Rz. 81
Fraglich ist, ob mit den Regelungen der §§ 563 ff. BGB tatsächlich sämtliche familiäre Härten abgefangen werden. Verneinend hierzu wird ausgeführt, dass insbesondere dort die Interessensgerechtigkeit leidet, wo Eltern für ihre Kinder eine Wohnung anmieten, weil diese auswärts studieren.
Beispiel
Der in Berlin lebende Mieter M mietet für seine in München studierende Tochter SC eine Wohnung an. Dies wird auch seitens des Vermieters so gewünscht, da er den M als solventer betrachtet als SC. Die Tochter zieht allein in das Mietobjekt ein, beginnt ihre Studien und ein Jahr später verstirbt der M. Beerbt wird er von der Erbengemeinschaft bestehend aus SC, der Ehefrau und dem Bruder B.
Da die übrigen Mitglieder der Erbengemeinschaft mit M keinen gemeinsamen Haushalt in München gebildet haben, fehlt es an einer Eintrittsmöglichkeit für die in München studierende Tochter.
Rz. 82
Stimmen, die in diesen Fällen ein Eintrittsrecht fordern und für die Fälle eine analoge Anwendung des § 563 Abs. 2 BGB fordern, liegen falsch. Kennzeichnend für diese Fälle ist gerade der Umstand, dass die Tochter den Mietvertrag aufgrund fehlender Solvenz nicht erhalten hätte. Würde man ihr nun ein Eintrittsrecht zugestehen, dann könnte sich der Vermieter hiervon über § 563 Abs. 4 BGB lösen, da es an der erforderlichen Solvenz des Eintretenden fehlt.
Demzufolge kann nur die Erbengemeinschaft das Mietverhältnis fortführen nach § 564 BGB. Hier aber sehen sich die Erben mit der Kündigungsmöglichkeit des Vermieters nach § 564 S. 2 BGB konfrontiert. Der Vermieter kann ohne Angaben von Gründen das Mietverhältnis beenden, indem er der Erbengemeinschaft die Kündigung erklärt. Auf ein vertragstreues Verhalten des Mieters kommt es in diesem Fall nicht an. Daher möchte eine in der Literatur vertretene Auffassung in diesen Fällen dem Vermieter das Sonderkündigungsrecht nur unter der Prämisse zugestehen, dass er ein berechtigtes Interesse an der Kündigung darlegt und beweist. Schließlich sei von vornherein bekannt gewesen, dass allein die Tochter das Mietobjekt nutzen werde und dass nur sie dort ihren Lebensmittelpunkt findet. Dieser Ansicht wird hier nicht gefolgt, denn zum einen ist diese Lösung aus dem Gesetzeswortlaut nicht abzuleiten und Änderungsmöglichkeiten ließ der Gesetzgeber seit 2002 verstreichen. Zum anderen muss beachtet werden, dass in dieser konkreten Fallvariante sämtliche Erben ein Eintrittsrecht genießen würden, folglich auch diejenigen, welche die Wohnung zuvor nicht genutzt haben. Das aber muss der Vermieter nicht akzeptieren.
Der hinreichende Schutz der Erben ergibt sich aus der Sozialklausel des § 574 BGB, die zweifelsohne bei der Sachverhaltskonstellation Anwendung findet. Ob dann tatsächlich ein Härtefall vorliegt, ist für jeden Einzelfall gesondert zu prüfen.