Rz. 70

Durchaus vergleichbar mit der Situation des Testamentsvollstreckers sind die Kriterien, die die Rechtsprechung zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffes der Angemessenheit in § 1987 BGB entwickelt hat. Hier sind zu nennen:[54]

Wert und Umfang des Nachlasses,
Schwierigkeit und Dauer der Nachlassverwaltung,
das Maß der Verantwortung,
verwertbare besondere Fachkenntnisse,[55]
Erfolg der Tätigkeit.
 

Rz. 71

Wie bei der Testamentsvollstreckung ergibt sich die Bemessungsgrundlage aus dem Aktivnachlass, nicht dem Nettonachlass. Der Vergütungsrahmen wurde lange Zeit von der Rechtsprechung zwischen 3 % und 5 % bei kleineren Nachlässen und zwischen 1 % und 2 % bei größeren Nachlässen gezogen.[56] Inwieweit diese Abrechnungspraxis in Zukunft Bestand haben wird, bleibt abzuwarten. Für den Bereich der Nachlasspflegschaft hat die Rechtsprechung diese Methodik mittlerweile zugunsten einer Abrechnung nach nachzuweisendem Zeitaufwand aufgegeben.[57] Hinsichtlich der Höhe der Stundensätze wird danach differenziert, ob der Nachlass werthaltig oder mittellos ist. Soweit der Nachlass zur Deckung der Vergütung des Nachlasspflegers ausreicht, ist er für die Vergütung zu verwenden. Allein der vom Nachlass nicht gedeckte Teil ist nach den Sätzen für unbemittelte Nachlässe zu bemessen.[58]

 

Rz. 72

Bei der Bemessung des Stundensatzes hält die Rechtsprechung Empfehlungen von beruflichen Interessenverbänden für nicht maßgeblich. Vielmehr wird dem Gericht ein weites Ermessen eingeräumt, selbst zu entscheiden, welche Stundensätze anzusetzen sind.[59] Das OLG Köln geht von folgenden Vergütungssätzen, je nach Schwierigkeit der Aufgabenstellung und nutzbaren Qualifikation des Nachlasspflegers, als Regelfall aus:[60]

90 EUR (einfache) – 110 EUR (mittlere) – 130 EUR (schwierige Nachlassabwicklung) für einen als Berufsnachlasspfleger tätigen Rechtsanwalt oder für Personen mit vergleichbarer Qualifikation;
60 EUR (einfache) – 75 EUR (mittlere) – 90 EUR (schwierige Nachlassabwicklung) für Berufsnachlasspfleger mit einer etwas geringeren Qualifikation;
50.00 EUR (einfache) – 60 EUR (mittlere) – 70 EUR (schwierige Nachlassabwicklung) für Berufsnachlasspfleger mit noch geringerer Qualifikation.
 

Rz. 73

 

Praxishinweis

Angesichts derartiger Unsicherheiten und großer Differenzen bei der Angemessenheitsbeurteilung durch Gerichte kann einem Nachlassverwalter nicht früh genug empfohlen werden, sich mit der örtlichen Vergütungspraxis vertraut zu machen und im Zweifel ein an ihn herangetragenes Amt nicht anzunehmen, wenn die von ihm geforderte qualifizierte Arbeit nicht wenigstens kostendeckend erbracht werden kann.

[54] Grüneberg/Weidlich, § 1987 Rn 1.
[55] Klinck, in: jurisPK-BGB, § 1987 Rn 5.
[56] BayObLG Beschl. v. 20.12.1990 – BReg 1 a / 69/90; OLG Köln, Beschl. v. 31.7.1967 – 2 Wx 77–78/67.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?