a) Grundsatz
Rz. 150
Ein Nacherbenrecht hindert die Teilungsversteigerung auf Antrag eines – auch nicht befreiten – Vorerben nicht. Eine Zwangsvollstreckung i.S.d. § 2115 BGB liegt hier nicht vor, denn es geht nicht um die Geltendmachung einer Verbindlichkeit gegen den Vorerben, sondern um die Durchsetzung des auch dem Mitvorerben zustehenden Rechts auf Aufhebung der Erbengemeinschaft. Der Antrag auf Teilungsversteigerung ist keine Verfügung, trotzdem ist analog § 2113 BGB die Zustimmung der Nacherben erforderlich.
Rz. 151
Eine Teilungsversteigerung ist auch trotz der Vereinigung aller Bruchteile zulässig, wenn (nur) ein Bruchteil einer Nacherbfolge unterliegt. Vereinigen sich die Bruchteile eines Erbbaurechts in der Hand eines Inhabers, ist die Teilungsversteigerung zulässig, wenn ein Bruchteil dem Inhaber als Vorerben zusteht.
In dem vom BGH entschiedenen Fall gehörte ein Erbbaurecht Ehegatten je zur Hälfte. Nach dem Tod des Ehemannes wurde die Ehefrau nicht befreite Vorerbin der ideellen Hälfte ihres Ehemannes. Sie wollte eine Teilungsversteigerung des Erbbaurechts nach § 180 ZVG durchführen lassen.
Der BGH hielt die Teilungsversteigerung für zulässig. Zunächst lag eine Gemeinschaft i.S.d. § 180 Abs. 1 ZVG vor. Zwar sei die Ehefrau durch den Erbfall Inhaberin des gesamten Erbbaurechts geworden. Hinsichtlich einer Hälfte sei sie aber lediglich nicht befreite Vorerbin. Damit setze sich die bisher geteilte Rechtszuordnung fort, weil die Verfügungsmacht hinsichtlich einzelner Bruchteile verschieden ausgestaltet sei.
Auch die Verfügungsbeschränkungen der Vorerbin nach §§ 2113, 2115 BGB ständen der Wirksamkeit der Teilungsversteigerung gegenüber dem Nacherben nicht entgegen – ebenso wenig sonstige schutzwürdige Interessen des Nacherben. Zwar werde der Nacherbe durch die Teilungsversteigerung beeinträchtigt. Würde man aber die Teilungsversteigerung versagen, so würde dem Miteigentümer hinsichtlich seines unbelasteten Anteils ein Recht genommen werden, das er zuvor hatte.
Rz. 152
Falls die Auseinandersetzung ausnahmsweise ausgeschlossen sein sollte (§§ 2043–2045 BGB), hat das Gericht dies nur zu beachten, wenn es sich aus dem Grundbuch (§ 28 ZVG) oder den evtl. erforderlichen Antragsunterlagen ergibt oder wenn dies bei der Anhörung des Antragsgegners bekannt wird, ansonsten ist der Ausschluss durch Widerspruchsklage entsprechend § 771 ZPO geltend zu machen (vgl. Muster zur Widerspruchsklage Rdn 40).
Rz. 153
Der Nacherbe hat vor Eintritt des Nacherbfalls ein Anwartschaftsrecht auf das Eigentum am Grundstück bzw. Grundstücksanteil, das als Verfügungsbeschränkung zu Lasten des Vorerben gem. § 2113 BGB wirkt. Dieses Recht des Nacherben ergibt sich entweder aus dem Grundbuch, denn der Nacherbenvermerk ist mit der Eintragung des Vorerben als (Mit-)Eigentümer von Amts wegen in Abt. II des Grundbuchs einzutragen (§ 51 GBO) oder aus dem Erbschein bzw. ENZ ersichtlich, wenn der Vorerbe noch nicht im Grundbuch eingetragen ist, § 352b Abs. 1 FamFG bzw. Art. 69 EuErbVO.
Sollte die Grundbuchberichtigung gem. § 35 Abs. 1 S. 2 GBO mittels beglaubigter Abschriften einer notariell beurkundeten Verfügung von Todes wegen und einer Eröffnungsniederschrift des Nachlassgerichts erfolgen, ergibt sich die Vor- und Nacherbschaft aus der Verfügung von Todes wegen.
Rz. 154
Der Nacherbe ist damit gem. § 9 Nr. 1 ZVG von Amts wegen am Verfahren zu beteiligen.
Rz. 155
Ist die Person des Nacherben – noch – nicht bekannt, dürfte für eine Beteiligung am Verfahren die Bestellung eines Zustellungsvertreters nach § 6 ZVG nicht ausreichen, vielmehr bedarf es der Bestellung eines Pflegers nach § 1882 BGB (seit 1.1.2023 in der Fassung des Vormundschafts- und Betreuungsrechts-Reformgesetzes – bis 31.12.2022: § 1913 BGB) ein Pfleger (für unbekannte Beteiligte), die durch das Betreuungsgericht erfolgt, nachdem es vom Versteigerungsgericht informiert worden ist (§ 22a FamFG). Der so bestellte Pfleger hat die Rechte des Nacherben wahrzunehmen. Zustellungen und Benachrichtigungen im Verfahren erfolgen an ihn.
Sollte für den/die Nacherben ein Testamentsvollstrecker gem. § 2222 BGB zur Wahrnehmung von dessen/deren Rechten zuständig sein, so ist er als Partei kraft (privaten) Amtes Verfahrensbeteiligter. Die Testamentsvollstreckungsanordnung ergibt sich wiederum aus dem Erbschein (§ 352b Abs. 2 FamFG) bzw. dem ENZ (Art. 69 EuErbVO) oder der Verfügung von Todes wegen.
Rz. 156
Nach der Systematik des FamFG ist für die Pflegschaft für einen Minderjährigen oder eine Leibesfrucht das Familiengericht, für die weiteren Pflegschaften – mit Ausnahme der Nachlasspflegschaft (§§ 1960 ff. BGB) und der verfahrensrechtlichen Pflegschaft für abwesende Beteiligte (§ 1884 BGB nF) – das Betreuungsgericht zuständig. Die Zuständigkeit des Nachlassgerichts für die Nachlasspflegschaft ergibt sich aus § 1962 BGB. Die Verteilung der weiteren Pflegschaften erfolgt auf Familien- und Betreuungsgericht. Es handelt sich insoweit um betreuungsgerichtliche Zuweisungssachen (§ 340 Ziff. ...