Rz. 48

Ein Großteil dieser obigen Vorschriften wird auf OWi-Sachen für anwendbar erklärt.[49] § 110c OWiG verweist u.a. auf die Geltung des § 32d StPO sowie die auf der Grundlage des § 32a Abs. 2 S. 1 und Abs. 4 Nr. 4, des § 32b Abs. 5 und des § 32f Abs. 5 StPO erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend.

 

Rz. 49

Zitat

§ 110c OWiG[50]

Entsprechende Geltung der Strafprozessordnung für Aktenführung und Kommunikation im Verfahren

"1Im Übrigen gelten die §§ 32a, 32b und 32d bis 32f der Strafprozessordnung sowie die auf der Grundlage des § 32a Absatz 2 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 Nummer 6, des § 32b Absatz 5 und des § 32f Absatz 6 der Strafprozessordnung erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend. 2Abweichend von § 32b Absatz 1 Satz 2 der Strafprozessordnung ist bei der automatisierten Herstellung eines zu signierenden elektronischen Dokuments statt seiner die begleitende Verfügung zu signieren. 3Abweichend von § 32e Absatz 4 Satz 1 der Strafprozessordnung müssen Ausgangsdokumente nicht gespeichert oder aufbewahrt werden, wenn die übertragenen Dokumente zusätzlich einen mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehenen Vermerk darüber enthalten, dass das Ausgangsdokument mit dem zur Akte zu nehmenden Dokument inhaltlich und bildlich übereinstimmt."

 

Rz. 50

Mit dem Verweis in § 110c OWiG auf § 32d StPO wird deutlich, dass grundsätzlich von Verteidigern und Rechtsanwälten eingereichte Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen als elektronische Dokumente übermittelt werden sollen. Da der Gesetzgeber eine Konkretisierung der zwingend einzureichenden elektronischen Dokumente wie in § 32d S. 2 StPO für Bußgeldverfahren/Angelegenheiten nach dem OWiG nicht benennt, ist davon auszugehen, dass eine Pflicht zur elektronischen Einreichung für entsprechende Dokumente in gerichtlichen OWi-Verfahren, wie z.B. die Rechtsbeschwerde gem. § 79 OWiG gegen Urteile und Beschlüsse, gem. § 72 OWiG einschließlich ihrer Begründung gilt. Eine verpflichtende elektronische Einreichung ist zudem für den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gem. § 80 OWiG sowie die Gegenerklärung zur Rechtsbeschwerde anzunehmen, die gem. § 80 Abs. 1 OWiG an das Beschwerdegericht zu richten ist.

 

Rz. 51

Teilweise wird in der Kommentarliteratur die Auffassung vertreten, dass aufgrund der entsprechenden Verweisung von § 110c OWiG unter Berücksichtigung des § 110a Abs. 4 OWiG auf § 32d StPO im Bußgeldverfahren die verpflichtende Einreichung um den Einspruch, die Einspruchsbegründung, die Rechtsbeschwerde und die Rechtsbeschwerdebegründung ergänzt werden muss.[51]

 

Rz. 52

Dass die elektronische Einreichpflicht jedoch auch für einen Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid gilt, der bei einer Verwaltungsbehörde einzulegen ist, ist unseres Erachtens trotz der uneingeschränkten Verweisung in § 110c auf § 32d StPO nicht zwingend anzunehmen. Denn der Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid richtet sich an die Bußgeldbehörde; § 32d S. 2 StPO gilt jedoch nur für die dort abschließend aufgezählten Schriftsätze an ein Gericht.

 

Rz. 53

Zum Zeitpunkt der Drucklegung dieses Werks waren sich auch die Gerichte nicht einig in der Frage, ob ein Einspruch zwingend elektronisch einzulegen ist oder nicht. Während das AG Hameln[52] eine elektronische Einreichpflicht für Einsprüche gegen Bußgeldbescheide ablehnt, geht das AG Berlin-Tiergarten von einer elektronischen Einreichpflicht aus.[53] So hält das AG Berlin-Tiergarten fest:

Zitat

"Nach §§ 67, 100c OWiG in Verbindung mit § 32d StPO ist ein Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid ausschließlich als signiertes elektronisches Dokument über das BeA – das besondere Anwaltspostfach – und das BeBPo – das besondere elektronische Behördenpostfach – zu übermitteln. Eine Übermittlung in Papierform oder als Telefax ist unzulässig."

 

Rz. 54

Das KG sieht ebenfalls eine elektronische Einreichpflicht – hier jedoch für die Rechtsbeschwerde gem. § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG i.V.m. § 341 Abs. 1 StPO – in OWi-Sachen:

Zitat

"1. Folge der Nichteinhaltung der Übermittlungsverpflichtung gem. § 32d S. 2 StPO ist die"

Unwirksamkeit der Erklärung.

2. Bei Verstoß gegen die Formvorschrift des § 32d StPO, § 110c OWiG kann dem Betroffenen

jedoch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden.“[54]

Es gewährte jedoch gem. § 44 StPO Wiedereinsetzung in die Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde; denn anders als in Zivilsachen steht das Verschulden des Verteidigers dem Verschulden der Partei nicht gleich. Dies bedeutet, dass auch bei einem Verschulden des Verteidigers, welches dieser vorliegend auch eingeräumt hatte, dem Betroffenen Wiedereinsetzung zu gewähren ist. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist binnen Wochenfrist beim zuständigen Gericht gestellt worden (vgl. dazu §§ 45 Abs. 1, 46 Abs. 1 StPO). An der Entscheidung des KG wurde zu Recht kritisiert,[55] dass in der Entscheidungsbegründung allgemein festgehalten ist, für Rechtsmittel sei eine elektronische Einreichpflicht vorgesehen in § 32d StPO. Dies ist jedoch nicht der Fall, so ...

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