsinstrumente kollidieren nicht mehr. Ist das nicht der Fall, vertritt der Bevollmächtigte bis zum Widerruf durch den Testamentsvollstrecker (hierzu Rdn 54) weiterhin die Erben. Daher geht Kollmeyer davon aus, dass ein Handeln aufgrund transmortaler Vollmacht postmortal allein und ohne Aufklärung der erbrechtlichen Lage entgegen der Rechtsprechung z.B. des KG (siehe Rdn 17) nicht möglich ist.
Die Rechte der Erben gegenüber dem Bevollmächtigten kann aber nur der Testamentsvollstrecker für diese geltend machen. Dies gilt für Auskunfts- und Rechenschaftsansprüche gleichermaßen wie für Ansprüche der Erben bei pflichtwidrigem Handeln des Bevollmächtigten.
II. Ergänzung der Testamentsvollstreckung durch flankierende Vorsorgevollmacht an den Testamentsvollstrecker
Rz. 40
Gemeinsam ist beiden Rechtsinstituten, dass es dem Bevollmächtigten wie auch dem Testamentsvollstrecker nicht möglich ist, den Erben auch mit seinem Privatvermögen zu verpflichten (für den Testamentsvollstrecker § 2206 BGB, für den Vorsorgebevollmächtigten siehe Rdn 3).
1. Unterschiede in den beiden Rechtsinstituten
Rz. 41
Die Rechtsinstitute unterscheiden sich aber in Bezug auf ihren Bestandsschutz und ihre Wirkungen zum Teil erheblich:
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Während die Vollmacht im Regelfall frei widerruflich ist (siehe Rdn 21), kann die Testamentsvollstreckung vom Erben nicht beendet werden. |
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Der Vorsorgebevollmächtigte kann sich durch Vorlage der Vollmachtsurkunde unproblematisch legitimieren und damit unmittelbar nach dem Erbfall Rechtsgeschäfte, die für und gegen den Nachlass gelten, vornehmen. Der Testamentsvollstrecker benötigt hierzu ein Testamentsvollstreckerzeugnis oder zumindest die Bescheinigung des Nachlassgerichts, dass er sein Amt angenommen hat. |
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Ein Bevollmächtigter kann – anders als ein Testamentsvollstrecker (§ 2205 S. 3 BGB) – vorbehaltlich einer gegenläufigen Einschränkung der Vollmacht auch unentgeltlich verfügen. |
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Die Frage, ob eine ausländische Rechtsordnung eine Testamentsvollstreckung bzw. eine Generalvollmacht anerkennt, ist unabhängig voneinander zu beantworten. |
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Nur die Testamentsvollstreckung aber bewirkt einen Schutz des Nachlasses vor den Eigengläubigern des Erben (§ 2214 BGB). |
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Umgekehrt gelten Verwaltungsanordnungen des Erblassers (§ 2216 Abs. 2 BGB) für den trans- bzw. postmortal Bevollmächtigten nicht. |
2. Flankierende Anordnungen zur Erweiterung der Befugnisse
Rz. 42
Aufgrund der genannten Unterschiede mag es im Einzelfall zweckmäßig sein, eine angeordnete Testamentsvollstreckung durch eine postmortale (oder auch transmortale) Vollmacht zugunsten des Testamentsvollstreckers zu flankieren:
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Auf diese Art kann der bevollmächtigte Testamentsvollstrecker schon vor Beginn seines Amtes als Testamentsvollstrecker (§ 2202 BGB) als Bevollmächtigter Handlungen (Verwaltungs- und Verfügungsmaßnahmen) mit Wirkung für den Nachlass vornehmen und ein Machtvakuum wird verhindert. Zugleich sichert die Personenidentität von Testamentsvollstrecker und Bevollmächtigtem eine Kontinuität. |
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Durch die Vollmacht können die Machtbefugnisse des Testamentsvollstreckers aber nicht nur zeitlich, sondern auch sachlich erweitert werden. Anders als der Testamentsvollstrecker, der vom Verbot unentgeltlicher Verfügungen (§ 2205 S. 3 i.V.m. § 2207 S. 2 BGB) nicht befreit werden kann, kann die Vollmacht so ausgestaltet werden, dass der bevollmäch... |