I. Gesetzliche Regelung des Innenverhältnisses
Rz. 25
Durch die Erteilung einer Vorsorgevollmacht kommt zwischen dem Vollmachtgeber und seinen Bevollmächtigten bei Unentgeltlichkeit ein Auftrag gem. §§ 662 ff. BGB und bei Entgeltlichkeit ein Geschäftsbesorgungsvertrag gem. § 675 BGB zustande. Von einer reinen Gefälligkeitshandlung, d.h. von einer Tätigkeit der Bevollmächtigten ohne Rechtsbindungswillen gegenüber dem Vollmachtgeber, kann bei einer Vorsorgevollmacht grundsätzlich nicht ausgegangen werden.
Rz. 26
Das Problem des Innenverhältnisses der Vorsorgevollmacht ist, dass sich aus Unkenntnis des Innenverhältnisses kaum ein Vollmachtgeber oder Bevollmächtigter bei der Erteilung der Vorsorgevollmacht darüber Gedanken macht. In aller Regel werden die Betroffenen nicht einmal bei notarieller Beurkundung der Vorsorgevollmacht von den Notaren über das bei der Erteilung einer Vollmacht entstehende Vertragsverhältnis und die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigten belehrt. Bei entsprechender Belehrung und Kenntnis der gesetzlichen Bestimmungen des Auftragsrechts würde kaum ein Bevollmächtigter zu gesetzlichen Bedingungen eine Bevollmächtigung übernehmen. So ist bspw. auf der einen Seite den Bevollmächtigten der Umfang der gesetzlichen Auskunfts- und Rechenschaftspflicht und die Beweislast des § 666 BGB nicht zuzumuten. Auf der anderen Seite ist das jederzeitige Kündigungsrecht der Beauftragten nach § 671 Abs. 1 BGB für den Auftraggeber, der mit seiner Vorsorgevollmacht gerade Sicherheit für den Fall seiner Handlungsunfähigkeit schaffen will, nicht hinnehmbar.
II. Notvertretungsrecht von Ehegatten in Angelegenheiten der Gesundheitssorge
Rz. 27
Mit der zum 1.1.2023 in Kraft getreten Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts regelt der § 1358 BGB ein gegenseitiges Notvertretungsrecht von Ehegatten und Partnern einer eingetragenen Lebenspartnerschaft in Angelegenheiten der Gesundheitssorge. Mit dem neu geregelten Notvertretungsrecht der Ehegatten wollte der Gesetzgeber wohl zumindest teilweise dem rechtlichen Irrgauben von Ehegatten gerecht werden, dass sie im Notfall rechtswirksam füreinander handeln können.
Die Regelungen des Notvertretungsrechts sind jedoch ausdrücklich nur für Notfälle bestimmt und zudem auf den Zeitraum von sechs Monaten beschränkt. Außerdem muss ein Arzt schriftlich bestätigen, dass die medizinischen Voraussetzungen für eine Notvertretung vorliegen. Bereiche wie z.B. Wohnungsangelegenheiten oder die Vermögenssorge sind nicht vom Notvertretungsrecht umfasst. Auch gilt das Notvertretungsrecht nicht bei Ehegatten, die getrennt leben oder wenn eine dritte Person eine Vorsorgevollmacht vorlegt.
Hinzu kommt, dass das Betreuungsgericht, wenn die Einwilligungsunfähigkeit des Partners länger als sechs Monate andauert, einen Betreuer bestellen muss. Der vom Gericht zu bestellende Betreuer muss dann nicht zwingend der Ehepartner oder ein Abkömmling des Betroffenen sein, sondern kann auch ein fremder Berufsbetreuer sein.
Rz. 28
Praxishinweis
Das Notvertretungsrecht kann weder eine Vorsorgevollmacht noch eine Patientenverfügung ersetzen. Die Empfehlung für Erwachsene ist also weiterhin, sich möglichst frühzeitig um eine sachgerechte Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung zu kümmern, damit zeitlich unlimitiert die Person des eigenen Vertrauens für einen handeln kann und der eigene Patientenwille offenkundig ist.
III. Vertragliche Regelung des Innenverhältnisses mit den Bevollmächtigten
1. Grundsätzliche Bedeutung
Rz. 29
Die sachgerechte vertragliche Regelung des Innenverhältnisses der Vorsorgevollmacht ist sowohl für den Vollmachtgeber als auch für die Bevollmächtigten von größter Bedeutung. In einem gesonderten Vertrag sind die schuldrechtlichen Beziehungen zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigten, aber auch die Wünsche und Vorstellungen des Auftraggebers – sog. Handlungsanweisungen – für den Fall seiner Handlungsfähigkeit konkret festzuhalten. Je detaillierter hier die Vorgaben des Auftraggebers sind, desto genauer ist deren Einhaltung durch einen kontrollbevollmächtigten Rechtsanwalt überprüfbar.
2. Geschäftsbesorgung in persönlichen Angelegenheiten
Rz. 30
Hier ist die persönliche Versorgung des Auftraggebers, insbesondere die Gesundheitssorge und die Aufenthaltsfrage, für den Vorsorgefall zu regeln.
Praxishinweis
Viele Menschen wünschen auch bei Eintritt des Vorsorgefalls eine Versorgung in der häuslichen Umgebung. In diesem Fall sollte immer eine Regelung in den Vertrag aufgenommen werden, dass allgemeine Gefahren im Haushalt für die Gesundheit und das Leben des Auftraggebers (Stürze, Verletzungen, Gefahr einer hilflosen Lage etc.) nach dem ausdrücklichen Wunsch des Auftraggebers kein Grund für eine Unterbringung in einer Pflegeeinrichtung (Betreutes Wohnen, Alten- oder Pflegeheim etc.) sein sollen. Damit wird vermieden, dass, wenn dem Auftraggeber etwas zustößt, die Bevollmächtigten Vorwürfen ausgesetzt sind, hier unverantwortlich gehandelt zu haben.
Rz. 31
Auch im Bereich der Gesundheitssorge sollten klare Vereinbarungen getroffen werden, soweit die Wünsche und Vorstellungen des Auftraggebers nicht bereits in der Patientenverfügung des Auftraggebers niedergelegt sind. So kann hier bspw. festgelegt werden, dass bestimmte mediz...