Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
A. Nachlassverwaltung ist nicht gleich Testamentsvollstreckung
Rz. 1
Der Begriff der Nachlassverwaltung wird oft als Synonym für die Testamentsvollstreckung gebraucht, zumeist in nicht beratenen letztwilligen Verfügungen. Rechtlich bestehen jedoch beträchtliche Unterschiede. Die Rechtsinstitute sind daher in der Praxis der Nachlassabwicklung voneinander abzugrenzen. Darüber hinaus kann ein Testamentsvollstrecker im Rahmen seiner Amtsführung im Einzelfall durchaus verpflichtet sein, zu den Mitteln einer Nachlassverwaltung oder einer Nachlassinsolvenz zu greifen. Die Beherrschung der Grundzüge dieser Rechtsinstitute gehört daher zum Werkzeug jedes Testamentsvollstreckers.
B. Grundsätzliche Unterschiede zwischen Nachlassverwaltung und Testamentsvollstreckung
Rz. 2
Nach der Legaldefinition des § 1975 BGB handelt es sich bei der Nachlassverwaltung um eine Nachlasspflegschaft, die zum Zwecke der Befriedigung der Nachlassgläubiger angeordnet ist. Aus diesem Grund sind auf die Nachlassverwaltung grundsätzlich zwei verschiedene Normensysteme anwendbar. Zum einen handelt es sich dabei um die allgemeinen Vorschriften über die Pflegschaft, §§ 1915 ff. BGB, so dass auch das Vormundschaftsrecht anzuwenden ist, allerdings nur insoweit, als dies mit Sinn und Zweck der Nachlassverwaltung vereinbar ist. Zum andern ähnelt die Nachlassverwaltung aufgrund mehrfacher Bezugnahmen auf die Insolvenzordnung ihrem rechtlichen Gepräge nach mehr einem geordneten Vermögensverwaltungsverfahren, von dem es sich allerdings in seiner Zielsetzung unterscheidet. Ziel der Nachlassverwaltung ist die vollständige Befriedigung der Nachlassgläubiger, während die Insolvenzverwaltung die gleichmäßige, (nur) quotale Befriedigung der Gläubiger bezweckt. Dem entspricht auch die Stellung des Nachlassverwalters. Er ist nicht etwa gesetzlicher Vertreter, wie dies bei Pfleger und Vormund der Fall ist. Vielmehr handelt es sich bei ihm um ein amtlich bestelltes Organ zur Verwaltung einer fremden Vermögensmasse mit eigener Parteistellung im Rechtsstreit und damit vergleichbar dem Insolvenzverwalter.
Rz. 3
Die Nachlassverwaltung hat eine Doppelfunktion, die sich auch in der Antragsbefugnis (§ 1981 BGB – Abs. 1 einerseits und Abs. 2 andererseits) widerspiegelt. Den Interessen des Erben dient sie dadurch, dass sie die Möglichkeit schafft, Nachlass und Eigenvermögen getrennt zu halten und so eine Haftung des Erben mit seinem persönlichen Vermögen für Verbindlichkeiten des Nachlasses verhindert. Den Interessen der Nachlassgläubiger dient sie dadurch, dass sie diesen ein Instrument zur Verfügung stellt, dass das ererbte Vermögen vor einer Verschwendung durch den Erben schützt.
Rz. 4
Mit der Testamentsvollstreckung hat sie gemeinsam, dass beide Rechtsinstitute zu einer Trennung von Nachlassvermögen und Eigenvermögen des Erben führen und eine Fremdverwaltung des Nachlasses unter Ausschluss des Erben stattfindet. Unterschiede ergeben sich jedoch dadurch, dass mittels der Testamentsvollstreckung nur erreicht werden kann, dass die Eigengläubiger des Erben vor einem Zugriff auf den Nachlass abgewehrt werden. Für Verbindlichkeiten des Nachlasses bleibt aber die Verantwortlichkeit des Erben, ggf. mit seinem Privatvermögen, bestehen, § 2213 Abs. 1 BGB. Aus diesem Grund muss auch der Testamentsvollstrecker, will er den Zugriff der Nachlassgläubiger auf das Privatvermögen des Erben verhindern, Nachlassverwaltung beantragen.
Rz. 5
Auch in ihrer Begründung unterscheiden sich beide Rechtsinstitute deutlich. Die Testamentsvollstreckung basiert auf dem freien Willensentschluss des Erblassers. Die Nachlassverwaltung wird hingegen angeordnet, wenn der Erbe oder ein Nachlassgläubiger dies beantragen. Anders als der Testamentsvollstrecker unterliegt der Nachlassverwalter einer Aufsicht durch das Nachlassgericht, §§ 1960, 1915, 1837, 1886, 1962 BGB.
Rz. 6
Auch als Geschäftsfeld erscheint die Nachlassverwaltung deutlich weniger lukrativ als die Testamentsvollstreckung, sofern es sich nicht um die Nachlassverwaltung an einem Unternehmen handelt und sich hierfür die in der Literatur teilweise vorgeschlagenen Vergütungskriterien durchsetzen lassen.
C. Anordnung und Durchführung der Nachlassverwaltung
I. Antrag
Rz. 7
Die Nachlassverwaltung wird nie von Amts wegen angeordnet, sondern nur auf Antrag. Insoweit besteht Vergleichbarkeit mit dem Nachlassinsolvenzverfahren. Hier ist die Antragspflicht in §§ 13 Abs. 1, 317 InsO geregelt. Im Unterschied zum Nachlassinsolvenzverfahren, in dem der Antrag beim Insolvenzgericht gestellt werden muss, ist für die Anordnung der Nachlassverwaltung das Nachlassgericht zuständig.
1. Antragsberechtigung der Erben
Rz. 8
Der Erbe ist immer antragsberechtigt, es sei denn, er haftet für die Nachlassverbindlichkeiten bereits unbeschränkt, § 2013 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 BGB. Miterben können den Antrag nur gemeinschaftlich stellen. Sie sind mit der Antragstellung ausgeschlossen, wenn der Nachlass geteilt ist, § 2062 BGB. Das Antragsrecht des Nacherben folgt aus § 2144 BGB, wobei an die Stelle des Nachl...