Dr. Daniel Faulenbach, Peter Friedhofen
I. Allgemeines
Rz. 18
Die von Amts wegen erfolgende Prüfung der Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges obliegt in erster Linie dem erstinstanzlichen Gericht. Im Hinblick auf die ausschließliche Rechtswegzuständigkeit der Arbeitsgerichte für bürgerliche Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis sowie über Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a und b ArbGG) bereiten die Fälle keine Probleme, in denen das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien eindeutig als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren ist. Unproblematisch sind auch die Fälle, in denen das Arbeitsgerichtsgesetz selbst die Rechtswegzuständigkeit der Arbeitsgerichte ausdrücklich bestimmt. Dies ist z.B. bei den arbeitnehmerähnlichen Personen der Fall (§ 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG). Umstritten ist hingegen die Rechtslage, wenn bei einer beim Arbeitsgericht erhobenen Klage das Begehren des Klägers auf konkurrierende Ansprüche gestützt wird, die teilweise zur Zuständigkeit anderer Gerichte gehören (siehe Rdn 87 ff.).
II. Begriff des Arbeitnehmers
Rz. 19
§ 5 ArbGG ergänzt die Zuständigkeitsregelung des § 2 ArbGG, soweit sie an den Arbeitnehmerbegriff anknüpft. Gem. § 5 Abs. 1 S. 1 ArbGG sind Arbeitnehmer im Sinne des ArbGG Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Gem. S. 2 gelten als Arbeitnehmer auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten sowie sonstige Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind. § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG bestimmt – insoweit unmissverständlich –, dass in Betrieben einer juristischen Person oder einer Personengesamtheit Personen, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrag allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung der juristischen Person oder der Personengesamtheit berufen sind, nicht als Arbeitnehmer gelten.
Rz. 20
Gem. § 5 Abs. 2 ArbGG sind Beamte als solche keine Arbeitnehmer.
Rz. 21
Gem. § 5 Abs. 3 S 1 ArbGG gelten Handelsvertreter nur dann als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes, wenn sie zu dem Personenkreis gehören, für den nach § 92a HGB die untere Grenze der vertraglichen Leistungen des Unternehmers festgesetzt werden kann, und wenn sie während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses, bei kürzerer Vertragsdauer während dieser, im Durchschnitt monatlich nicht mehr als 1.000 EUR aufgrund des Vertragsverhältnisses an Vergütung einschließlich Provision und Ersatz für im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandene Aufwendungen bezogen haben.
Rz. 22
Arbeitnehmer ist, wer aufgrund privatrechtlichen Vertrags oder eines ihm gleichgestellten Rechtsverhältnisses im Dienste eines Anderen in persönlicher Abhängigkeit zur Arbeit verpflichtet ist.
Rz. 23
Es besteht Einigkeit darüber, dass der Arbeitnehmer abhängige, fremdbestimmte Arbeit, der Selbstständige hingegen eine selbstbestimmte Tätigkeit leistet.
Rz. 24
Die persönliche Weisungsgebundenheit oder Weisungsunterworfenheit kennzeichnet in erster Linie das Arbeitsverhältnis. Ob es sich um einen Arbeiter oder Angestellten handelt, ist für den Arbeitnehmerbegriff ohne rechtliche Bedeutung. Es handelt sich nur um Untergliederungen des Arbeitnehmerbegriffs, die historisch zu erklären sind.
Rz. 25
Die Abgrenzung des Arbeitnehmers vom freien Mitarbeiter bestimmt sich nach dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis. Über dessen rechtliche Einordnung entscheidet der tatsächlich praktizierte Geschäftsinhalt, also die vertragliche Praxis, und nicht die Bezeichnung des Rechtsverhältnisses bzw. die von den Parteien gewünschte Rechtsfolge. Die zwingenden gesetzlichen Regelungen für Arbeitsverhältnisse können nicht dadurch abbedungen werden, dass die Parteien ihrem Arbeitsverhältnis eine andere Bezeichnung geben. Der Geschäftsinhalt kann sich aus den Vereinbarungen der praktischen Durchführung des Vertrages ergeben. Widersprechen sich schriftliche Vereinbarungen und die Vertragspraxis, ist die praktische Durchführung maßgebend. Dies gilt allerdings nur für Fälle, in denen die Parteien ihr Rechtsverhältnis gerade nicht als Arbeitsverhältnis bezeichnet haben. Haben die Parteien ausdrücklich ein Arbeitsverhältnis vereinbart, ist ihr Rechtsverhältnis auch regelmäßig als solches einzuordnen. Aber auch dann, wenn die Parteien ein anderes Rechtsverhältnis vereinbart haben, führt der Vorrang der praktischen Handhabung der Vertragsbeziehung vor der formalen Vertragstypenwahl nicht dazu, dass die Entscheidung der Parteien irrelevant ist. Wenn nämlich die vertraglich vereinbarte Tätigkeit typologisch sowohl in einem Arbeitsverhältnis als auch selbstständig erbracht werden kann, ist die Entscheidung der Vertragspartner für einen bestimmten Vertragstyp im Rahmen der bei jeder Statusbeurteilung erforderlichen Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.
Rz. 26
Die Arbeit muss aufgrund privatrechtlicher Verpflichtung oder eines gleichgestellten Rechtsverhältnisses geschuldet werden. Damit er...