Rz. 34
Für viele alkohol- und/oder drogenauffällige Fahrer ist eine Alkohol- oder Drogenabstinenz eine wesentliche Voraussetzung für ein positives MPU-Gutachten. Im Regelfall liegt die Dauer der Abstinenz dabei bei einem Jahr. In Abhängigkeit vom jeweiligen Einzelfall kann die zu fordernde Abstinenz jedoch auch kürzer oder länger als zwölf Monate sein.
Rz. 35
Praxistipp
Die Fahrerlaubnisbehörde entscheidet im Zusammenhang mit der MPU in der Regel nicht über eine Abstinenz. Sie kann jedoch im Einzelfall zusätzlich zur Begutachtung einen oder mehrere Abstinenzbelege anfordern. Über die Notwendigkeit und Dauer einer Abstinenz im Vorfeld der MPU entscheiden jedoch allein die Gutachter am Untersuchungstag und zwar anhand der Angaben des Klienten in der medizinischen Anamnese und im psychologischen Untersuchungsgespräch. Um bösen Überraschungen vorzubeugen, sollte daher der Rat eines verkehrspsychologischen MPU-Beraters gesucht werden, da am ehesten dieser die Kriterien für eine positive Begutachtung kennt und entsprechende Empfehlungen aussprechen kann.
Rz. 36
Ein häufiges Missverständnis bei der Abstinenz ist dabei die Annahme, dass der Klient einen Nachweis über seine Alkohol- und/oder Drogenfreiheit erbringt. Da ein vereinzelter oder geringer Konsum jedoch nicht vollständig ausgeschlossen werden kann, sind Abstinenzprogramme lediglich als Belege zu werten, die die Angaben des Klienten bei der Begutachtung stützen (vgl. § 19 Rdn 86 ff.).
Rz. 37
Des Weiteren ist festzustellen, dass schon seit vielen Jahren die sogenannten Leberwerte, d.h. die Transaminasen GOT, GPT und GGT, in der Begutachtungspraxis lediglich als zusätzlicher Hinweis gewertet werden. Gemäß der 4. Auflage der Beurteilungskriterien werden sie bei einer Begutachtung nur in bestimmten Ausnahmefällen als ergänzende Abstinenzbelege anerkannt. In der Regel werden inzwischen lediglich die Ergebnisse von Urin- und/oder Haaranalysen als Abstinenzbelege akzeptiert. Mit der 4. Auflage der Beurteilungskriterien besteht zumindest für den Beleg einer Alkoholabstinenz nun auch die Möglichkeit, eine Blutuntersuchung auf Phosphatidylethanol (PEth) durchzuführen. Eine Blutuntersuchung als Drogenabstinenzbeleg ist hingegen nicht möglich. Dabei sind alle drei Methoden für die MPU vollkommen gleichwertig. Es liegt also in der Entscheidung des Klienten, welche Belegmethode er bevorzugt.
Im Folgenden sollen die drei Methoden mit ihren Vor- und Nachteilen beschrieben werden.
I. Urinscreenings
Rz. 38
Um die Abstinenz mit Urinscreenings zu belegen, wird ein Vertrag zwischen der Untersuchungsstelle und dem Klienten abgeschlossen. In diesem sind alle notwendigen Rahmenbedingungen des Abstinenzkontrollprogrammes (AKP) festgehalten. Dazu zählen:
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Beginn, Dauer und Ende des Programmes, |
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Anzahl der Screenings, |
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zu bestimmende Substanzen, |
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Kontaktdaten des Klienten und der einbestellenden Untersuchungsstelle, |
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Verpflichtung der Verfügbarkeit des Klienten, |
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Informationen zu Vertragsabbruchbedingungen, |
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Regelung der Einbestellmethode mit Verpflichtung des Klienten zur täglichen Kontrolle, ob eine Einbestellung erfolgt ist. |
Rz. 39
Die Anzahl der Screenings richtet sich dabei nach der Dauer des Programmes:
▪ |
bei 6 Monaten mindestens 4 Screenings, |
▪ |
bei 12 Monaten mindestens 6 Screenings, |
▪ |
bei 15 Monaten mindestens 7 Screenings. |
Dabei handelt es sich um eine Mindestanzahl von Screenings, die sich je nach Verwertbarkeit von einzelnen Proben (siehe Rdn 45) oder durch eine zufällig durchgeführte Zusatzprobe erhöhen kann. Gemäß Beurteilungskriterien soll eine solche Zusatzprobe in ca. 15 bis 30 % aller Programme durchgeführt werden. Andere Zeiträume können im Einzelfall indiziert sein und sind insofern ebenfalls möglich.
Rz. 40
Die Einbestellung des Klienten erfolgt kurzfristig und in der Regel telefonisch, per SMS oder E-Mail. Zu beachten ist hierbei, dass eventuelle Verzögerungen bei der postalischen Zustellung der Einladung zulasten des Klienten gehen. Bei telefonischer bzw. Einbestellung via SMS oder E-Mail muss die Urinabgabe zwingend am Folgetag geschehen. Eine Terminverschiebung durch den Klienten ist nicht zulässig.
Rz. 41
Die Einbestellung erfolgt unvorhergesehen und unregelmäßig, d.h.
▪ |
nicht immer zum gleichen Wochentag, |
▪ |
nicht immer zur gleichen Zeit im Monat, |
▪ |
nicht in gleichmäßigen Abständen und |
▪ |
der Klient hat keinen Einfluss auf die Organisation der Einbestellung. |
Rz. 42
Der Klient muss für die gesamte Vertragsdauer zur Einbestellung zur Verfügung stehen. Er kann sich in einem Jahr für maximal 56 Kalendertage (bei einer Laufzeit von sechs Monaten 28 Kalendertage) abmelden. Die Abmeldung muss jedoch rechtzeitig, d.h. spätestens drei Werktage vor z.B. Urlaubsbeginn, erfolgen. Eine Abmeldung von mehr als sechs Wochen am Stück ist dabei nicht möglich.
Rz. 43
Zudem erfolgt die Urina...