aa) Die verschiedenen Modelle
Rz. 51
Muss eine Partei vor einem auswärtigen Gericht einen Rechtsstreit führen, beauftragt sie in der Regel einen an ihrem Sitz oder Wohnsitz ansässigen Rechtsanwalt mit ihrer Prozessvertretung, damit sie mit ihm vor Ort die Sache besprechen und die einzureichenden Schriftsätze vorbereiten und abstimmen kann. Reist dieser Prozessbevollmächtigte dann zum Gerichtstermin, kann er seine Reisekosten abrechnen (siehe § 38 Rdn 79 ff.).
Rz. 52
Will oder soll der Anwalt nicht selbst zum Termin reisen, muss ein Terminsvertreter beauftragt werden. Hier kommen grundsätzlich zwei Möglichkeiten in Betracht.
Rz. 53
Zum einen kann der Terminsvertreter im Namen der Partei beauftragt werden. Dann rechnet der Terminsvertreter nach den Nrn. 3401 ff. VV ab (siehe unter Rdn 64 ff.). Häufig vereinbaren Hauptbevollmächtigter und Terminsvertreter dann eine Gebührenteilung, die nach § 49b Abs. 3 BRAO zulässig ist.
Rz. 54
Stattdessen kann der Terminsvertreter aber auch im Namen des Prozessbevollmächtigten beauftragt werden. In diesem Fall gilt für die Abrechnung des Terminsvertreters nicht das RVG. Seine Vergütung bestimmt sich vielmehr nach der zwischen ihm und dem Prozessbevollmächtigten getroffenen Vereinbarung (siehe unter Rdn 57 ff.).
Rz. 55
Rz. 56
bb) Der Terminsvertreter im Namen des Anwalts
Rz. 57
Wird der Terminsvertreter im Namen des Anwalts beauftragt, kommt kein Vertragsverhältnis zwischen dem Terminsvertreter und der Partei zustande, sondern lediglich ein Vertragsverhältnis zwischen dem Terminsvertreter und dem Hauptbevollmächtigten als Auftraggeber. Dies wiederum hat zur Folge, dass der Terminsvertreter unmittelbar mit dem Hauptbevollmächtigten abrechnet und der Hauptbevollmächtigte wiederum insgesamt mit der Partei. In diesem Fall erhält der Mandant also nur eine einzige Rechnung vom Hauptbevollmächtigten über die Gesamtvergütung einschließlich der von ihm für seinen Terminsvertreter verauslagten Kosten, sofern solche Kosten anfallen.
Rz. 58
Bei dieser Form der Abrechnung ist zu beachten, dass der Terminsvertreter – sofern eine Vergütung vereinbart ist – jetzt seine Rechnung unmittelbar an den Hauptbevollmächtigten stellt und auf diesen adressiert. Der Hauptbevollmächtigte kann diese Kosten als Betriebsausgaben absetzen. Insbesondere kann er den Vorsteuerabzug geltend machen.
Rz. 59
Der Hauptbevollmächtigte wiederum rechnet anschließend mit seinem Mandanten ab. Neben den Gebühren, die er verdient, kann er jetzt die an den Terminsvertreter gezahlten Kosten als Auslagen nach Vorbem. 7 Abs. 1 S. 2 VV, § 670 i.V.m. § 675 BGB gegenüber dem Mandanten geltend machen. Dabei ist der Nettobetrag, den der Anwalt an den Terminsvertreter zahlt, anzusetzen, da der Hauptbevollmächtigte insoweit zum Vorsteuerabzug berechtigt ist und nur mit den Nettokosten des Terminsvertreters belastet wird.
Rz. 60
Die Höhe der Vergütung, die der Hauptbevollmächtigte mit seinem Terminsvertreter vereinbart, ist frei aushandelbar. Sie richtet sich nicht nach dem RVG, da hier ein einfacher Dienstvertrag und kein Anwaltsvertrag zugrunde liegt. Insoweit kommt auch kein Verstoß gegen § 49b BRAO in Betracht, da es für die Abrechnung zwischen zwei Anwälten keine gesetzliche Vergütung gibt, wie der BGH bereits vor langem klargestellt hat. Zulässig ist es auch, dass der Terminsvertreter unentgeltlich "kollegialiter" auftritt. Darin liegt kein Verstoß gegen § 49b Abs. 1 BRAO, da das RVG zwischen Hauptbevollmächtigtem und Terminsvertreter nicht anwendbar ist.
Beispiel 26: Vertreter des Anwalts im Termin
In einem Rechtsstreit ist der Prozessbevollmächtigte am Tag der mündlichen Verhandlung verhindert und beauftragt einen anderen Anwalt, der für ihn den Termin "kollegialiter" wahrnimmt.
Der Prozessbevollmächtigte erhält vom Mandanten die 1,3-Verfahrengsgebühr nach Nr. 3100 VV und über § 5 RVG auch die 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV.
Der mit der Wahrnehmung des Termins beauftragte Vertreter kann nicht mit dem Mandanten abrechnen, da er von ihm keinen Auftrag erhalten hat. Er kann in diesem Fall auch nichts mit dem Prozessbevollmächtigten abrechnen, da er "kollegialiter" aufgetreten ist.
Rz. 61
Beispiel 27: Mitauftreten für anderen Anwalt im Termin
In einem Rechtsstreit tritt der Prozessbevollmächtigte des Beklagten zugleich auch für den an diesem Tag verhinderten Prozessbevollmächtigten des ihm beigetretenen Streithelfers auf.
Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten wird nicht als Terminsvertreter für den Streithelfer tätig, sondern als Vertreter für den Anwalt des Streithelfers, sodass der Anwalt des Streithelfers einen Gebührenanspruch gem. § 5 RVG gegen diesen auch auf die Terminsgebühr erwirbt.
Rz. 62
Möglich ist auch, dass Hauptbevollmächtigter und Terminsverteter eine Vereinbarung über die Vergütung des Terminsvertreters schließen. Zahlungspflichtig daraus ist dann aber der Hauptbevollmächtigte.
Beispiel 28: Terminsvertreter des Anwalts mit Vereinbarung
Anwalt und Mandant haben ihren Sitz in Köln. Es kommt zu einem Rechtsstreit vor dem LG München I. Der Streitwert beträgt 50.000,00 EUR. Der Kölne...