I. Grundsatz der Subsidiarität der Betreuung
Rz. 5
Das Betreuungsrecht wird von den Grundsätzen der Subsidiarität und der Erforderlichkeit beherrscht (§ 1814 Abs. 2 BGB). Vorrang vor der Bestellung eines Betreuers genießt insofern die Bevollmächtigung eines Dritten durch den Betroffenen. § 1814 Abs. 3 BGB regelt somit ausdrücklich den Vorrang der Eigenvorsorge vor staatlich angeordneter oder bereitgestellter Hilfe. Die Eigenvorsorge birgt aber auch erhebliche Risiken für den Vollmachtgeber und sein Vermögen.
II. Risiken der privatrechtlichen Vorsorgeregelung
Rz. 6
Die größten Gefahren im Bereich der privaten Vorsorgeregelung liegen in der Überforderung der bevollmächtigten Personen und in einem Missbrauch der erteilten Vollmacht durch die Bevollmächtigten.
Rz. 7
Da der Rechtsverkehr heute nur noch unbedingt erteilte Vorsorgevollmachten anerkennt und in der heutigen Praxis daher auch nur noch solche erteilt werden, können die Bevollmächtigten mit diesen Vollmachten sofort vollumfänglich handeln, was eine oftmals nicht zu unterschätzende Versuchung für die Bevollmächtigten darstellt. Der Vollmachtgeber ist daher gut beraten, seine Bevollmächtigten der Kontrolle eines sog. Kontrollbevollmächtigten zu unterwerfen. Dabei muss die Einschränkung der Vollmacht durch einen Kontrollbevollmächtigten schon im Außenverhältnis aus der Vollmachtsurkunde selbst ersichtlich sein. Zum einen ist damit eine nicht gewollte gerichtliche Kontrolle der Vollmacht über einen fremden Kontrollbetreuer (vgl. § 1815 Abs. 3 BGB) ausgeschlossen, zum anderen können so gewisse Handlungen der Bevollmächtigten der Zustimmung des Kontrollbevollmächtigten unterworfen werden. So kann bspw. die Vollmacht der bevollmächtigten Kinder dahingehend eingeschränkt werden, dass sie das elterliche Wohnhaus nur mit Zustimmung des Kontrollbevollmächtigten belasten oder veräußern können. Auch der Zugriff auf das elterliche Bankdepot oder die Verbringung der Eltern in ein Alters- oder Pflegeheim kann so von der Zustimmung des Kontrollbevollmächtigten abhängig gemacht werden.
Rz. 8
Der kontrollbevollmächtigte Rechtsanwalt sollte neben seiner Kontrollfunktion auch die Rolle eines sog. Unterstützungsbevollmächtigten wahrnehmen. In dieser Rolle kann er zwar nicht in eigener Person für den Vollmachtgeber handeln, er kann in dieser Funktion jedoch die Bevollmächtigten des Vollmachtgebers bei ihrem Tätigwerden für den Vollmachtgeber unterstützen, z.B. bei Gesprächen mit Ärzten, wenn es um die Umsetzung der Patientenverfügung des Vollmachtgebers geht.
Rz. 9
Sofern ein Anwalt als Kontroll- und Unterstützungsbevollmächtigter eingesetzt wird, ist zu überlegen, ob dieser nicht zugleich auch für möglicherweise notwendige Verfahrenspflegschaften i.R.d. Bevollmächtigung (vgl. § 276 Abs. 5 FamFG) als Verfahrensbevollmächtigter eingesetzt werden soll, um auch hier ein Hineinwirken von außenstehenden Fremden in die Vorsorgeregelung des Vollmachtgebers zu verhindern. Die Bestellung ist gleichwohl erforderlich, wenn dem Vertreter die Eignung fehlt. Geeignet sind aber nicht nur Rechtsanwälte, sondern auch andere Personen, die die Interessen des Betroffenen effektiv vertreten können.
Rz. 10
Eines der größten Probleme von Vorsorgevollmachten stellt die alleinige gegenseitige Bevollmächtigung und die damit verbundene Überforderung der Bevollmächtigten dar. So wird bspw. bei der gegenseitigen Bevollmächtigung kinderloser Ehepartner ohne die Bevollmächtigung einer weiteren Vertrauensperson zumindest der Letztversterbende meist ein Opfer der staatlichen Pauschalbetreuung. Aber auch schon davor ist diese Art der Bevollmächtigung problematisch, da spätestens im fortgeschrittenen Alter davon ausgegangen werden muss, dass dann keiner der beiden Bevollmächtigten mehr in der Lage ist, die Interessen des anderen optimal zu vertreten. Dies wiederum kann zu einer staatlichen Betreuung führen, da gem. § 1814 Abs. 3 BGB eine Betreuung nur dann nicht erforderlich ist, wenn die Angelegenheiten des Betroffenen durch einen Bevollmächtigten ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können.
Rz. 11
Hier können sog. Kombinationsbevollmächtigungen von Privatbevollmächtigten und Berufsbevollmächtigten Abhilfe schaffen. So wird bspw. neben dem jeweiligen Ehepartner ein Anwalt als Berufsbevollmächtigter eingesetzt. Damit ist zum einen die Unterstützung des bevollmächtigten Ehepartners, zum anderen aber auch die Versorgung des Längstlebenden gewährleistet. Um einen möglichen Ausfall des bevollmächtigten Anwalts abzusichern, sollte entweder der Vorstand des örtlichen Anwaltvereins oder der Vorstand der Deutschen Vereinigung für Vorsorge- und Betreuungsrecht e.V. (dvvb) in der Vorsorgevollmacht des Vollmachtgebers bevollmächtigt werden, einen Ersatzanwalt zu benennen, der von Anfang an in der Vollmacht im selben Umfang bevollmächtigt wird wie der namentlich schon benannte Anwalt. Das Kombinationsmodell mit einem Anwalt macht aber auch bei Eltern mit Kindern Sinn, wenn die Kinder räumlich weit entfernt wohnen oder aber beruflich so stark engagiert s...