A. Wiederherstellung der Kraftfahreignung
Rz. 1
Die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ist in der Regel kein Merkmal eines Menschen, das unabänderlich oder irreversibel entweder vorhanden oder nicht vorhanden ist. Vielmehr gibt es bestimmte Ereignisse im Leben eines Menschen, die dazu führen können, dass die Eignung in Frage gestellt wird. Dies können z.B. Krankheiten oder Behinderungen sein, aber auch Verhaltensprobleme oder krisenbedingte Probleme in der Persönlichkeitsentwicklung. Grundsätzlich stellt sich in allen Fällen die Frage, ob und durch welche ärztlichen oder sonstigen therapeutischen Maßnahmen diese Probleme überwunden werden können.
Rz. 2
Eine große Zahl von Maßnahmen betrifft die medizinische Behandlung von Krankheiten und körperlichen Behinderungen. Darauf soll hier nicht im Einzelnen eingegangen werden. Zum Thema Körperbehinderung sei allerdings auf das VdTÜV-Merkblatt Kraftfahrwesen Nr. 745 hingewiesen, das auszugsweise in den Begutachtungsleitlinien für Kraftfahreignung abgedruckt ist. Weitere Details sowie die fotografischen Darstellungen von notwendigen und möglichen technischen Fahrzeuganpassungen zur Kompensation von körperlichen Behinderungen des Fahrers finden sich im Kommentar hierzu.
Rz. 3
Für die Wiederherstellung der Fahreignung bei Verhaltensproblemen oder eignungsrelevanter Persönlichkeitsentwicklung ist in der Regel eine Behandlung mit Methoden der Psychotherapie angezeigt.
Rz. 4
Ein wichtiger Schritt zur Wiederherstellung der Fahreignung ist die Durchführung einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (vgl. § 19 Rdn 120). Aus den Beurteilungsquoten des Jahres 2015 geht hervor, dass mithilfe der MPU bei mehr als der Hälfte (59 %) der Kraftfahrer relativ kurzfristig nach einem positiven Gutachten und bei zusätzlichen 6 % nach Teilnahme an einem Nachschulungskurs nach § 70 FeV die Fahrerlaubnis wiedererteilt werden konnte.
B. Verkehrspsychologische MPU-Beratungen
Rz. 5
Die vom Strafrichter verhängte Entziehung der Fahrerlaubnis und die Festlegung einer Sperrfrist (§ 69a StGB) für deren Neuerteilung ist rechtssystematisch eine "Maßnahme der Sicherung und Besserung". Bei den Betroffenen wird sie jedoch in aller Regel als zusätzliche Strafe oder "Denkzettel" aufgefasst. Dass hier eine persönliche Krise oder Problematik unterstellt wird, die eine Gefahr für die Verkehrssicherheit darstellt, solange sie nicht identifiziert und behoben wird, ist den Verurteilten offenbar häufig nicht klar. Sie gehen davon aus, dass sie jetzt nur für die vom Richter bestimmte Zeit ohne Fahrerlaubnis auskommen müssen und dass dann die Fahrerlaubnis quasi "automatisch" und ohne jede weitere Hürde neu erteilt werden kann. Dass vor der Neuerteilung der Fahrerlaubnis zum Beispiel im Rahmen einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung die Eignung geprüft wird, dass also überprüft wird, ob die Besserung im Verlauf der Sperrfrist tatsächlich eingetreten ist, ist den meisten Betroffenen nicht bewusst – oder sie verdrängen es vielleicht.
Rz. 6
Jedenfalls wäre es sicherlich zielführend, wenn die Betroffenen spätestens im zeitlichen Zusammenhang mit der Gerichtsverhandlung, also zu Beginn der Sperrfrist, damit beginnen würden, sich mit ihrer möglichen Problematik auseinanderzusetzen.
Rz. 7
Dieser Prozess der "Besserung" sollte allerdings möglichst mit einer verkehrspsychologisch fundierten "diagnostischen Beratung" beginnen. Ziel einer solchen verkehrspsychologischen MPU-Beratung ist also, den optimalen Weg zur Überwindung von ggf. vorhandenen Eignungsproblemen zumeist in psychologischer Hinsicht zu vermitteln. Dazu gehört u.a. die Feststellung, ob Rückfälle nur durch Alkoholabstinenz oder auch durch kontrolliertes Trinken vermieden werden können. Sodann stellt sich die Frage, ob und welche Stellen (z.B. öffentliche Beratungsstellen) oder Fachleute (z.B. Ärzte oder Psychotherapeuten) im vorliegenden Fall helfen können. Schließlich sollte geklärt werden, wann und unter welchen Umständen eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung Erfolg versprechend sein könnte.
Rz. 8
Das Ziel ist es, die notwendigen Schritte möglichst frühzeitig und systematisch zu durchlaufen, damit nach Möglichkeit zum Ende der Sperrfrist alle notwendigen Voraussetzungen für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis gegeben sind.
Rz. 9
Zu beachten ist dabei, dass die Güte der Beratung nicht nur von der (verkehrspsychologischen) Qualifika...