a) Problem: Ausschluss des Aufhebungsverlangens bei einer Bruchteilsgemeinschaft unter Ehegatten nach Scheidung der Ehe und Tod eines Ehegatten
Rz. 85
Fall
Als je hälftige Miteigentümer eines Wohnhauses waren Ehegatten im Grundbuch eingetragen. Die Ehe wurde rechtskräftig geschieden. Der Ehemann EM bewohnt das Haus, das bisher als Familienheim gedient hat. Die Ehefrau stirbt, ihre Erben bilden eine Erbengemeinschaft. Mit dem "großen Antragsrecht" kann einer der Miterben die Versteigerung des ganzen Hauses betreiben.
Kann der EM Einwendungen aus dem (nachwirkenden) eherechtlichen Verhältnis erheben, evtl. im Hinblick auf Zugewinnausgleichsforderungen, die ihm noch aus dem Scheidungsverfahren zustehen?
Rz. 86
Zugewinnausgleichsrechtliche Aspekte: Hat ein Ehegatte Zugewinnausgleich zu beanspruchen, so kann das Familiengericht ihm auf Antrag unter Anrechnung auf die Ausgleichsforderung einen Anspruch auf Übertragung des Miteigentumsanteils zusprechen, wenn dies erforderlich ist, um eine "grobe Unbilligkeit" für den ausgleichsberechtigten Ehegatten zu vermeiden, und wenn dies dem anderen Ehegatten "zugemutet" werden kann, § 1383 BGB. Diese Möglichkeit dürfte durch den Tod des ausgleichsverpflichteten Ehegatten erst recht zur Anwendung kommen, weil der verpflichtete Ehegatte keines Schutzes mehr bedarf und seine Erben davon wohl kaum profitieren können. Im Versteigerungsverfahren wird dies durch Erhebung einer Widerspruchsklage analog § 771 ZPO geltend gemacht (vgl. Muster für Widerspruchsklage Rdn 40). Zuständig ist das Familiengericht, § 264 FamFG.
b) Zuweisung nach Billigkeit
Rz. 87
Unter Berufung auf BGHZ 58, 146 hat der BGH in BGHZ 63, 348, 352 angenommen, die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft zwischen Ehegatten bei Scheidung der Ehe sei nach Treu und Glauben ausgeschlossen, und der eine Ehegatte sei nach Treu und Glauben gegen angemessenen Ausgleich zur Übertragung seines Anteils an den anderen Ehegatten verpflichtet, wenn die Zwangsversteigerung des Grundstücks für den anderen Ehegatten "schlechthin unzumutbar" sei. Ob Unzumutbarkeit vorliege, sei Tatfrage des Einzelfalls. Allerdings müsse die von der gesetzlichen Regelung abweichende Lösung nach § 242 BGB auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben. Der erforderliche Ausgleich könne dadurch geleistet werden, dass der vom Richter zu schätzende Gesamtwert des Grundstücks beim Zugewinnausgleich dem Endvermögen des übernehmenden Ehegatten zugerechnet werde; auf diese Weise nehme der weichende Ehegatte (in unserem Fall die weichende Erbengemeinschaft) gem. § 1378 Abs. 2 BGB an der Hälfte des Grundstückswerts teil (BGHZ 68, 299: Eheschließung im Jahr 1960; 1963 Erwerb eines Baugrundstücks mit Mitteln des EM, Eintragung der Eheleute im Grundbuch zu je hälftigem Eigentum; Errichtung eines Hauses mit zwei Wohnungen mit finanziellen Mitteln und mit Arbeitsleistungen des Mannes; Bestimmung des Hauses zu Wohnzwecken der Familie und zur gemeinsamen Alterssicherung; Trennung 1966; Auszug der Ehefrau EF 1969; Scheidung im Jahr 1969 und Wiederverheiratung der Ehefrau. Entscheidung: Unzulässigkeit der von der EF betriebenen Teilungsversteigerung und Verurteilung der EF, ihren Miteigentumsanteil gegen einen vom Berufungsgericht noch festzusetzenden Ausgleichsbetrag auf den Mann zu übertragen).
c) Vereinigung von Miteigentumsanteilen in einer Hand
Rz. 88
Vereinigen sich die Miteigentumsanteile an einem Grundstück in der Hand eines Eigentümers und wird ein Anspruch des Übertragenden auf Rückübereignung eines Miteigentumsanteils durch Vormerkung gesichert, kommt eine Teilungsversteigerung des Grundstücks in analoger Anwendung von § 180 Abs. 1 ZVG nicht in Betracht.
d) Teilungsversteigerung auch während des Getrenntlebens
Rz. 89
Ein Teilungsversteigerungsantrag während der Trennungszeit ist nicht generell ausgeschlossen. Dem Schutzzweck des § 1361b BGB wird auch eine im Einzelfall gebotene interessengerechte Abwägung im Rahmen des aus § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB folgenden Rücksichtnahmegebots gerecht. Dem in der Wohnung verbliebenen Miteigentümer bleibt es auch während eines laufenden Teilungsversteigerungsverfahrens unbenommen, einen Antrag auf Zuweisung der Ehewohnung nach § 1361b BGB zu stellen. Einschränkend jedoch das OLG Köln: Hat das Gebot ehelicher Rücksichtnahme nicht bereits generell die Unzulässigkeit einer Teilungsversteigerung einer im Miteigentum stehenden Immobilie der Eheleute vor der Rechtskraft der Scheidung ihrer Ehe zur Folge, so kann es jedenfalls dann einer Teilungsversteigerung vor der Rechtskraft der Scheidung ihrer Ehe entgegenstehen, wenn sich dies aus einer Abwägung der wechselseitigen Interessen der Eheleute ergibt.