1. Testierfreiheit und Auseinandersetzungsverlangen
Rz. 12
Das Auseinandersetzungsverlangen nach § 2042 Abs. 1 BGB kann durch Anordnungen des Erblassers oder durch Vereinbarungen unter den Erben ausgeschlossen oder eingeschränkt sein. Solche Anordnungen und Vereinbarungen wirken sich auf das Verfahren der Teilungsversteigerung aus.
Rz. 13
In besonders schwerwiegenden Fällen kann die Geltendmachung des Auseinandersetzungsanspruchs treuwidrig sein. Im Fall BGHZ 58, 146 (= NJW 1972, 818) ging es nicht um den Ausschluss des Aufhebungsrechts, sondern nur darum, dass sich die beklagte Teilhaberin nach § 242 BGB mit einer anderen Art der Aufhebung als gesetzlich vorgesehen abfinden musste. Ist ein Miterbe der Ansicht, den Gegenstand später günstiger verwerten zu können, so hat er grundsätzlich kein Recht darauf, die übrigen Miterben gegen ihren Willen an seiner Spekulation zu beteiligen. Allerdings kommen die im ZVG geregelten Möglichkeiten der vorläufigen Einstellung des Versteigerungsverfahrens dem Anliegen eines solchen Miterben ein Stück entgegen.
2. Regelung des Zwangsversteigerungsgesetzes
Rz. 14
Das Zwangsversteigerungsgesetz (ZVG) kennt verschiedene Arten der Zwangsversteigerung, darunter ist die wichtigste die Vollstreckungsversteigerung nach §§ 1–171 ZVG. Die Teilungsversteigerung, geregelt in §§ 180–185 ZVG, dürfte von der Häufigkeit her an zweiter Stelle stehen. Man darf davon ausgehen, dass jedes sechste bis achte Versteigerungsverfahren eine Teilungsversteigerung ist.
Rz. 15
Nach § 180 Abs. 1 ZVG finden die Vorschriften über die Vollstreckungsversteigerung (auch "Forderungsversteigerung" genannt) entsprechende Anwendung, sofern sich nicht aus den §§ 181–185 ZVG etwas anderes ergibt. Diese "entsprechende Anwendung" führt zu zahlreichen Zweifelsfragen. Objekte der Teilungsversteigerung können nicht nur Grundstücke sein, sondern auch grundstücksgleiche Rechte (Erbbaurecht), Eigentumswohnungen, Schiffe, Schiffsbauwerke und Luftfahrzeuge, vgl. §§ 162 ff. ZVG.
3. Verfahrensgrundsätze
Rz. 16
Um eine Zwangsvollstreckung handelt es sich nicht; dies stellt § 181 Abs. 1 ZVG klar:
Zitat
Ein vollstreckbarer Titel ist nicht erforderlich.
Es mehren sich jedoch die Stimmen derer, die trotzdem die Meinung vertreten, die Teilungsversteigerung sei ein Akt der Zwangsvollstreckung. Allerdings fehlt es an der für ein Vollstreckungsverfahren typischen Konstellation von Gläubiger- und Schuldnerposition. Weil aber die Vorschriften über die Vollstreckungsversteigerung entsprechend gelten, hat der Antragsteller im Verfahren der Teilungsversteigerung dieselbe Stellung wie der Gläubiger in der Vollstreckungsversteigerung, der Antragsgegner die des dortigen Schuldners.
Rz. 17
Tritt der Antragsgegner, der ja auch Miterbe ist, und deshalb ebenfalls über §§ 2042, 753 BGB die Teilungsversteigerung betreiben kann, dem Verfahren bei, so wird er seinerseits ebenfalls zum Antragsteller und der bisherige Antragsteller zum Antragsgegner, beide haben damit eine Doppelrolle von (Erst-)Antragsteller/(Zweit-)Antragsgegner und (Erst-)Antragsgegner/(Zweit-)Antragsteller.
4. Überblick über den Gang des Versteigerungsverfahrens
Rz. 18
Das Verfahren der Teilungsversteigerung gliedert sich in folgende Abschnitte:
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Antrag durch einen oder mehrere Miterben, |
▪ |
Anordnungsbeschluss des Versteigerungsgerichts nach ordnungsgemäßem Antrag, |
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Zustellung des Beschlusses an Antragsgegner = die anderen Miterben, |
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Festsetzung des Grundstückswerts nach §§ 74a, 85a ZVG, |
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Bestimmung des Versteigerungstermins, |
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Ermittlung des geringsten Gebots, |
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ordnungsgemäße Veröffentlichung des Versteigerungstermins, |
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Abhaltung des Versteigerungstermins, |
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Erteilung des Zuschlags an den Ersteher, |
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Erlösverteilung, |
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Ersuchen des Versteigerungsgerichts an das Grundbuchamt um Eintragung des Erstehers als neuen Eigentümer im Grundbuch. |
5. Antrag auf Teilungsversteigerung
a) Zuständiges Gericht
Rz. 19
Die materiellrechtliche Anspruchsgrundlage auf Durchführung der Teilungsversteigerung findet sich in §§ 2042, 753 BGB. Die Anordnung der Teilungsversteigerung erfolgt nur auf Antrag beim Versteigerungsgericht, dem Amtsgericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt, §§ 1, 15 ZVG. Allerdings hat nicht jedes Amtsgericht eine Versteigerungsabteilung, größere Amtsgerichte sind für die Zwangsversteigerungen mehrerer Amtsgerichtsbezirke zuständig.
b) Antragsberechtigung
Rz. 20
Antragsberechtigt sind:
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Jeder Miterbe, auch der Vorerbe, nicht aber der Nacherbe vor Eintritt des Nacherbfalls. Steht dem Miterben nur noch ein "hohler Erbteil" zu, weil er so viele ausgleichungspflichtige Vorempfänge erhalten hat, dass für ihn kein Auseinandersetzungsguthaben verbleibt, so kann er die Teilungsversteigerung nicht betreiben, wohl aber die Erbauseinandersetzung nach § 2042 BGB, weil er aus dieser Gemeinschaft austreten können muss, |
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der Erbteilserwerber nach dinglicher Übertragung des Erbteils, |
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der Pfändungspfandgläubiger bzgl. eines Erbteils mit endgültig vollstreckbarem Titel, |
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der Nießbraucher gemeinsam mit dem Miterben, § 1066 Abs. 2 BGB, |
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der Testamentsvollstrecker, dessen Rechte sich lediglich ... |