Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
Rz. 34
Hierher gehört auch die Geltendmachung und notfalls gerichtliche Durchsetzung von Ansprüchen gegen den Erben nach § 1978 BGB. Der Erbe muss alles, was er aus seiner bisherigen Verwaltung des Nachlasses erlangt hat, an den Nachlassverwalter herausgeben. Gezogene Nutzungen muss er ersetzen, gleiches gilt für Bestandteile des Nachlasses, die er verbraucht hat. Ein Verschulden von Gehilfen muss sich der Erbe nach § 278 BGB zurechnen lassen, insoweit haftet er auch mit seinem Eigenvermögen.
Rz. 35
§ 1985 BGB legt als wichtigste Aufgaben des Nachlassverwalters die Verwaltung des Nachlasses und die Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten fest. Ergänzt wird diese Vorschrift durch weitere Befugnisse des Verwalters. Hierzu gehören insbesondere die Beantragung des Aufgebotsverfahrens nach § 991 ZPO oder die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens nach § 317 InsO.
a) Inbesitznahme des Nachlasses und Geltendmachung von Forderungen
Rz. 36
Vergleichbar zur Verpflichtung des Testamentsvollstreckers hat der Nachlassverwalter sich nicht auf die bloße Erhaltung des Nachlasses zu beschränken. Vielmehr muss er das verwaltete Vermögen nach den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft vermehren. Hierzu hat er zunächst den Nachlass in Besitz zu nehmen. Weiterhin hat er die zum Nachlass gehörenden Forderungen einzuziehen. Hierher gehört auch die Geltendmachung und notfalls gerichtliche Durchsetzung von Ansprüchen gegen den Erben nach § 1978 BGB.
b) Berichtigung der Nachlassschulden
Rz. 37
In der Begleichung der Nachlassverbindlichkeiten liegt eine wesentliche Hauptaufgabe des Nachlassverwalters. Hierzu hat er, wenn nötig, den Nachlass zu verwerten. In welcher Form dies geschieht, z.B. durch Veräußerung, im Wege der freihändigen oder öffentlichen Versteigerung, liegt grundsätzlich in seinem Ermessen. Die Grenze seines Ermessens wird über § 1985 Abs. 2 S. 2 BGB gezogen, wonach die Vorschriften der §§ 1979, 1980 BGB zu beachten sind. Dies bedeutet, dass der Nachlassverwalter eine Verbindlichkeit nur dann erfüllen darf, wenn er annehmen kann, dass der Nachlass zur Berichtigung aller Verbindlichkeiten ausreicht. Ist dies der Fall, muss er sich gegenüber den Nachlassgläubigern auf §§ 2014, 2015 BGB berufen. Stellt er Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung fest, hat er Nachlassinsolvenz zu beantragen.
c) Rechnungslegung
Rz. 38
Gemäß § 1840 Abs. 1, 2 BGB (ab dem 1.1.2023: § 1863 BGB n.F.) i.V.m. § 1915 Abs. 1 BGB (ab dem 1.1.2023: § 1813 BGB n.F.) hat der Nachlassverwalter jährlich Rechnung zu legen. Wie von einem Testamentsvollstrecker gehört auch diese Verpflichtung zu den Kardinalpflichten. Ein hartnäckiger Verstoß hiergegen kann die Entlassung des Nachlassverwalters nach § 1886 BGB (ab dem 1.1.2023: § 1804 Abs. 1 BGB n.F.) begründen.
d) Erfüllung steuerlicher Pflichten
Rz. 39
§ 31 Abs. 5 ErbStG normiert für Testamentsvollstrecker und Nachlassverwalter gleichzeitig die Pflicht zur Abgabe der Erbschaftsteuererklärung. Insoweit kann auf die für den Testamentsvollstrecker geltenden Grundsätze verwiesen werden. Dies gilt auch für die übrigen steuerlichen Pflichten, die im Rahmen der Verwaltung eines Nachlasses an Stelle der Erben zu erfüllen sind.
Praxishinweis
Wie dem Testamentsvollstrecker, so kann auch dem Nachlassverwalter nur dringend geraten werden, für die Begleichung etwaiger Erbschaftsteuern aus Mitteln des Nachlasses zu sorgen. Die Verpflichtung hierzu folgt unmittelbar aus § 32 Abs. 1 S. 2 ErbStG. Ansonsten droht auch dem Nachlassverwalter die Gefahr der persönlichen Haftung nach §§ 34, 35 AO. Gerade bei Rechtsanwälten oder Steuerberatern als Nachlassverwaltern wird es regelmäßig als grob fahrlässig angesehen werden können, wenn die Zahlung der Erbschaftsteuer nicht sichergestellt wird.