Dr. Daniel Faulenbach, Peter Friedhofen
Rz. 28
Der Begriff des Arbeitnehmers und der Begriff des Arbeitsverhältnisses setzen voraus, dass die Arbeit in persönlicher Abhängigkeit im Dienste eines anderen geleistet wird. Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG grenzt sich das Arbeitsverhältnis von den Dienstverhältnissen des freien Mitarbeiters durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit des zur Dienstleistung Verpflichteten ab. Die persönliche Abhängigkeit manifestiert sich erstens durch das Weisungsrecht des Arbeitgebers (Direktionsrecht) nach Inhalt, Durchführung, Dauer, Ort (die Bindung an Räumlichkeiten besagt aber dann nichts über eine persönliche Abhängigkeit, wenn der Arbeitsort für diese Tätigkeit üblich ist) und Zeit (rein organisatorische Gegebenheiten beim Auftraggeber, wie z.B. Öffnungszeiten begründen kein Weisungsrecht des Auftraggebers hinsichtlich der Arbeitszeit) der zu leistenden Arbeit, zweitens durch die Übernahme fremdgeplanter, fremdnütziger und von fremder Risikobereitschaft getragener Arbeit, drittens durch die Eingliederung in einen fremden Produktionsbereich (z.B. die Verwendung eigener bzw. der Arbeitsmittel des "Auftraggebers"; Genehmigung bzw. bloße Anzeige von Urlaub) und viertens durch die persönliche Verpflichtung zur Arbeitsleistung. Auch die Berechtigung und Möglichkeit für Dritte tätig zu werden, stellt ein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit dar. Das Weisungsrecht ist indessen nur ein relativ zu verwendendes Abgrenzungsmerkmal. Je differenzierter die Tätigkeit ist, umso weniger ist Raum für arbeitgeberseitige Weisungen. Letztlich kommt es jedoch für die Beantwortung der Frage, welches Rechtsverhältnis im konkreten Fall vorliegt, auf eine Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalles an. Keine Rolle für die Abgrenzung spielt die Art der Vergütung. Entscheidend für die Beantwortung der Frage nach der persönlichen Abhängigkeit sind die Umstände der Dienstleistung, nicht aber die Modalitäten der Entgeltzahlung.
Rz. 29
Ein typisches Abgrenzungsmerkmal enthält § 84 Abs. 1 S. 2 HGB. Danach ist selbstständig, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Diese Bestimmung beinhaltet über ihren unmittelbaren Anwendungsbereich zur Abgrenzung des selbstständigen Handelsvertreters vom abhängig beschäftigten Handlungsgehilfen eine allgemeine gesetzgeberische Wertung, die bei der Abgrenzung des Dienstvertrages vom Arbeitsvertrag zu beachten ist, zumal es sich insoweit um die einzige Norm handelt, die derartige Abgrenzungskriterien enthält. Sind alle wesentlichen Umstände, unter denen die Leistung zu erbringen ist, vertraglich geregelt und ist deshalb kein Raum mehr für ein einseitiges Weisungsrecht des Arbeitgebers, fehlt es an der für das Arbeitsverhältnis vorausgesetzten persönlichen Abhängigkeit.
Auch die Abgrenzung zu einem Werkvertrag kann anhand der vorstehenden Abgrenzungskriterien vorgenommen werden. Durch einen Werkvertrag wird die Herstellung eines Werkes, wohingegen bei einem Dienstvertrag eine bestimmte Dienstleistung jeweils gegen die Entrichtung einer vereinbarten Vergütung versprochen wird. Ein Werkunternehmer ist im Vergleich zu einem Arbeitnehmer selbstständig. Er organisiert die für die Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen und ist für die Herstellung des geschuldeten Werkes gegenüber dem Besteller verantwortlich. Daher kann auch die örtliche Einbindung in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers gegen die Annahme eines Werkvertrages sprechen, wenn der Werkunternehmer seine Handlungen dann nicht mehr nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen organisieren kann. Fehlt es bereits an einem abgrenzbaren, dem Auftragnehmer als eigene Leistung zurechenbarem und abnahmefähigem Werk, kommt ein Werkvertrag kaum in Betracht, weil die zu erbringende Leistung erst durch weitere Weisungen bestimmt werden muss. Zu beachten ist jedoch, dass auch der Werkunternehmer das Recht hat, Weisungen zu erteilen. Beziehen sich diese ausschließlich auf das vereinbarte Werk, spricht dies nicht gegen einen Werkvertrag; beziehen sich diese jedoch auch auf Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit, z.B. bei einer Ausrichtung der zu erbringenden Leistungen nach dem Bedarf des "Auftraggebers", stellt dies ein Indiz für einen Arbeitsvertrag dar.
Rz. 30
Eine wirtschaftliche Abhängigkeit ist für das Arbeitsverhältnis weder erforderlich noch ausreichend. Wirtschaftliche Abhängigkeit kennzeichnet die arbeitnehmerähnliche Person i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG (siehe Rdn 45 ff.).