Dr. Daniel Faulenbach, Peter Friedhofen
Rz. 96
Die ZPO unterscheidet zwischen dem allgemeinen Gerichtsstand einer Person und besonderen ausschließlichen Gerichtsständen. Kommen für eine Klage mehrere Gerichtsstände in Betracht, so hat der Kläger ein Wahlrecht, § 35 ZPO.
Rz. 97
Ist der Arbeitgeber eine natürliche Person, so bestimmt sich sein allgemeiner Gerichtsstand nach seinem Wohnsitz (§§ 12, 13 ZPO).
Rz. 98
Ist der Arbeitgeber eine juristische Person, so wird der allgemeine Gerichtsstand durch ihren Sitz bestimmt (§ 17 ZPO).
Rz. 99
Der besondere Gerichtsstand der Niederlassung gem. § 21 ZPO ist für die Kündigungsschutzklage nur dann gegeben, wenn der Arbeitsvertrag von der Niederlassung aus oder in der Niederlassung geschlossen worden ist. Wird der Arbeitnehmer am Ort der Niederlassung beschäftigt bzw. bezieht sich der Arbeitsvertrag gerade auf die Niederlassung, dann ist dies auch der Gerichtsstand des Erfüllungsortes gem. § 29 ZPO.
Rz. 100
Der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsortes (§ 29 ZPO) regelt, dass das Gericht des Ortes zuständig ist, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist. Bei einer Kündigungsschutzklage, der Klage auf Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses und der Statusklage ist der Gerichtsstand des Erfüllungsortes regelmäßig der Sitz des Arbeitgebers. Dies gilt zweifellos in den Fällen, in denen der Arbeitnehmer dort am Sitz des Betriebes ständig beschäftigt wird. Nach zutreffender Auffassung kommt es in erster Linie darauf an, wo der Schwerpunkt des Arbeitsverhältnisses liegt. Ist die Arbeitsleistung an ständig wechselnden Orten zu erbringen, so richtet sich der Erfüllungsort nach dem Ort des Betriebes, von dem aus der Arbeitnehmer seine Anweisungen erhält. Der Schwerpunkt eines Arbeitsverhältnisses ist bei nicht ständiger Beschäftigung am gleichen Ort häufig schwierig zu bestimmen.
Rz. 101
Mit Wirkung zum 1.4.2008 wurde der besondere Gerichtsstand des Arbeitsorts (§ 48 Abs. 1a ArbGG) in das ArbGG eingefügt. Arbeitnehmer können seitdem auch Klage vor dem Arbeitsgericht erheben, in dessen Bezirk sie für gewöhnlich ihre Arbeit leisten. Soweit der Arbeitsort nicht gleichzeitig der Erfüllungsort ist, war dies bis dahin nicht möglich. Diese Neuregelung ist insbesondere für Außendienstmitarbeiter interessant, da diese ihren Arbeitgeber nun nicht mehr am Sitz des Unternehmens verklagen müssen. Die Neuregelung macht eine Differenzierung zwischen den Erfüllungsorten der einzelnen Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis und die Bestimmung eines einheitlichen Erfüllungsorts nach § 269 BGB im Prinzip überflüssig.
Hinsichtlich des Arbeitsortes ist es unerheblich, ob an dem Ort der Arbeitsleistung eine Betriebsstätte des Arbeitgebers besteht, ob und von wo aus Arbeitsanweisungen erteilt werden oder wo die Zahlung der Vergütung veranlasst wird. Erfolgt aber die Erbringung der Arbeitsleistung gewöhnlich an mehreren Orten, ist der Ort zu bestimmen, an dem die Arbeitsleistung überwiegend erbracht wird.
Dies kann auch der Ort sein, an dem die Arbeit gemessen an der Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses erst kurzzeitig geleistet wurde, wenn auf der Grundlage des Arbeitsvertrags an diesem Ort die Arbeitsleistung bis auf Weiteres verrichtet werden soll. Der gewöhnliche Arbeitsort ändert sich nicht dadurch, dass die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung vorübergehend an einem anderen Ort erbringt.
Rz. 102
Für Außendienstmitarbeiter ist zur Bestimmung des Gerichtsstandes nunmehr insbesondere der § 48 Abs. 1a S. 2 ArbGG entscheidend. Ist nämlich ein gewöhnlicher Arbeitsort im Sinne des Satzes 1 nicht feststellbar, ist das Arbeitsgericht örtlich zuständig, von dessen Bezirk aus der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat. Durch die Gesetzesänderung hat daher die zuvor zutreffende Auffassung hinsichtlich dieser Problematik Einzug in den Gesetzestext erhalten.
Rz. 103
Für die Bestimmung des Schwerpunktes des Arbeitsverhältnisses kommt es auf alle Einzelfallumstände an. In diesem Zusammenhang kann eine Vereinbarung der Parteien über den jeweiligen Erfüllungsort lediglich indizielle Bedeutung haben, da es auf die tatsächliche Gestaltung des Arbeitsverhältnisses ankommt. Eine solche Vereinbarung kann aber nicht den Gerichtsstand des tatsächlichen Leistungsortes ausschließen. Voraussetzung ist, dass am Ort der tatsächlichen Arbeitsleistung oder des Schwerpunktes eine betriebliche Organisation mit eigener auf das Arbeitsverhältnis bezogener Funktion besteht.